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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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Bewunderer von Johann Sebastian, Ludwig und Frederic.«
    Mike improvisierte eine Verbeugung und reichte ihm die Karte. »Viel Vergnügen, Mr. Capice. Und sei es auch nichts weiter als eine kulturelle Bereicherung – die Idee ist gut.«
    Adrienne meinte: »Mike, Sie glauben doch nicht ernstlich, daß da etwas dahintersteckt?«
    »Es ist merkwürdig«, antwortete Mike. »Und wir haben bis jetzt noch nichts Merkwürdiges in Walter Havens Leben entdeckt.«
    »Aber die Einladung ist für meinen Mann. Wenn plötzlich Mr. Capice auftaucht –«
    »Es steht kein Name auf der Karte«, bemerkte Phil.
    »Richtig.« Mike runzelte die Stirn. »Und es wäre mir lieb, wenn auch dein Name aus dem Spiel bleibt. Für den Fall, daß irgend jemand allzu neugierig ist.«
    »Ganz einfach. Ich werde meine Brieftasche zu Hause lassen«, schlug Phil vor.
    »Nimm sie ruhig mit«, sagte Mike. »Aber vergiß den Personalausweis und alles, womit man dich identifizieren könnte. Am besten, wir statten dich gleich mit einer neuen Identität aus.«
    »Also das klingt wirklich wie Sherlock Holmes«, sagte Phil strahlend. »Und ob du’s glaubst oder nicht« – er grinste -, »ich weiß auch schon einen wunderbaren Namen für mich.«

8
    S t.Andrews Avenue 909 war ein Backsteinbau in einer Straße von Backsteinbauten in einer ganzen Gegend von Backsteinbauten. Aber das Haus unterschied sich in einigen Punkten von seinen Artgenossen. Das Parterrefenster war höher und schmaler, als Parterrefenster gemeinhin zu sein pflegen; und es war mit roten Gazevorhängen versehen, die – diskret von innen beleuchtet – ein Geheimnis dahinter versprachen. Und da war noch das Namensschild. Über der Türklingel war ein kleines holzgeschnitztes Klavier angebracht und darauf der Name: Fry, Joachim.
    Jetzt erst dämmerte es Phil Capice, daß die Bezeichnung Joachims Freunde‹ sich nicht etwa auf irgendeinen abstrakten Musikverein bezog, sondern auf eine konkrete Person. Er grinste vor sich hin, er gönnte Mr. Fry seine Freunde und überlegte, ob er wohl auch zu diesen gehören würde, wenn er das Backsteinhaus Nr. 909 in der St. Andrews Avenue wieder verließ. Er berührte kurz die schwarze Krawatte unter dem leichten Regenmantel, dann legte er den Finger an den Klingelknopf und drückte sacht darauf. Der Ton, den dies im Hausinnern hervorrief, war ein reines A.
    »Auch eine Methode, sein Klavier zu stimmen«, murmelte Phil.
    Er war bester Laune. Nachdem er sich gestern abend spontan zur Verfügung gestellt hatte, waren ihm Zweifel gekommen. Aber jetzt war der Besuch des Klavierabends verlockend wie ein Abenteuer. Phil war seit jeher der
    Ansicht gewesen, in der heutigen Zeit gebe es viel zu wenige Abenteuer, und er begrüßte auch die geringste Aussicht darauf.
    Aus diesem Grund war er auch entzückt über die Erscheinung des Mannes, der ihm die Tür öffnete. Er trug, genauso wie Phil, einen gutgeschnittenen Abendanzug, und seine Funktion war offensichtlich die eines Butlers. Er war groß und hatte breite Schultern und fleischige Hände, aber am auffälligsten war sein Gesicht. Es hatte die Farbe von Hackfleisch und schien von einem Amateurbildhauer bearbeitet worden zu sein, der sich über seine schöpferischen Intentionen nicht ganz im klaren gewesen war. Dann fiel Phil das gebrochene Nasenbein und das Narbengewebe auf, und er wußte über die Vergangenheit des Mannes Bescheid. Mr. Frys Butler war ein ehemaliger Boxer. Warum auch nicht, dachte Phil.
    »Ihre Einladung, Sir?« sagte der Mann. Seine Stimme klang weich und pelzig, nicht etwa heiser.
    »Hier, bitte«, entgegnete Phil und brachte die Karte zum Vorschein. »Entschuldigen Sie die Verspätung. Ich habe das Haus nicht gleich gefunden, alle sehen einander so ähnlich …«
    »Keine Ursache, Sir«, sagte der Boxer. »Sie sind der letzte. Aber Mr. Fry hat mit dem Konzert noch nicht begonnen. Bitte, treten Sie ein.«
    Phil betrat den Korridor. Nachdem die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, mußte er sich erst an das gedämpfte Licht gewöhnen. Der Butler führte ihn in einen Vorraum und nahm ihm den Mantel ab. Der kleine Raum war mit einem dicken Orientteppich ausgelegt, an der Wand stand ein runder Tisch mit einer fransenbesetzten Decke. Darüber hing eine Jugendstillampe, wahrscheinlich echt
    Tiffany. Phil, dessen Frau Louise für Tiffanyglas schwärmte, hätte fast eine Bemerkung gemacht.
    »Würden Sie bitte Ihre Maske anlegen, Sir?« sagte der Butler.
    »Was?« fragte Phil.
    »Ihre Maske. Das

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