Die sieben Häupter
seine Tätigkeit, schaute über die Schulter und wandte sich dann an Bertha. Diesmal senkte er seine Stimme und flüsterte, so daß Bernhardkein Wort verstand. Die Frau nickte und schob ihm einige Münzen zu. Anselm steckte das Geld in den Beutel und stand gleichzeitig auf.
»Morgen in der Frühe also«, sagte er zum Abschied und hinkte zum Ausgang. Er zog das linke Bein nach und stützte sich auf einen Knüttel aus Wurzelholz.
»Morgen also«, murmelte Bertha, stierte auf die Tischplatte und erhob sich dann ebenfalls. Den Wirt, der sich dem Tisch genähert hatte, um nach den Wünschen des neuen Gastes zu fragen, bedachte sie mit einem schnippischen: »Scher dich weg, Schweinsfott!« Dann hatte sie die Schenke verlassen.
»Was für ein Luder!« schimpfte der Wirt, rieb sich den Bauch und lachte. »Der brave Hubert hat gut daran getan, das Biest vor die Tür zu setzen.«
»Aber ein verflucht hübsches Weib«, erwiderte Bernhard und stand auf. »Du weißt nicht zufällig, wo sie nächtigt?«
Wieder lachte der Wirt und schüttelte den Kopf. »Womöglich auf der Straße«, vermutete er und klopfte dem anderen auf den Rücken, »wie es sich für streunende Hunde gehört.«
Es war eine sternenklare Nacht. Bernhard atmete tief durch und schaute sich um. Das Dorf Repgow bestand lediglich aus einigen wenigen Bauernhöfen und winzigen Katen, die sich um die kleine steinerne Kirche gruppierten. Die schmale Dorfstraße führte in nördlicher Richtung nach Aken und in südlicher zum nahe gelegenen Gut derer von Repgow. Gerade als er die Straße betrat, näherte sich von Süden ein Reiter im Galopp. Der Staub wirbelte, die Hufe donnerten vorbei, und Bernhard erkannte eine schwarze Gestalt auf einem Schimmel. Dem Mantel und der Kapuze nach zu urteilen, handelte es sich um einen Benediktiner, doch der Mönch ritt in einem solchen Tempo, daß Bernhard ihn nur wie einen Schatten wahrnahm. Wenig später hatte die Nacht den Reiter geschluckt.
Bernhard starrte in die Richtung, aus der der Mönch gekommen war, und erkannte am südlichen Ausgang des Dorfes eine einzelne Frauengestalt. Das mußte Bertha sein. Er ließ seinen Rappen vor dem Gasthaus angebunden und folgte ihr zu Fuß. Bertha blieb plötzlich stehen, wandte sich um und bog dann rechts ein. Bernhard beschleunigte seinen Schritt, und als er an der Ecke ankam, stand die Magd in einiger Entfernung und schien auf ihn zu warten. Wieder bog sie rechts ein und ging nun in Richtung der Kirche, die direkt gegenüber dem Gasthaus lag. Sie schien im Kreis zu laufen. Bernhard stutzte und sah sie auf dem eingefriedeten Kirchhof verschwinden. Er beeilte sich, ihr zu folgen, und trat nur kurz nach der Frau durch die Pforte. Auf dem Kirchhof war niemand zu sehen, nur verwitterte Grabsteine und hölzerne Kreuze. Der gesamte Friedhof war von einer mannshohen Mauer umgeben, es war also kaum denkbar, daß sie den Ort bereits wieder verlassen hatte.
»Was willst du von mir?« hörte Bernhard plötzlich eine Stimme hinter sich, doch als er sich umwandte, konnte er niemanden erkennen. Es war stockfinster im Schatten des Gemäuers. Die Stimme schien aus dem Nichts zu kommen.
»Dir helfen«, antwortete Bernhard und hob die Arme, um zu bedeuten, daß er keine Gefahr darstellte. »Ich möchte dir einen Handel vorschlagen.«
»Du warst in der Schenke«, sagte Bertha und trat aus dem Dunkel. Sie stand neben einem frisch gemachten Grab, und in der Hand hielt sie die Schaufel eines Totengräbers wie ein Schwert.
Da Bernhard nickte und sich nicht von der Stelle rührte, fragte sie: »Was für einen Handel?«
»Wie ich unfreiwillig hörte, hast du derzeit kein Heim. Dem ließe sich abhelfen.« Er wartete, und da die Frau nichts erwiderte, fuhr er fort: »Du verrätst mir, was du von dem Fremdenaus Cathay weißt, und ich verschaff ’ dir eine Stellung auf der Burg Aken.«
»Ha!« schnaufte Bertha. »Als Schweinehirtin vermutlich. Du siehst nicht so aus, als hättest du mehr als das zu bieten.«
»Wenn du meinst«, antwortete Bernhard, nahm die Hände herunter, zuckte gleichgültig mit den Schultern und ging zur Pforte, ohne sich noch einmal nach der Magd umzuschauen.
Bertha reagierte genauso, wie Bernhard es vorhergesehen hatte. »Halt!« rief sie. »Hiergeblieben! Von welcher Stellung sprichst du?«
»Das hängt ganz von dir ab«, antwortete er. »Kennst du den Herrn von Aken?«
»Nur dem Namen nach.«
»Du wirst ihn kennenlernen, und es wird nicht zu deinem Nachteil sein.« Bernhard
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