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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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als Beweise für seine Popularität aufbewahrt.«
    »Wie Stimmzettel«, kommentierte Phil.
    »Und wie steht es mit Einladungskarten?«
    »Die hat er nicht aufgehoben. Er hat ja auch kaum je eine Einladung angenommen, es sei denn zu politischen Zusammenkünften.« Sie errötete. »Ich sollte, glaube ich, nicht so von ihm sprechen. Es ist so, als würde man einem Toten etwas Übles nachsagen.«
    Mike widersprach grimmig: »Aber genau das müssen wir finden, Adrienne. Etwas Übles im Zusammenhang mit diesem Toten.«
    »Ja«, flüsterte Adrienne. »Gewiß. Sonst ist Tony auch tot.«
    Phil drehte eine quadratische weiße Karte in der Hand herum.
    »Nun, hier ist immerhin eine Einladung, die er nicht weggeworfen hat. Wer sind Joachims Freunde‹?«
    Adriennes Antwort bestand aus einem schwachen Achselzucken.
    Phil betrachtete die Karte und meinte: »Mir scheint, er hatte einen Grund, die Einladung aufzubewahren. Sie ist für den vierundzwanzigsten dieses Monats – morgen abend. Anscheinend hat er sie bekommen, bevor er –« Er preßte die Lippen zusammen und sprach nicht weiter.
    »Zeig mal her«, sagte Mike.
    »Es handelt sich um irgendeinen Klavierabend.« Phil reichte ihm die Karte, und zum erstenmal regte sich in Adrienne so etwas wie Interesse.
    »Höre ich recht? Klavierabend?«
    Mike las die Karte. Der gefällig gedruckte Text lautete:
    Sie sind herzlich eingeladen zur Teilnahme an einem Klavierabend mit Werken von Bach, Beethoven und Chopin.
    24. Juli, 20.30 Uhr
    Bitte bringen Sie diese Karte mit.
    Abendanzug. Spenden.
    St. Andrews Avenue 909
    Joachims Freunde
    »Komisch«, knurrte Mike. »Ich hatte nie den Eindruck, daß Ihr Mann musikalisch war, Adrienne. Musikalische Interessen treten nirgends zutage. Ich habe hier auch noch nie einen Plattenspieler oder ein Radio –«
    »Walter hat Musik verabscheut«, erklärte Adrienne.
    »Und Sie?« fragte Phil.
    »Ach, ich mag Musik ganz gern. Streicherklänge oder leichten Jazz, solange man die Melodie noch erkennen kann.« Sie nahm Mike die Karte aus der Hand und lächelte. »Aber Bach, Beethoven und Chopin gehören bestimmt nicht zu meinen Lieblingen.«
    »Die Einladung ist ja auch nicht an Sie ergangen, sondern an Ihren Mann«, erklärte Mike. »Joachims Freunde‹ – komischer Name.«
    »Die Einladung ist bestimmt ein reiner Zufall«, sagte Adrienne. »Ich kann mir den armen Walter um keinen Preis bei einem Klavierabend vorstellen. Ich glaube, da hätte er sich lieber foltern lassen.«
    »Aber er hat die Karte aufgehoben«, bedeutete Mike. »Zufall oder nicht, er hat sie aufgehoben. Vielleicht hatte er sogar vor, hinzugehen.«
    »Ausgeschlossen.«
    »Das könnte vielleicht etwas bedeuten …«
    Phil bemerkte Mikes ernste Miene und lachte. »Sieh da, unser Rechtsgelehrter ist beunruhigt, Mrs. Haven. Glauben Sie, er hat eine Fährte erschnuppert?«
    »Mike«, sagte Adrienne sanft, »ich glaube wirklich nicht, daß es wichtig ist. Walter hatte für Musik nicht das mindeste übrig.«
    »Aber deshalb ist es ja eben wichtig! Sehen Sie das nicht ein?«
    Phil begann ihn aufzuziehen: »Ich glaube, Mrs. Haven kennt sich bei Sherlock Holmes nicht so genau aus, Mike. Oder kennen Sie die Stelle mit dem bellenden Hund?«
    »Ich fürchte, nein«, mußte Adrienne zugeben.
    »Also, Holmes macht zu Watson irgendeine Bemerkung über einen nachts bellenden Hund. Darauf Watson: ›Aber, Holmes, der Hund hat ja gar nicht gebellt!‹ Und Holmes: ›Das ist ja eben so sonderbar ...‹«
    Adrienne wandte sich an Mike. »Sie halten also diese Einladung für einen – für einen bellenden Hund?«
    »Ich weiß es wirklich nicht«, seufzte Mike und klopfte sich mit der Karte gegen die Fingerknöchel. »Ich bin schon soweit, daß ich nach allem grapsche, worauf man eine Theorie aufbauen könnte.«
    »Also, ich glaube zwar, daß es eine Sackgasse ist«, sagte Phil fröhlich, »aber ich mache dir einen Vorschlag. Joachims Freunde‹ veranstalten ihren Klavierabend morgen, stimmt’s? Warum gehen wir nicht hin und sehen uns die Sache an?«
    Adrienne lächelte. »Es würde mich viel zu viel Überwindung kosten, es bei so einer Veranstaltung auszuhalten.«
    »Vielleicht wäre es die Mühe wert«, sagte Mike. »Aber natürlich können wir nicht alle hingehen. Wir haben nur eine Einladung, und von ›Bringen Sie Ihre Freunde mit‹ steht nichts darauf.«
    »Ach was, ich gehe hin«, entschied Phil. »Ich opfere mich für die gute Sache auf. Ich besitze einen Smoking. Und ich bin ein aufrichtiger

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