Die siebte Maske
Mike. Das alles hat Walter mir erzählt, und er hat auch gesagt, daß er sich vor dem jungen Mann allen Ernstes fürchtete.«
»Das alles haben Sie also Bill Marceau mitgeteilt«, sagte Mike.
»Ja, Mike. Ich mußte es ihm sagen, denn Bill hatte sich während der Ermittlungen über die Ursache von Walters Tod an mich gewandt. Er fragte mich, ob mir etwas – nun ja – Ungewöhnliches über Walter Haven bekannt sei. Und die Geschichte, die Sie eben gehört haben, ist doch wohl ungewöhnlich genug.«
»Und daraufhin hat man Tony Jerrick verhaftet.«
»Nur aufgrund meiner Aussage? Das bezweifle ich, Mike.«
»Angeblich hatte man mehrere Gründe. Tony Jerrick soll sich am Abend des Mordes in Havens Haus aufgehalten haben. Wissen Sie etwas darüber?«
»Tut mir leid, da müssen Sie schon Bill fragen.«
Mike knurrte und griff nach seinem Wasserglas. »Das werde ich auch.«
Und er fragte rundheraus und erwartete alles mögliche – sogar daß der Polizeichef von Monticello ihn hinauswarf. Bill jedoch schaute ihm ganz ruhig in die Augen.
»Klar verrate ich es dir, Mike«, sagte er. »Warum denn nicht? Möchtest du den Fall etwa übernehmen?«
»Nein«, erwiderte Mike.
»Hat jemand dich darum ersucht?«
»Bill, was hat dich veranlaßt, Jerrick in Detroit festnehmen zu lassen? Hattest du wirklich genug Beweise?«
»Einen ganzen Haufen«, erklärte Bill seelenruhig. »Und ich erzähle dir nur allzugern davon, für den Fall, daß du gleich wieder in den Sattel klettern willst.«
»In was für einen Sattel?«
»Na, du weißt doch.« Bill lächelte. »Es heißt, wenn ein Pferd einen Reiter abwirft, dann soll der sofort wieder aufsitzen. Um gar nicht erst die Nerven zu verlieren. Ich für meine Person sehe die Dinge anders. Ich finde, man muß erst nachsehen, ob es sich wirklich lohnt, das Pferd noch einmal zu besteigen, oder ob man mit einem vernünftigeren Tier nicht besser dran wäre. Drücke ich mich klar genug aus?«
»Nein«, sagte Mike. »Du machst geheimnisvolle Andeutungen. Es sei denn, du willst mir nahelegen, die Finger von dem Fall zu lassen.«
»So etwas würde ich nie zu dir sagen. Im Moment jedoch, Mike, möchte ich den Fall mit mehreren Silben charakterisieren, gegen die du lieber nicht anzurennen versuchen solltest: un-an-tast-bar.«
Mike schluckte. »So sicher bist du deiner Sache?«
Bill nickte und ging zum Schreibtisch. Er nahm einen Stapel Papiere in die Hand und blätterte sie durch.
»Ereignisse des siebzehnten April«, sagte er. »Ziemlich erschöpfende Dokumentation. Keine Löcher. Tatort, das Haus der Havens. Allein anwesend Walter Haven; er befand sich zwischen zwanzig Uhr und Mitternacht in seinem Arbeitszimmer. Die Haushälterin, Mrs. Merrow, abwesend infolge Krankheit – sie lag mit einer Venenentzündung im Krankenhaus von Monticello. Julian, der Diener, hatte seinen freien Abend. Er war im Kino. Übrigens« – er grinste – »ein Krimi. Mrs. Haven hat das Haus um halb acht verlassen, um eine Party bei Mr. und Mrs. Capice zu besuchen.«
»So viel weiß ich auch«, sagte Mike.
»Jetzt kommt etwas, was du nicht weißt. Haven war zwischen zwanzig Uhr und Mitternacht nicht als einziger im Haus anwesend. Er hatte nämlich einen Besucher …«
»Große Neuigkeit. Jemand ist gekommen und hat ihn umgebracht!«
»Stimmt. Und zwar ist der Täter durch die Glastür des Arbeitszimmers eingedrungen. Die war nämlich nicht verriegelt, kein Problem, sie zu öffnen. Fußspuren auf dem Teppich, Schmutz. Fingerabdrücke auf der Tür. Kam herein, erschoß Haven, der am Schreibtisch saß, und ging wieder. Verschwunden. So einfach war das.«
»Und du bist sicher, es war Tony Jerrick?«
»Mike, ich wünschte mir lauter so simple Mordfälle wie diesen. Jerrick war wütend auf Walter Haven, wünschte ihm die Pest an den Hals. Er wartete, bis Haven allein war, und drang ins Arbeitszimmer ein. Vielleicht hatte er nur vor, ihm einen Schrecken einzujagen, ihn mit einer Waffe zu bedrohen, ihn zu zwingen, den Vertrag zu lösen, zu dem Haven ihn überredet hatte. Und als Haven nicht so reagierte, wie Jerrick wollte, verlor er den Kopf und erschoß ihn.«
»Du hast also konkretes Beweismaterial?«
»Mehr, als wir brauchen, Mike. Fußspuren, Fingerabdrücke – jede Menge.«
»Die Waffe?«
»Nein, die hat er verschwinden lassen. Keine Ahnung, wo.«
»Ein Geständnis?«
»Er widersetzt sich noch. Einiges gibt er zu. Der Rest wird später kommen. So ist es immer.«
»Was gibt er zu?«
»Daß er dort
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