Die sieben Häupter
getrennt«, sagte Roswitha. »Bernhard, bitte: Wo ist er? Hast du ihn gesehen?«
»Was heulst du ihm nach? Er ist der Verbündete meiner Feinde. Deiner Feinde.«
»Nein, ist er nicht! Vater Thaddäus hat ihn entlassen. Er ist vogelfrei.«
»Sie haben ihn mit einer Botschaft zum Erzbischof geschickt. Hört sich das an wie vogelfrei? Das Knäblein hat dich reingelegt. Hast du dich in ihn verguckt, Täubchen? Da hätte ich dich für klüger gehalten.«
»Eine Botschaft für den Erzbischof?«
»Ich hab’s doch gehört. Der fette Mönch …« Bernhard brach ab.
»Was?«
»Halt den Mund, Täubchen. Ich muß nachdenken.« Erstarrte in die Ferne. Langsam begann sich sein Gesicht zu verdüstern. Dann weiteten sich seine Augen.
»GOTTVERDAMMT!« brüllte er. Roswitha zuckte zusammen. Sie erschrak noch mehr, als Bernhard aufsprang und sie grob auf die Füße riß.
»Au, Bernhard … was ist denn los …?«
»Die Jungs!« schrie Bernhard. »Mir war die ganze Zeit über klar, daß der fette Mönch deinen Ludger einseift. Eine Botschaft , pah! Und noch dazu eine, über die der Erzbischof lachen würde! Johannes und Otto sind doch beim Erzbischof wegen der jährlichen Pachtzinsabrechnung. Was passiert, wenn alle drei dort der Teufel holt?«
»Aber wie …?«
»Der Drachensamen!« Bernhard schlug sich noch einmal vor die Stirn. »Wenn er eine Festungsmauer zum Einsturz bringen kann, dann auch die Mauern des Bischofspalastes! Verdammt, ich war so nah dran … statt dessen habe ich mich auf die Suche nach dir gemacht!«
»Wenn es dir jetzt leid tut, daß du mich …«
»Ach, halt den Mund, Roswitha. Graf Heinrich und der fette Mönch haben Ludger von Repgow zum Erzbischof geschickt. Und er hat den Drachensamen bei sich – fertig zum Einsatz. Ich wette, er hat den Auftrag, zusammen mit den Jungs beim Bischof vorzusprechen: Schaut doch mal, Ehrwürden, was ich Euch im Auftrag von Graf Heinrich zeigen möchte. Es kommt aus Cathay und bringt die Leute zum Lachen. Mein Herr hat keine Mühen gescheut …« Bernhard ballte die Fäuste und hieb gegen den Baum, an den er sich eben noch gelehnt hatte. »… keine Mühen, ja, weiß Gott, du Bastard … also jedenfalls, Ehrwürden, kommt nur ganz nahe ran, es besteht keine Gefahr; ich muß nur ein paar Funken hineinschlagen, und …«
»Was und …?« fragte Roswitha mit tauben Lippen.
Bernhard warf die Arme in die Luft. »Was weiß ich? Knallt es? Fliegen Sterne umher? Frißt es sich durch den Boden? Jedenfalls werden die Mauern des Bischofspalastes über dieser witzigen Vorstellung einstürzen, und was man danach noch von den Jungs, dem Erzbischof und Ludger von Repgow finden wird, paßt in eine Satteltasche. Und Graf Heinrich als trauernder Vormund bekommt die Ländereien und alle Rechte der beiden kleinen Burschen und ist der mächtigste Mann zwischen der Küste im Norden und den Bergen im Süden.«
»O mein Gott«, sagte Roswitha. Sie ergriff Bernhards Arm. »Wir müssen das verhindern! Wo ist dein Pferd?« Sie zerrte an ihm. Ludger … erneut wurde er mißbraucht: als Bote des Todes diesmal, und er hatte keine Ahnung …
Bernhard packte sie grob. »Wir werden es verhindern«, sagte er. »Der Drachensamen gehört Herzog Albrecht, und ich werde ihn wiederbeschaffen. Was mit dem Erzbischof und den beiden Jungs passiert, ist mir scheißegal; aber ich werde nicht zulassen, daß wegen etwas, das ich angefangen habe, Herzog Albrechts gottverdammter Bruder der größte Frosch im Teich des Deutschen Reichs wird. Wir müssen den Erzbischof warnen. Und wenn mir dein famoser Ludger in die Quere kommt, haue ich ihm den Schädel mit einem Schlag runter, darauf kannst du dich verlassen!«
Sie wurde mitgerissen, als wäre sie ein störrischer Gaul, aus der Senke heraus und in den Wald hinein. Die Zeit drängte. Er würde sie wahrscheinlich nicht mit auf den Rücken seines Pferdes lassen, weil ihn das verlangsamte … egal, sie würde zur Not mit blutenden Füßen hinterherlaufen, um Ludger zu beschützen. Sie machte sich los und begann neben ihm herzulaufen.
»Wie willst du denn zu Erzbischof Albrecht vorgelassen werden?« keuchte sie.
Bernhard öffnete halb seine zur Faust geballte Hand. Darinsah sie das goldene Netz, das die kleinen Handknöchelchen zusammenhielt.
»Damit«, rief er. »Wofür ein Abt sich interessiert, das dürfte einen Bischof auch nicht kalt lassen – schon gar nicht, wenn er es günstig erwerben kann.« Plötzlich lachte er laut und klatschte ihr aufs
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