Die Siedler von Catan.
Schmuckbänder so lang waren, dass er sie gekreuzt bis unters Knie schnüren konnte. Nachdem er seinen Gürtel mit Sax und Beutel und seinen Schwertgurt umgelegt hatte, betrachtete Siglind ihn mit einem anerkennenden Nicken.
»Erspar es mir«, kam er ihr zuvor.
»Was?«
»Oh, irgendetwas von einem versoffenen Taugenichts in feinen Kleidern oder was immer dir gerade durch den Kopf geht.«
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. »Du irrst dich.« Es stimmte, dass es ihr Missfallen erregte, wenn er übermäßig trank, was einigermaßen häufig vorkam, denn auch Gerste, Hopfen und Honig gab es im Überfluss. Aber das war ein Kummer, den sie mit fast allen Frauen teilte – es war einfach üblich. Und im Gegensatz zu vielen anderen Männern wurde Candamir nicht zur Gefahr für Frau und Kinder, sondern höchstens für sich selbst, wenn der Met ihm zu Kopf stieg. »Ich dachte eher, dass du sehr würdevoll aussiehst. Dem Anlass angemessen.«
»Gut.« Er nahm ihre Hand und führte sie in die Halle.
Nils und Irmgardis saßen schon mit ihren Schwestern und dem Gesinde am Tisch. Freydis fütterte die Kleinen. »Die Zwillinge sind eingeschlafen«, berichtete sie.
Unaufgefordert brachte Hilde Candamir ein deftiges Frühstück aus Fischsuppe und saurem Kohl. »Hier, iss, Herr. Wer weiß, wann du das nächste Mal Zeit dazu findest.«
Bis zu diesem Moment hätte er geschworen, er könne keinen Bissen hinunterbringen, aber er fiel beinah heißhungrig über die würzigen Speisen her.
»Was ist denn, Vater?« Nils wies aus dem offenen Fenster.
»Warum versammeln sich die Männer?«
Candamir brach sich ein Stück Brot ab. »Ich bin nicht sicher. Aber ich nehme an, die alte Brigitta ist gestorben.«
»Oh«, machte Nils beklommen. Er wusste, »gestorben« bedeutete »nicht mehr da«. In Brigittas Fall war das für ihn persönlich kein großer Verlust – anders als bei Tjorv, der vergangenen Winter an Wundbrand gestorben war, nachdem er sich mit einem Meißel an der Hand verletzt hatte. Brigitta war in Nils’ Vorstellung nur eine ferne, beinah entrückte Gestalt, die irgendetwas mit irgendwelchen Göttern zu tun hatte. Aber er spürte, dass es ein wichtiges Ereignis war, welches seine großen Pläne für den Tag vermutlich zunichte machen würde. »Also gehen wir heute nicht zu Berse?«, fragte er, seine Enttäuschung unüberhörbar.
»Ich denke nicht, nein«, antwortete Candamir kurz angebunden.
Berse war dabei, Candamir ein Schiff zu bauen. Der Rumpf war fertig, und Candamir hatte vorgehabt, nach seiner Rückkehr aus den Bergen ein oder zwei Tage mit Berse und dessen Söhnen zu verbringen, um bei den Arbeiten an Reling und Deck selbst mit Hand anzulegen. Er hatte Nils versprochen, er würde ihn mitnehmen, und der Kleine hatte dem Ereignis entgegengefiebert. Nun ließ er die Schultern hängen und senkte den Kopf tief über seine Milchschale.
»Hör auf zu flennen, Bengel«, knurrte sein Vater. »Bist du nicht gerade erst von einem Ausflug zurück? Hier zu Hause gibt es Pflichten, um die du dich zu kümmern hast, oder nicht? Wie wäre es, wenn du zur Abwechslung einmal daran denkst? Und wenn du nicht lernst, dich zu beherrschen, nehme ich dich nirgendwo mehr mit hin.«
Nils wurde immer kleiner und schluchzte erstickt auf.
Siglind warf Candamir einen äußerst finsteren Blick zu. Sie fand, er war viel zu schroff und ungeduldig zu seinem Sohn – so wie früher zu seinem Bruder – und schien ständig zu vergessen, dass Nils erst sechs Jahre alt war.
Sie hob den Jungen auf ihren Schoß. »Ihr werdet bestimmt in ein paar Tagen zu Berse gehen«, sagte sie tröstend. »Es ist ja nicht so, als wäre es besonders eilig mit unserem Schiff, nicht wahr?«
Nils fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen. »Nein, Mutter«, murmelte er kleinlaut.
»Nein, Mutter«, ahmte Candamir ihn nach, wobei er das weinerliche Stimmchen treffsicher imitierte. Und im gleichen Tonfall fuhr er fort: »Ich weiß ja, dass du nichts von diesem Schiffsbau hältst, Mutter. Wir sind auf einer Insel irgendwo im weiten Meer, also wo in aller Welt sollen wir hinsegeln?«
Irmgardis lachte über die verstellte Stimme und die komischen Possen ihres Vaters, und Siglind musste wider Willen einstimmen, bemerkte aber gleich darauf: »Eine durchaus berechtigte Frage, auf die ich immer noch keine befriedigende Antwort bekommen habe.«
»Glücklicherweise gibt es kein Gesetz, das einem Mann vorschreibt, die vielen Fragen seiner Frau zu
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