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Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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die Gefängnisleitung zu informieren und anschließend Hus ins Präsidium zu bringen, wie sie es vereinbart hatten.
    Mit einem Piepsen meldete das System eine Mail, und eine halbe Stunde später lag die Aufhebung der Untersuchungshaft gedruckt vor ihr. Sie musste nur noch unterschreiben.
    Ein Fehler war rückgängig gemacht worden. Das Gefühl der Erleichterung überraschte sie selbst. Sie wertete ihre Entscheidung als ersten Erfolg in dieser Ermittlung, in der vor allem Fehler gemacht worden waren. Dies sollte sich nun unter ihrer Leitung ändern.
     
    Es würde zwei Stunden oder länger dauern, bis Hus das Gefängnis tatsächlich verlassen konnte. Daher beschloss Myriam, endlich den geplanten Großeinkauf zu starten. Sie entschied sich für einen Supermarkt in der Nähe des Polizeipräsidiums, damit sie so schnell wie möglich dort sein konnte, um an der Vernehmung von Hus teilzunehmen. Den Gedanken, er könne sich noch immer weigern, mit ihnen zu sprechen, verdrängte sie.
    Hektisch und orientierungslos rannte sie in dem Markt umher, unentschlossen, was sie einkaufen wollte. Schließlich begann sie alles einzuladen, was ihr in die Augen fiel. Je länger sie den Wagen durch die Gänge schob, desto hungriger wurde sie. Sie entwickelte plötzlich Heißhunger, ja geradezu eine unerträgliche Gier auf Gemüse, Obst und Milchprodukte. Nachdem auch wirklich nichts mehr in den Einkaufswagen passte, schob sie diesen Richtung Kasse und reihte sich in die lange Schlange ein. Immer wieder sah sie nervös auf die Uhr in der Erwartung, ihr Handy würde endlich klingeln. Doch es war noch zu früh, beruhigte sie sich. Irgendwann blieb ihr Blick am Zeitschriftenstand hängen, wo sie wahllos nach einem Rezeptheft griff.
    Tim Mälzer. War das nicht der, der damit prahlte, sich nicht allzu große Mühe mit dem Kochen zu geben? Jedenfalls fand Berit seine Rezepte genial für jede Einsteigerhausfrau.
    Myriam war gerade dabei, ein Rezept zu lesen, als ihr Blick auf die Abendausgabe einer Zeitung fiel. Der Hungerkünstler - Ein Professor als Mörder.
    Hus’ Verhaftung war die Schlagzeile des Tages. Ihr war bisher nicht bewusst gewesen, welches Aufsehen der Mord an Justin Brandenburg in der Öffentlichkeit erregte. Obwohl es ihr nun logisch erschien, wenn sie sich an das Bild des abgemagerten Liebhabers eines renommierten Professors erinnerte. Entsprechend lautete auch der Untertitel: Verzweifelte Liebe im Elfenbeinturm.
    Sie griff nach der Zeitung und kehrte auf ihren Platz in der Schlange zurück, was ihr einen strafenden Blick des Hintermannes einbrachte, in dessen Wagen sich lediglich ein Kasten Bier befand. Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, ihm Vortritt zu gewähren, doch dann entschied sie sich anders.
    Eine Minute später war sie in den Artikel vertieft, der alle Details aus dem Lebenslauf von Milan Hus enthielt. Sein politisches Engagement wie die schmierigen Details seiner Bisexualität.
    Zeitungen waren nicht an der Wahrheit interessiert, sondern an Geschichten. Wenn die Medien Glück hatten und einigermaßen intelligente Recherchen anstellten, deckten sich die Geschichten mit der Wahrheit. Aber nicht in diesem Fall. Der Artikel, stellte Myriam mit einem Gefühl tiefer Befriedigung fest, war bereits veraltet. Innerhalb weniger Stunden würde Milan Hus frei sein.
    Ihr Handy klingelte ausgerechnet in dem Moment, als sie gerade ihre Einkäufe aufs Band warf, völlig überfordert von dem Tempo, in dem die Kassiererin die Waren über den Laser zog.
    Ausgerechnet jetzt. Ein kurzer Blick auf das Display zeigte Henris Nummer. Sie drehte sich kurz um. Ihr Hintermann musterte sie missmutig mit verschränkten Armen. Das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt, schob sie weiter hektisch ihre Einkäufe auf das Band.
    »Wo bist du?«, rief Henri.
    »Was ist los?« Die beiden Quarkpackungen drohten vom Band abzurutschen, als sie diese auf die Kartoffeln legte. Sie konnte sie gerade noch festhalten. »Kann ich dich in fünf Minuten zurückrufen? Ich stehe hier gerade an der Kasse.«
    »Nein!«
    Was war passiert?
    Der Einkaufswagen war noch immer zur Hälfte gefüllt. Hinter ihr hatte sich eine noch längere Schlange gebildet. Die Kassiererin beobachtete sie, ungeduldig darauf wartend, dass sie endlich den Rest auf das Band legte.
    Doch Myriam blieb einfach stehen. »Was ist los?«
    »Milan Hus.« Henris Stimme klang seltsam tonlos.
    »Was ist mit ihm?«
    »Ich bin zu spät gekommen.«
    Myriams Herzschlag beschleunigte sich

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