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Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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einzugehen.«
    »Wenn Sie es sich nicht vorstellen können, warum fragen Sie mich dann überhaupt?«
    »Weil ich Sie hier rausbringen will, aber das geht nur, wenn ich Beweise finde, die Sie entlasten. Ich kann auch nicht begreifen, weshalb Sie keinen Anwalt wollen. Sie können das nicht alleine schaffen.«
    Er zuckte lediglich die Schultern. »Ich bin in Ihrer Hand.« Er lachte kurz auf. »Und das ist ein Gefühl … Sie können das vielleicht nicht verstehen, aber ….Wissen Sie, wer dieses Gefühl des Ausgeliefertseins so glaubhaft und echt geschildert hat, wieder und immer wieder, dass man denken könnte, er sitze hier anstelle von mir?«
    Myriam wusste, er sprach von Franz Kafka, aber sie reagierte nicht.
    »Kafka. Kafka hat immer wieder darüber geschrieben, und zeugt es nicht von Irrsinn, dass ausgerechnet mir dasselbe passiert, was auch Josef K. im Roman Der Prozeß zustößt?« Er unterbrach sich kurz und schüttelte ungläubig den Kopf. »Wie Josef K. wurde auch ich von heute auf morgen verhaftet.«
    Sie schwieg.
    »Wissen Sie, ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit diesem Thema.«
    »Welchem Thema?«
    »Dass wir Menschen nur ein Spielball sind. Dass wir gutgläubig einer fremden bösen Macht dienen. Man erzählt uns, es gibt die Freiheit des Denkens …« Er lachte bitter auf. »Diese Freiheit ist eine Lüge. Nein, wir sind nicht frei. Wir alle sind Gefangene. Franz Kafka hat das erkannt. Ich selbst habe es vor Jahren in Prag erfahren. Ihre Kollegen denken, ich sei der Prototyp des verrückten Professors. Vielleicht haben sie recht. Vielleicht wird man auch verrückt, wenn man die Wahrheit so deutlich vor sich liegen sieht, man das Gefühl hat, man brauchte sie nur zu ergreifen, um sie mit den eigenen Händen zu zerquetschen.«
    Myriam stockte für einen Augenblick der Atem. Für sie hörte sich das Ganze tatsächlich an, als sei Milan Hus verrückt.
    »Entweder man ist schuldig oder nicht«, fuhr er fort. »Etwas anderes gibt es nicht in den Augen Ihres Gesetzes, oder? Doch Schuld ist komplizierter! Gerade weil Schuld wie Unschuld menschliche Kriterien sind …«, er zögerte, »und nicht gottgegeben.«
    Jetzt war er wieder der Professor, der Theorien spann. Würden diese Gedanken der Welt je nutzen? Vielleicht nicht, dennoch offenbarten sie einen verborgenen Sinn.
    Nein, Myriam, sagte sie zu sich selbst. Lass dich nicht auf diese Gedankenspiele ein. Sie versuchte ihn zu unterbrechen, doch er ließ sich nicht stoppen. Zunehmend unruhig wurde sie, als er nicht aufhörte, über Schuld und Unschuld zu sprechen.
    »Seit Beginn«, unterbrach sie ihn schließlich energisch, »schlägt die Menschheit sich gegenseitig die Köpfe ein. Sie hat verdammt lange gebraucht, um sich darauf zu einigen, was Recht ist und was Unrecht. Ich dachte, wir alle hätten den Unterschied verstanden.« Sie machte eine Pause und fuhr dann fort, um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben. »Ich habe gehört, Sie verbieten Studenten, Sekundärliteratur über Kafka zu lesen. Das erscheint mir ehrlich gesagt anmaßend.«
    »Das mag sein, und wenn ich ehrlich bin, habe ich mir damit nicht viele Freunde gemacht. Aber ich bin nun einmal der tiefen Überzeugung, dass Literatur aus der Begegnung des Einzelnen mit dem Text entsteht. Es gibt keine vorgeschriebene Wirkung. Literatur löst in jedem etwas anderes aus.«
    »In diesem Fall«, stellte Myriam fest, »zwei Morde.«
    Er antwortete nicht, deshalb fuhr sie fort: »Aber in einem gebe ich Ihnen recht. Wenn es hart auf hart kommt, dann spielt auch für mich nur ein Original eine Rolle. Die zehn Gebote. Und darin steht nun mal: Du sollst nicht töten. Ich würde sagen, ein Mann Ihres Verstandes müsste doch klar und deutlich sagen können, ob er Helena Baarova und Justin Brandenburg umgebracht hat oder nicht.«
    Er machte eine gleichgültige Bewegung mit der Hand. Sie holte tief Luft und sagte dann, ohne ihn aus den Augen zu lassen: »Jemand hat mir erzählt, Helena Baarova habe Sie für ihren Vater gehalten, und das sei der Grund für sie gewesen, nach Frankfurt zu kommen, nicht ihre Karriere als Tänzerin.«
    Er erhob sich plötzlich abrupt, wobei er gegen den Tisch stieß, der sich jedoch nicht bewegte, da er am Boden festgeschraubt war.
    »Sie wussten das, oder?«, fragte Myriam.
    Er antwortete nicht und mied ihren Blick.
    Für einige Zeit herrschte Stille. Er setzte sich wieder, um weiter auf den Tisch zwischen ihnen zu starren.
    »Sie können mir nicht helfen«, sagte er

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