Die Siedler von Catan.
darüber verloren hatten: Er musste länger durchhalten und besser sein als seine Altersgenossen, denen er ein Vorbild zu sein hatte. Also ruderte er. Und als ihm schwindelig wurde und er glaubte, er könne nicht mehr weiter, schloss er die Augen und zählte die Ruderschläge. Er zählte immer von eins bis zwölf, ehe er wieder von vorn begann, denn Zählen und Rechnen war nicht seine Stärke. Doch es erfüllte seinen Zweck. Nicht er sank ohnmächtig von der Bank, sondern Wiland und dann Haralds Sohn Godwin, der doch über ein Jahr älter war als er. Und wenig später gab Olaf das Signal zum Anhalten.
Candamir übergab das Steuer Osmund und trat zu seinem Bruder. »Gut gemacht«, sagte er leise.
Hacon lächelte. Es kam nicht besonders häufig vor, dass er von Candamir ein Lob erntete. Der ergriff seine Rechte und begutachtete kritisch die Handfläche. »Keine Blasen«, bemerkte er zufrieden.
Unwillig befreite Hacon seine Hand. »Ich bin kein Milchbart mehr, Candamir.«
»Nein, ich weiß. Trotzdem wirst du morgen mit dem Sachsen die Plätze tauschen, damit deine Arme und Hände gleichmäßig beansprucht werden.«
»Wie du willst.«
Siglind trat zu ihnen und reichte Hacon und auch Austin, der backbord auf der Nachbarbank saß, eine kleine Schale mit einer Hand voll frischer Krabben, die sie morgens aus dem Meer geholt hatten. »Hier, gegen den ärgsten Hunger.«
Wie jeder der Knaben an Bord des Falken war Hacon so rettungslos in Siglind verliebt, dass ihm das Blut in den Kopf schoss und die Kehle eng wurde. Sein Dank war ein unwürdiges Gestammel.
Siglind schien es nicht zu bemerken. Für einen Herzschlag legte sie ihm die Hand auf den Arm. »Sollten wir diese Insel je erreichen, wirst du in die Lieder eingehen, die dort gedichtet werden: der tapfere Hacon, der sein Volk mit seiner Hände Kraft ins gelobte Land brachte.«
Hacon war sicher, sie machte sich über ihn lustig.
Der Sachse hob ruckartig den Kopf. »Sagtest du, das ›Gelobte Land‹?«
Sie wandte sich ab, ohne ihn zu beachten. Doch als er auf seine Schale hinabblickte, sah er, dass sie wesentlich weniger Krabben enthielt als Hacons, dafür lagen daneben zwei kurze, rote Wollfäden. Man brauchte nicht viel Fantasie, um zu erkennen, was sie darstellten: Es war ein
Kreuz.
Ein schwacher, böiger Wind erhob sich um die Mittagsstunde des nächsten Tages. Sie ließen die Ruder weiter besetzt, denn solange sie in Küstennähe blieben, mussten sie mit Verfolgung von den Kalten Inseln rechnen.
Hacon litt am schlimmsten Muskelkater seines Lebens. Nach ein, zwei Stunden lockerten sich die Glieder, und es wurde ein wenig besser, aber er war dankbar für die merkliche Unterstützung durch das Windchen.
Austin saß auf seiner Ruderbank, hob und senkte die Arme wie ein Schlafwandler, den Blick unverwandt nach rechts gerichtet, auf die walisische Küste. Er litt Höllenqualen. Vielleicht eine Viertelmeile waren die zerklüfteten, schwarzen Klippen entfernt. Es sah beinah so aus, als brauchte er nur die Hand auszustrecken, um sie zu berühren. Keine Distanz für einen guten Schwimmer. Und das war er, auch wenn er diese Tatsache vor den Elasundern bislang immer zu verheimlichen gewusst hatte, denn er stammte von der Küste in Sussex und hatte die Sommer seiner Kindheit großteils im Meer verbracht. Möglicherweise schwamm er gar schneller als Osmund und Candamir, die sich doch für unschlagbar hielten. Es wäre auf jeden Fall einen Versuch wert. Da vorn lag Wales. Kein angelsächsisches Land, aber dünn besiedelt, und der christliche Glaube war auch dort schon weit verbreitet. Es war gewiss nicht schwierig, es zu durchqueren. Und dann ein, zwei Tage, und er wäre bei seiner Familie. Ein Tag mehr bis zu dem Kloster, von dem er vor so langer Zeit so voller Tatendrang und hochfliegender Pläne aufgebrochen war. Die Heimat. Da lag sie, zum Greifen nah. Er brauchte nur mit einem plötzlichen Satz über Bord zu springen. Er wusste, er hatte gute Chancen, es zu schaffen. Die Tage der Knechtschaft wären vorbei, einfach so. Er wäre wieder ein angesehener Mann, Sohn eines angelsächsischen Thane, ein geachteter Gelehrter. Und eines war klar: Dies war seine letzte Gelegenheit, Vater, Mutter und Geschwister wiederzusehen. Und den Abt, der ihn Lesen und Schreiben gelehrt hatte. Morgen würden sie das Horn des Frankenlandes sichten und die Küste verlassen, und er würde mit diesen Wilden ins Ungewisse segeln. Eine neue Welt finden oder, was weitaus wahrscheinlicher war,
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