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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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Tonys Auftrag; vermutlich wäre er böse, wenn er wüßte, wo ich mich gerade aufhalte. Aber sobald es ernst wird, ist er sicher froh, daß ich etwas unternommen habe.«
    »Hm«, machte Mike. Dann verzog er das Gesicht. »Das klingt so, als wäre für mich alles klar, aber so verhält es sich ganz und gar nicht. Vor ein paar Wochen wurde Ihr Mann ermordet. Die Polizei nimmt einen Verdächtigen fest, den man für den Schuldigen hält. Und ausgerechnet Sie wollen ihm einen Anwalt verschaffen. Was soll ich davon halten?«
    »Das gleiche wie ich«, entgegnete Adrienne Haven ruhig. »Daß Tony unschuldig ist.«
    Mike verspürte den Drang, sich zu bewegen. Er stand vom Schreibtischsessel auf und ging zum Fenster. Er ließ die Jalousie herunter, dämpfte das grelle Licht im Raum. Das milderte die scharfen Linien im Gesicht der Frau, ließ sie hübscher aussehen, aber auch gehetzter als vorher.
    »Sie glauben, er hat Ihren Mann nicht getötet?«
    »Ich weiß es.«
    »Haben Sie irgendwelches Beweismaterial?«
    Als sie nicht antwortete, kehrte Mike zum Schreibtisch zurück, setzte sich auf die Tischkante und beugte sich zu ihr.
    »Haben Sie Beweise, Mrs. Haven?«
    »Nichts Konkretes.« Sie sah ihn nicht an.
    »Aber vielleicht irgendwelche Anhaltspunkte?«
    »Ich weiß nicht. Ich bin kein Jurist. Ich weiß nur, daß Tony Jerrick nicht der Täter ist.«
    »Haben Sie seit seiner Verhaftung mit ihm gesprochen?«
    »Nein.«
    »Haben Sie vor seiner Verhaftung den Mord mit ihm erörtert?«
    »Ich habe Tony seit März nicht mehr gesehen.«
    »Und der Mord geschah im April.«
    »Ja«, sagte Adrienne Haven.
    Mike seufzte, und das irritierte die Frau.
    »Sie entsprechen nicht dem Bild, das man sich von Ihnen macht«, sagte sie. »Louise hatte mich überzeugt, Sie würden – Sie würden mich verstehen. Auch ohne Beweise, schwarz auf weiß. Angeblich merken Sie gleich, wenn jemand die Wahrheit sagt.«
    »Ich habe nicht behauptet, daß Sie lügen, Mrs. Haven.«
    »Aber Sie denken es insgeheim?«
    »Nein«, sagte Mike schlicht. »Ich nehme an, Sie sagen die Wahrheit – jedenfalls in bezug auf das, was Sie denken. Aber Sie sprechen für sich selbst, nicht für Mr. Jerrick. Nur weil Sie diesen Mann kennen, setzen Sie voraus, daß Sie auch über seinen Charakter exakt Bescheid wissen.«
    »Sie irren sich.«
    »Mrs. Haven …« Mikes Stimme wurde sanfter. »Sooft ein Kapitalverbrechen begangen wird, gibt es etwas, womit man mit Sicherheit rechnen kann. Jedesmal. Ein paar Leute melden sich, für gewöhnlich Familienmitglieder, und schwören, der Angeklagte könne unmöglich der Täter sein. Er sei nicht ›der Type. Das erlebt man immer wieder.«
    »Aber das habe ich nicht gesagt. Im Gegenteil, ich glaube, Tony Jerrick ist genau der Typ.«
    »Was?«
    Nun, da sie Mike aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, schien auch Adrienne ihre Haltung wiedergewonnen zu haben. Sie begann in ihrer Handtasche zu suchen; nach einer Zigarette, nahm Mike an, aber sie brachte eine Pillendose zum Vorschein. »Tony ist ein rauher Geselle, und er ist leicht erregbar. Während seiner Jugend hatte er andauernd Schwierigkeiten. Aber er würde nie jemanden töten wollen, das wäre unanständig und gegen Gott –«
    »Er ist religiös?«
    »Nicht eigentlich. Aber er war als Kind streng religiöser Disziplin unterworfen, und Spuren davon sind noch vorhanden.« Sie nahm eine kleine weiße Pille und schluckte sie schnell, ohne Wasser. Wortlos sah Mike zu, wie sie die edelsteinbesetzte Pillendose wieder verstaute.
    »Er ist der Typ, dem man einen Mord zutrauen würde.«
    »Ich habe gesagt, er ist ein rauher Geselle und leicht erregbar. Das könnte unter Umständen zu einem Mord führen, nehme ich an, aber nicht zu einem vorsätzlichen –«
    Mike ließ ein trockenes Lachen hören. »Sie sind nicht gerade eine gute Entlastungszeugin für ihn, Mrs. Haven. Ihrer Beschreibung nach könnte der Mann das Verbrechen durchaus begangen haben – falls er die Gelegenheit und ein Motiv hatte.«
    »Ja«, bestätigte die Frau düster. »Und ich vermute, Sie werden erfahren, daß er beides hatte.«
    »Wissen Sie das mit Sicherheit?«
    »Ich habe Gerüchte gehört.«
    »Von wem?«
    »Zum Beispiel von meinem Vater.«
    »Von Ihrem Vater?«
    »Ja. Dad weiß über jeden Klatsch Bescheid. Sehen Sie, er war früher Arzt, aber er hat sich aus dem Berufsleben zurückgezogen. Jetzt lebt er von seinen Dividenden und spielt mit Freunden Billard, Golf und Bridge im Monticello Club. Er ist ein guter

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