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Die sieben Dämonen: Roman

Die sieben Dämonen: Roman

Titel: Die sieben Dämonen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Schlafzimmer eine zu kleine Grundfläche aufweisen und mit Tierfresken bemalt sind. Außerdem fand man darin seltsame Steinwannen, die als Krippen gedient haben könnten. Da wir uns nichts anderes darunter vorstellen können, nennen wir es einen Zoo.«
    Alexis richtete ihre hinter der dunkelgrün getönten Brille verborgenen Augen auf Mark und musterte ihn lange. Obgleich er nicht genau wußte, warum, fühlte er sich unbehaglich. »Glauben Sie selbst denn
    daran, daß dies einst ein Palast war, Dr. Davison?« fragte sie mit sanfter Stimme.
    Er wandte den Blick von ihr ab. »Ich bin nicht sicher. Zum einen gibt es weder Küchen noch Unterkünfte für die Bediensteten. Zum anderen sind hier zwar Badewannen vorhanden, aber sie besitzen keine Abflußrohre, wie es in anderen Privathäusern der Fall ist. Diesem sogenannten Palast mangelt es an vielen Annehmlichkeiten und Notwendigkeiten eines herrschaftlichen Wohnsitzes. Es scheint fast so, als ob dieses riesige Gebäude nicht errichtet worden sei, um bewohnt zu werden, sondern nur, um ein Haus zu symbolisieren.«
    Mark drehte sich um und beobachtete, wie der Rest der Gruppe sich ungeduldig wartend um die Fahrzeuge scharte. »Was stand nun wirklich früher an diesem Ort, Mrs. Halstead? Ein Palast oder etwas anderes? Sicher etwas, von dem sich der moderne Mensch keinen Begriff machen kann, etwas, das einem Volk eigen war, das hier vor über dreitausend Jahren lebte und dessen Geheimnisse mit ihm gestorben sind.«
    Alexis hörte aufmerksam zu, ohne die Augen von seinem Gesicht zu wenden.
    »Wie der sogenannte Palast auf Knossos«, fuhr Mark fort, »von dem die Archäologen allmählich glauben, daß er überhaupt kein Palast ist, sondern ein gewaltiges Grabmal, das nicht von Lebenden, sondern von Toten bewohnt wurde. Was werden Archäologen wohl in dreitausend Jahren, im Jahr viertausendneunhundertneunzig von Karussells und Münztoiletten denken?«
    »He, ihr beiden!« Mark drehte sich um. Ron winkte sie zu den Landrovern zurück.

    »Die Statue im Ägyptischen Museum zeigt ihn nackt und ohne Geschlechtsteile. Sie sehen ihn hier in einem Gewand, das aussieht wie ein Frauenkleid. Er scheint Busen und breite Hüften zu haben. Und doch trägt er den Titel ›König‹.«
    Rons Stimme erfüllte die kühle Stille des aus dem Felsen gehauenen Raumes. Sie standen allesamt dichtgedrängt im Grab des Huje und starrten, als sich ihre Augen an die Düsterkeit gewöhnt hatten, auf ein großes, gemeißeltes Relief, das fast die ganze Wandfläche einnahm. Vor ihnen, beleuchtet durch das vom Eingang hereinströmende Son
    nenlicht, lehnte sich Pharao Echnaton in seinem Sessel zurück, während er zufrieden an einem Knochen kaute. Hinter ihm saß seine Frau Nofretete und nippte an einem Becher Wein. Das Relief war durch die Jahrhunderte hindurch von den Fackeln zahlloser Besucher leicht geschwärzt worden.
    »Eine Erklärung für die umstrittene Statue im Museum«, fuhr Ron fort, »liegt darin, daß Echnaton sich symbolisch als ›Vater und Mutter der Menschheit‹ darstellen ließ, und er wurde niemals auch nur annähernd als männlicher Mann gezeigt. Das hat aber insofern nicht allzu viel zu bedeuten, da Thutmosis III. ebenfalls diesen Titel ›Vater und Mutter der Menschheit‹ trug; es gibt jedoch nur ausgesprochen männlich wirkende Darstellungen von ihm. Diese Theorie wird jedoch vollends widerlegt, wenn man sich Echnatons revolutionären Kunststil vor Augen führt. Zum ersten Mal in der Geschichte mußte das Leben so dargestellt werden, wie es wirklich war, und Echnaton bestand darauf, daß sogar die Häßlichkeit seines Gesichts, den Maßstäben seiner neuen Kunst folgend, wahrheitsgetreu wiedergegeben wurde. Die radikale Kunstform während Echnatons Herrschaft hat an sinnbildlichen Darstellungen nur wenig hervorgebracht. Und da auch sein Körper genau so wiedergegeben wurde, wie er in Wirklichkeit aussah, muß man stark annehmen, daß Echnaton tatsächlich keine Geschlechtsorgane besaß.«
    Sechs Augenpaare blickten gebannt auf den überlebensgroß dargestellten, merkwürdig aussehenden Pharao. Ron war sich nicht sicher, ob ihm irgendwer zuhörte, aber das bekümmerte ihn wenig. »Einiges deutet darauf hin, daß die sechs angeblichen Töchter Echnatons überhaupt nicht seine Töchter waren, sondern seine Schwestern. Wo immer auch der Name einer der Prinzessinnen erscheint, wird er stets von dem Titel ›Königstochter‹ begleitet. Der König wird jedoch niemals namentlich erwähnt,

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