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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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hören.«
    »Auf das, was er sagt, kommt es nicht an. Tatsache ist, daß nichts zwischen uns war. Ich bin nicht zu Ihnen gekommen, damit Sie meinen – meinen Geliebten retten.«
    »Sie handeln also aus purer Freundschaft?«
    »Ich weiß, daß er unschuldig ist, Mr. Karr. Wenn Sie wüßten, daß jemand unschuldig ist, würden Sie dann alle Welt in dem Glauben lassen, er sei schuldig?«
    Mike winkte müde ab. »Mrs. Haven, ich habe kürzlich auch jemanden für unschuldig gehalten. Ich fürchte nur, ich habe mich geirrt.«
    »Aber ich irre mich nicht.« Der Blick der flackernden, geradezu schillernden Augen brannte auf seinem Gesicht. »In diesem Fall irre ich mich nicht. Tony Jerrick kann meinen Mann nicht getötet haben, unter gar keinen Umständen!«
    »Ich bin gern bereit, Ihnen zu glauben, Mrs. Haven, wenn Sie mir sagen, weshalb Sie so sicher sind.«
    Endlich ließ Adriennes Blick ihn los. Sie legte ihre feingliedrige Hand auf den Rand der Tischplatte, als wolle sie sich stützen. Mike schaute auf die Hand hinab, auf ihre milchige Weiße, ihre zerbrechliche Form.
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen«, gestand Adrienne.
    »Sie meinen – da gibt es nichts zu sagen?«
    »Er ist unschuldig, Mr. Karr.«
    »Das ist ganz einfach Ihr fester Glaube?«
    »Es ist mehr als Glaube.«
    »Dann sagen Sie mir, inwiefern es mehr ist.«
    Sie sah ihn verzweifelt an.
    »Ich möchte wissen, ob Sie den Fall übernehmen. Ich zahle Ihnen jedes Honorar, das Sie verlangen.«
    »Wissen Sie, kürzlich hat mich jemand gebeten, Ihren Fall zu übernehmen, an Ihrer Stelle gebeten. Ich muß Ihnen die gleiche Antwort geben: Ich mag meine Klienten nicht aus zweiter Hand. Wenn Mr. Jerrick meine Hilfe wünscht, warum wendet er sich nicht selbst an mich?«
    »Aber ich habe Ihnen doch gesagt –«
    »Mrs. Haven«, unterbrach Mike sie, »im Grunde genommen haben Sie mir fast nichts gesagt.«
    Jetzt blitzten die dunklen Augen. »Wissen Sie, was mich interessieren würde, Mr. Karr?«
    »Nun?«
    »Wie Louise Capice auf die Idee kommen konnte, daß Sie ein verständnisvoller Mensch sind.«
    Sie nahm ihre Handtasche und ging zur Tür.
    Den Rest des Vormittags über plagte Mike das vage, unbehagliche Gefühl, die Sache nicht richtig angefaßt zu haben, und so verlief auch die Unterredung mit Mr. Cudahy um elf Uhr fünfzehn unbefriedigend. Cudahy merkte wohl, daß sein Anwalt zerstreut war, denn er kürzte die Besprechung ab und lud Mike zum Mittagessen ein. Mike lehnte ab und sagte, er habe schon eine Verabredung. In Wirklichkeit hatte er keine. Aber als Cudahy das Büro verlassen hatte, verabredete er sich im Monticello Club, und zwar mit Winston Grimsley.
    Winston saß an seinem üblichen Fenstertisch, dem bevorzugten Platz im Speisesaal des Klubs. Man überblickte von dort den See, das Bootshaus und die letzten vier Löcher des Golfplatzes. Louises Vater speiste allein; er war ein Eigenbrötler und hatte es nicht gern, wenn man ihn beim Essen störte. Aber als Mike eintrat, fiel die Begrüßung herzlich und fast schon überschwenglich aus.
    Mike lehnte den Drink ab, den Winston ihm anbot. Als es Zeit war, das Mittagessen zu bestellen, rief Winston den Oberkellner des Klubs an den Tisch und sagte: »Mike, ich weiß nicht, ob Sie Waldo schon kennen. Eines der Talente, die ihn unersetzlich machen, ist sein untrügliches Gedächtnis. Stimmt’s, Waldo?«
    »Sehr freundlich«, murmelte Waldo und deutete eine Verbeugung an.
    »Ich will es beweisen. Waldo, wann hat Mr. Karr zum letztenmal mit mir zusammen hier im Klub gespeist?«
    »Mr. Karr, hm«, sagte Waldo und schloß die Augen wie ein Gedächtniskünstler im Variete. »Das muß irgendwann letztes Jahr gewesen sein. Ein warmer Monat. August. Ja. Es war sehr heiß, die Klimaanlage lief auf Hochtouren. Lärm, durchgebrannte Sicherungen, ich weiß es noch genau.«
    »Na ja, es ist schon ziemlich lange her, Winston.«
    »Ja. Und damals wollten Sie mich aus einem bestimmten Grund sprechen. Schätzungsweise verhält es sich jetzt ebenso.«
    Nachdem Waldo sich entfernt hatte, rückte Mike mit der Sprache heraus.
    Winston schaute hinaus auf den See, bevor er antwortete.
    »Ja«, sagte er schließlich. »Ich habe Walter Haven gekannt, Mike, ebenso gut, nehme ich an, wie jeder hier im Klub. Er hat mich ersucht, Mitglied des Direktoriums seiner Firma zu werden; es war mehr ein Ehrenamt als eine Aufgabe. Man kann die Firma am besten als ›dahin- siechend‹ bezeichnen.«
    »Am Schluß nicht mehr«, wandte Mike ein. »Mit

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