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Die sieben Häupter

Die sieben Häupter

Titel: Die sieben Häupter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Belinda; Kinkel Richard; Rodik Ruben; Dübell Malachy; Wickenhäuser Mani; Hyde Tessa; Beckmann Horst; Korber Helga; Bosetzky Titus; Glaesener Rebecca; Müller Guido; Gablé Dieckmann
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Fenster. Da sie eine Frau war, hatten die Mönche es nicht für nötig befunden, sie an eine Ochsenkette zu fesseln, und so starrte sie auf die von Unkraut überwucherte Klostermauer. Dann antwortete sie: »Ich habe einen Mönch erschlagen.«
    »Oho!« In dem Ausruf schwang Überraschung, aber auch Anerkennung mit. »Sieh einer an! Wozu Weibsbilder heutzutage fähig sind.« Er lachte krächzend.
    »Weshalb bist du in diesem Keller, Dobresit?« Den Namen hatte sie gehört, als Hagatheo den Gefesselten zur Abtei gebracht hatte.
    »Ich habe etwas, das der Greif gern hätte«, antwortete der Zupan geheimnisvoll. »Es hat mich hier hereingebracht, aber es wird mich auch wieder befreien. Die Zeit sollte jedenfalls gereicht haben.«
    Ethlind verstand nicht, was er mit seinem Gerede meinte, doch sie wußte, was sich hinter diesem »etwas« verbarg. Sie murmelte: »Das zweite Säckchen.«
    »Das zweite?« wunderte sich der Slawe. »Von einem ersten weiß ich nichts.«
    »Warum wird es dich befreien?«
    »Bist du verheiratet, mein Täubchen?« lautete die Antwort.
    Ethlind stutzte und schüttelte den Kopf. Sie vergaß, daß der andere sie nicht sehen konnte.
    »Ich aber«, sagte Dobresit, als könne er durch Mauern blicken, als sei die Klostermauer von spiegelndem Glas. »Undmeine Dwina ist ein Pfundskerl von Weib. Wenn du verstehst, was ich meine.«
    Wie sollte sie? Und warum sollte sie! Etwas anderes ging ihr durch den Kopf. Wenn der Zupan im Besitz des Säckchens war, das der Abt mit solcher Beharrlichkeit und Grausamkeit verfolgte, war es dann nicht denkbar, daß Dobresit auch für den Überfall auf Matteo verantwortlich war? Es war nicht der Mönch gewesen, der den Mann aus Cathay niedergeschlagen hatte. Der Gauner in der Nachbarzelle hatte den beiden Reisenden aufgelauert, den Mönch getötet und dessen Beutel gestohlen. Und Matteo hatte sich mehr tot als lebendig retten können. Oder war als vermeintlich Toter zurückgelassen worden.
    »Du bist ein Mörder!« schrie sie den Gefangenen plötzlich an.
    »Das sagst ausgerechnet du«, antwortete der Zupan und lachte höhnisch.
    In diesem Augenblick stöhnte Matteo in seiner Zelle so laut auf, daß seine Mitgefangenen es deutlich hören konnten. Ethlind entfuhr ein Schrei, als fühle sie die Schmerzen des Sterbenden. »Halte durch, Liebster!« flüsterte sie und schickte ein Gebet zum Himmel: »Ave Maria, gratia plena!«
    »Dominus tecum«, murmelte der Slawe auf der anderen Seite und schnaufte leise. »So sieht das also aus. Ich verstehe.«
    Ethlind hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund. Und dann brach es aus ihr heraus. Ein Weinkrampf schüttelte sie, und sie biß sich auf die Finger, um nicht laut aufzuschreien. Die Tränen liefen ihr in heißen Strömen über die Wangen, es war kein Halten mehr.
    »Ach, Kindchen«, sagte der Zupan. »Nicht doch, sei ruhig, Täubchen.« Genauso hatte er in der Nacht seinen Sohn zu beruhigen versucht. Ebenso vergeblich. »Armes Kind!«
    Ethlind sackte an der Wand zusammen, schloß die Augenund hielt die Hände vor die Ohren. Nichts sehen, nichts hören! Und nichts mehr fühlen.
    Der Schlaf kam wie eine Erlösung über sie.
    Ethlind wußte nicht, wieviel Zeit verstrichen war oder was sie geweckt hatte. Doch blitzartig waren alle ihre Sinne da. Ein schmaler Lichtstrahl fiel auf den Schlehdornbusch vor dem Fenster. Es mußte bereits nach Mittag sein. Eine Tür knarrte. Schritte waren zu hören. Etwas scharrte und schabte. Eisen auf Eisen. Ein Riegel! Dann noch einer.
    Und schließlich hörte Ethlind die Stimme des Abts: »Dobresit, komm!«
    »Jawohl, ehrwürdiger Vater, natürlich, sofort!« Die Stimme des Slawen klang nun gar nicht mehr höhnisch oder überlegen, sondern devot. Aber es war eine falsche Unterwürfigkeit. Das Schwanzwedeln eines Hundes, der jederzeit zubeißen konnte.
    Der kleine Bolo begann im selben Augenblick nach seiner Mutter zu rufen.
    »Sei still, mein Junge«, sagte der Zupan. »Es wird alles gut. Nicht wahr, ehrwürdiger Vater, es ist doch alles gut? Ihr habt das Säckchen gefunden?«
    »Lump!« schimpfte der Greif. »Dir werde ich dein falsches Maul noch stopfen!«
    »Aber nein, aber nicht doch«, murmelte Dobresit. »Was ist denn …«
    Da Ethlind von ihrem Platz am Fenster nicht verstehen konnte, was gesprochen wurde, ging sie zur Tür und versuchte, durch den winzigen Spalt zwischen Holz und Mauer etwas zu erkennen oder zu hören.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte der Zupan mit kaum verhohlener

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