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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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erschrocken von sich und begann in der kleinen Kammer auf und ab zu gehen. Ihn fröstelte, und er hatte das Gefühl, daß sich aus jeder Ecke Schatten zwängen und ihn bedrängen würden. Er fingerte den Zündstein aus seiner ledernen Gürteltasche und entzündete die Kerze, die neben dem Lager stand. Ihre ruhige Flamme brachte ihn wieder zu sich. Er mußte Ruhe bewahren. Für Roswitha. Und natürlich auch, um sich selbst zu retten.
    Der üble Geschmack der Verbitterung hatte sich bereits auf dem Weg hierher in ihm festgesetzt, sich auf seiner Seele niedergelassen und war in sein Herz geschlüpft. Und nun trat er aus allen Poren hervor. Am liebsten hätte er das Kästchen zumFenster hinausgeschleudert, es der Nacht überantwortet und sich einfach aus dem Staub gemacht. Was würde geschehen, wenn er das Kästchen in die Dunkelheit warf?
    Nun, die Überraschung – wie immer sie auch geartet sein mochte – würde sein Leben mit sich in die Tiefe reißen und gleichsam auf den Steinplatten des Hofes zerschellen. Sie würden ihn zum Vogelfreien erklären oder vielleicht sogar hinrichten. Auch eine lebenslange Gefangenschaft war nicht ausgeschlossen. Seine kurze Begegnung mit Irmgard, der Trumpf, den ausgerechnet Vater Thaddäus im Ärmel seiner Kutte hatte, konnte jederzeit gegen ihn ausgespielt werden. Vater Thaddäus, der das Glücksspiel so haßte, die Karten »das Bilderbuch des Teufels« nannte – er hatte ihn in ein ebensolches gezwungen. Ja, ein Glücksspiel. Genauso erschien es ihm, und er hatte keine Lust auf dieses Spiel, wollte sich ihm entziehen. Sein Herz flüsterte ihm zu, einfach wegzulaufen, irgendwohin in die Fremde, wo ihn niemand kannte, jedoch sagte ihm sein Verstand, daß man niemals auf sein Herz hören sollte, wollte man nicht in Schwierigkeiten geraten.
    Ludger seufzte. Aber da war Roswitha. Er konnte, er durfte sie nicht im Stich lassen. Die Erinnerung an sie war so schmerzhaft, daß er sich auf sein Lager setzte, reglos in die Nacht starrte und auf den nächsten Morgen wartete.
    Als die Kirchenglocken zu den Laudes riefen, war er immer noch nicht eingeschlafen, und als der erste Hahnenschrei den neuen Tag verkündete, haßte er sein Leben noch mehr als zuvor. Was, wenn der Scherz übel endete? Was, wenn der Erzbischof keinerlei Sinn für Humor zeigte und das, was immer in dem Kästchen verborgen sein mochte, für ein übles Zeichen hielt? Was, wenn er, der Bote, der Überbringer, für den mißglückten Scherz verantwortlich gemacht wurde? Ludgers Zweifel wuchsen ins unermeßliche, und als die schweren Glocken zur Prim einen weiteren geschäftigen Tag im Lebendes Erzbischofs begrüßten, war er ohne jegliche Zuversicht.
    Ihm mußte etwas einfallen. Er durfte nicht untätig bleiben, sich nicht zum willfährigen Spielzeug des Grafen machen lassen. Aber war es denn so schlimm, dem Erzbischof einen kleinen Scherz zu spielen?
    »Ja, er ist da! Sieh nur – er ist es!«
    Die Tür zu seiner Kammer schwang zur Seite. Johann und Otto stolperten herein, übermütig, laut und lärmend.
    Ludger lachte ihnen schief entgegen, brachte nur einen heiseren Gruß hervor, hatte aber nichts dagegen, sich die Stunden mit den beiden zu vertreiben, bis ihm eingefallen war, wie er der Situation entkommen mochte – oder bis ihn der Erzbischof zu sich rufen ließ, damit er das Geschenk überreichte und damit sein Schicksal besiegelte.
    Die Kammer schien viel zu eng für die Jungen zu sein. Sie tollten herum wie übermütige Welpen. Otto mimte einen Ritter, hielt ein kleines Holzpferd in der Hand und wieherte dazu.
    »Sieh mal – wir haben unser Pferd wiederbekommen.«
    »Ja, ohne Lösegeld dafür bezahlen zu müssen. Wir haben’s einfach wiedergefunden«, fügte Johann hinzu und fragte ihm dann Löcher über Lösegeldzahlungen in den Bauch. Sie fegten die Bitterkeit aus der Kammer und brachten ihn schließlich dazu, einen Blick aus dem Fenster zu werfen, einen tiefen Atemzug frischer Luft zu nehmen und das Leben gelassener zu betrachten.
    Der Schreck fuhr ihm durch alle Glieder, als er bemerkte, daß Johann und Otto Gefallen an dem Kästchen gefunden hatten. Denn es lag nicht mehr auf dem Schaffell, sondern schwankte auf Ottos spitzen Jungenknien – und er hatte es bereits geöffnet. Ein Päckchen, mit Stoff umhüllt, lag in demKästchen. Die Schnur führte in das Päckchen, und um die Stoffhülle herum hatte sich Pulver angesammelt. Johann tippte mit dem Holzpferd hinein.
    Heiliger Genesius, die Jungen zerstören die

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