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Die sieben Weltwunder

Die sieben Weltwunder

Titel: Die sieben Weltwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Thiele
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der antiken Angaben hatte Johann Fischer von Erlach 1725 eine Darstellung des Artemision versucht, die von Wahrheit und Wirklichkeit – wie spätere Forschungen ergaben – nicht weit entfernt war. Zu unserem heutigen Wissen haben vor allem die Münzen, die ein Jahrhundert nach der Zeitwende unter Kaiser Hadrian geprägt wurden und sowohl das Artemision wie auch die Göttin Artemis zeigen, beigetragen. Natürlich ist der Eindruck des Monumentalen auf den vergleichsweise kleinen römischen Münzen nicht wiederzugeben. Immerhin erkennt man, wie die Tempelfront gegliedert war, dass sich über den hohen Säulen ein reich mit Figuren geschmückter Giebel erhob.
    Gestützt auf überraschende Funde, spätere Grabungen und Messungen und ergänzt durch Zitate, Maße und Zahlen in der antiken Überlieferung, wurde die Rekonstruktion des Weltwunders dann doch noch möglich.
    Wiedergefunden hat den Standort des Artemision der englische englische Ingenieur John T. Wood, der 1863 auf seiner Suche durch eine Inschrift des Caius Vibius Salutarius über die Stiftung von einunddreißig Gold- und Silberstatuen für das Artemision, endlich an den richtigen Ort gewiesen wurde.
    Sieben Jahre lang grub Wood in dem Ruinengelände des antiken Ephesos und westlich davon Richtung Meer, fand aber nur ein paar kleine Statuetten. Doch er gab nicht auf. Jahre später, als seine Geldgeber längst die Hoffnung auf Erfolg und damit die Geduld verloren hatten, fand Wood eines Tages Inschriften in den Ruinen des Theaters von Ephesos. Inschriften, auf denen der alljährliche Prozessionszug vom Tempel durch die Stadt zum Theater und zurück mit einer genauen Wegbeschreibung angegeben waren. Als er endlich mühsam neues Geld in England aufgetrieben hatte, entdeckte Wood dann schließlich, eineinhalb Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt, unter einer sechs Meter tiefen Schlammschicht das Marmorfundament des Tempels der Artemis. Die Sensation war perfekt.
    Wood förderte die erstaunlichsten Fundstücke zutage, vor allem die mit Reliefs und Skulpturen geschmückten Säulen, die
Columnae caelatae
. Auf ihnen waren die Geschichten der Götter und Helden zu sehen: die Rückkehr der Persephone, die von Hades in die Unterwelt entführt worden war, begleitet von Hermes, dem Götterboten; der für seinen Frevel an Apollon büßende Herakles; der Held Theseus, den Riesen und Wegelagerer Sinus überwindend. Siegesgötter, die Stier und Schaf zum Opferfest führen. Musen, Mädchen des Zeus, welche die Helden und ihre Taten besingen und die Menschen die Künste des Wortes und der Töne lehren. Selbst diese wenigen Bruchstücke von mythischen Schicksalskämpfen lassen erkennen, wie wunderbar das Ganze gestaltet gewesen sein muss.
    Auch David Hogarth, einem weiteren vom Britischen Museum in London gesandten Archäologen, gelangen aufsehenerregende Funde. In den Schlammschichten entdeckte er Dinge, die Wood liegengelassen oder übersehen hatte. Dann stieß er zufällig unter dem Sockel einer Götterstatue auf eine Tafel aus Gold, auf Kostbarkeiten wie Perlen, Ketten, Ohrringe, Broschen, Statuetten, Kristalle. Und er fand Geldstücke. Die Münzen waren Teil eines Depots für Wertsachen. Der Schatz der Artemis war entdeckt, dreitausend Objekte von unschätzbarem Wert.
    Schon über ein Jahrhundert dauern die Ausgrabungen der Stadt Ephesos. Und noch immer ist kein Ende abzusehen. Ephesos bietet heute einen endlosen Spaziergang durch vergessene Zeiten, auf kilometerlangen marmorgepflasterten Straßen, vorbei an öffentlichen Gebäuden, Kultbauten, Wohnhäusern, Badeanstalten. Sogar eine zweigeschossige Bibliothek, welche die Römer unter Celsus erbaut hatten, wurde freigelegt. Vom Theater aus kann man wie früher die weitläufigen Thermen sehen, die einst prunkvolle Arkadenstraße mit ihrer weithin berühmten Fackelbeleuchtung, die Stadttore und die Mauer.
    Und sogar Artemis wurde wiedergefunden, in Gestalt von drei Kopien aus dem Heiligtum des ersten Tempels. Sie lagen sorgfältig eingebettet im Sand, als habe man sie heimlich vergraben und in Sicherheit gebracht.
    Diese Funde waren eine wunderbare Bestätigung dessen, was vor zweieinhalb Jahrtausenden der griechische Philosoph Heraklit in Ephesos gelehrt hatte: »Nichts besteht für immer, alles ist veränderlich und schlägt fortwährend ins Gegenteil um. Aus Totem wird Lebendiges, aus Lebendigem Totes. Aus Wachen wird Schlaf, aus Schlaf Wachen.«
    In Ephesos hatten selbst die Götter nicht vermocht, ihm das Gegenteil

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