Die Shopping-Prinzessinnen
Wie-können-Sie-das-bloß-nichtwissen-Betonung. »Er hat weißes Haar und kleidet sich …« An dieser Stelle geriet ich ins Stocken, schließlich war Georges nicht sehr modisch und hatte auch keinen besonderen Stil. Im Grunde war er irgendwie … unauffällig.
Die Frau hielt die Hand hoch. »Es tut mir leid, Mademoiselle. Wir können Ihnen keine Angaben über unsere Gäste machen. Das widerspricht unserer Hausordnung.«
Damit griff sie nach dem Telefon und wollte mit ihrer Arbeit fortfahren.
»Hören Sie«, fuhr ich kläglich fort. »Ich muss ihn
unbedingt finden. Ich meine, er ist wirklich ein Freund von mir.«
»Und dann wissen Sie nicht mal seinen Nachnamen?«
»Nun ja, wir sind sehr … informell.«
»Das kann ich mir vorstellen«, bemerkte sie und musterte meine Bekleidung mit einem frostigen Lächeln. »Vielleicht mieten Sie ja erst einmal eine Umkleidekabine?«
Gar keine schlechte Idee.
N achdem wir mit der niedlichen kleinen Seilbahn des Hotels zum berühmten Club Delphin hinuntergefahren waren, standen wir vor dem supergroßen Salzwasserpool und überblickten die ganze Côte. Was kann fantastischer sein?
In der Cabana zog ich mir einen trägerlosen weißen Bikini von Celine an und darüber ein weißes Eyelet-Babydoll mit neckischen Gucklöchern. Nach ein paar belebenden Atemzügen in warmer salziger Luft, die mit reichlich Bain-de-Soleil-Orange-Gel vermischt waren, ging es mir wieder gut. Caprice ging zum Pool, um Georges zu suchen, während ich mich zum Strand aufmachte.
Die Szenerie war absolut jenseitig! Ultraschicke, ultraschlanke Ultrafrauen mit Ultra-Badetuch-Turbanen und Rosa-Cha-Bikinis und -Strandkleidern schlenderten über das Pooldeck, um sich nach dem Vormittag im Liegestuhl bei einem Nickerchen zu erholen, während gebräunte Männer in Ray-Bans
und klassischen Badeanzügen (etwas anderes war offenbar nicht erlaubt) über den weißen Sand kreuzten. Nur von Georges war leider gar nichts zu sehen. Ich kehrte zum Pool zurück.
Endlose Platten mit crudités, Körbe mit Knoblauchbrot, saftige Melonen, hauchdünner Parmaschinken, gegrillter Fisch und zahlreiche andere Delikatessen füllten ein großes Buffet, das nur wenig kürzer war als Long Island. Ich hielt es für ratsam, mich erst einmal nach Georges zu erkundigen, ehe ich anfing, von den leckeren Dingen zu kosten.
»Entschuldigen Sie«, zirpte ich zuckersüß. Der in tiefe Langeweile gehüllte Oberkellner ignorierte mich einfach und starrte weiter hinaus auf die See.
»Entschuldigen Sie«, wiederholte ich einen Tick lauter.
Diesmal drehte er den Kopf mit dramatischer Langsamkeit in meine Richtung. Er warf mir einen Blick zu und ließ dann seine Lider sinken, als ob er plötzlich am Rande der Narkolepsie stünde.
»Oooui?«, seufzte er voller ennui.
»Entschuldigen Sie, aber ich suche jemanden, und ich dachte, vielleicht haben Sie ihn ja gesehen.«
»Vielleicht.«
»Sein Name ist Georges. Bitte fragen Sie mich nicht nach dem Familiennamen, den kenne ich nämlich nicht. Er hat weißes Haar und trägt grundsätzlich nur schwarz. Das heißt, in den Ferien ist er vielleicht etwas weniger streng. Da bin ich mir nicht ganz sicher. Jedenfalls ist er klein, so wie Sie. Ich
meine, Sie sind natürlich nicht klein, keineswegs. Ich meine, Leute Ihrer Größe sind ja ganz gewöhnlich. Also ich meine, gewöhnlich sind Sie natürlich nicht, das habe ich nicht so gemeint …«
»Ich habe ihn gesehen«, seufzte der Oberkellner verächtlich.
»Haben Sie? Das ist ja großartig! Wissen Sie seine Zimmernummer?«
»Ooooui.«
Ich wartete auf weitere Informationen, aber der Mann war nicht bereit, mehr zu sagen. Jedenfalls nicht ohne Ermutigung. Ich suchte nach ein paar hübschen Euros, aber mein Babydoll hatte keine Taschen, und ich hatte somit kein Geld. Ich wollte gerade in die Cabana zurückrennen, um etwas Bares zu holen, als der Kellner plötzlich erstarrte. Er hatte offenbar etwas gesehen, was ihm den Atem raubte. Und offenbar nicht nur ihm. Ich konnte förmlich hören, wie die Leute nach Luft rangen. Ich drehte mich hastig um und erblickte – Caprice.
Sie kam mit der erotischen Eleganz eines Pantherweibchens über das Pooldeck. Außer ihrem großen weißen Sonnenhut und ihrem weißen Stringbikini trug sie nur ein bisschen Chanel No. 5. Wenn man gesund ist, einen herrlichen Körper, eine strahlende Sommerhaut und die ganze Côte d’Azur als Kulisse hat, wozu braucht man dann Kleider?
Sie näherte sich und blieb direkt vor dem
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