Die Signatur des Mörders - Roman
sich Myriam zu. »Die beiden haben heute Nachmittag ihren Theaterkurs in der Schule.«
»Theaterkurs?« Simons Mutter lachte verlegen. Sie hatte keine Ahnung, dass ihr Sohn überhaupt an so einem Kurs teilnahm. Starke Zweifel regten sich in Myriam.War es eine gute Idee gewesen, David hier wohnen zu lassen? Gab es überhaupt jemanden, der sich um ihn kümmerte außer einer Hausangestellten?
Ron wandte sich nun an diese: »Bevor wir zu der Schule fahren, würden Sie uns vielleicht einige Fragen beantworten?«
»Ja, natürlich.«
»Wo können wir ungestört reden?«, fragte er mit einem kurzen Seitenblick auf die Herrin des Hauses, die unruhig mit dem Riemen ihrer Handtasche spielte. »Sie wollten ja gerade gehen«, fügte er hinzu.
»O ja, ich bin in der Stadt verabredet.« Sie deutete auf ihre Armbanduhr und schob sich an Myriam vorbei. Den Rücken angestrengt gerade haltend, ging sie Richtung Straße, drehte sich dann noch einmal um und fragte unsicher: »Werden Sie auch mit meinem Mann sprechen?«
»Sicher«, antwortete Ron.
»Prego, erzählen Sie nichts von dem Theater. Er will nicht, dass Simon sich mit diesen Dingen beschäftigt.«
»Mit welchen Dingen?«, fragte Ron.
»Theater, Kunst, Literatur«, sie machte eine kurze Pause. »Zirkus. So nennt er es. Zirkus.«
»Ich verstehe.«
Doch Myriam kannte ihn besser. Er verstand gar nichts, außer dass sich hinter der Fassade dieser Frau, dieses Hauses, hinter dieser Idylle eines englischen Rasens und gelber Teerosen das böse Drama einer Familie offenbarte.
Signora Sanden stöckelte auf ihren hohen Absätzen den schmalen Gartenweg entlang und wandte sich am Tor noch einmal um, um Ron zum Abschied ein Lächeln zu schenken.
»Kommen Sie doch mit in die Küche«, forderte Frau Kramer sie auf. »Ich kann Ihnen einen Kaffee kochen, oder bevorzugen Sie ein Wasser?«
»Kaffee wäre nicht schlecht«, nickte Ron dankbar. »Wieder zu wenig Schlaf letzte Nacht.«
Die Bemerkung zauberte die Andeutung eines Lächelns auf das Gesicht von Frau Kramer. »Dann folgen Sie mir.« Sie ging voraus, und die letzte Tür links führte in eine große Küche, die im Landhausstil eingerichtet war. Sie wurde von dem großen Esstisch in der Mitte des Raums beherrscht. Mit einer Handbewegung lud Frau Kramer sie ein, Platz zu nehmen.
»Kaffee für Sie beide?«
Myriam nahm Platz und antwortete: »Ich glaube, ein Tee wäre mir lieber, wenn es keine Mühe macht.«
»Überhaupt nicht. Orange Pekoe?«
»Ja, danke.«
»Kommt sofort.«
Frau Kramer nahm aus einer Dose zwei Löffel Tee und gab sie in eine silberne Kanne. Dann füllte sie einen blitzblank geputzten Wasserkocher aus Glas, nahm aus einem der Schränke einen Filter und setzte ihn auf eine Kaffeekanne aus Porzellan. »Ich ziehe frisch gebrühten Kaffee vor«, erklärte sie. »Sie werden feststellen, dass es sich lohnt.«
Wenige Minuten später übergoss sie sowohl den Tee als auch das Kaffeepulver mit heißem Wasser, und augenblicklich erfüllte ein intensiver Geruch nach Kaffee den Raum.
»Wie lange arbeiten Sie schon hier?«, fragte Ron.
»Über zehn Jahre.« Sie strich sich verlegen die Haare zurück.
»Dann kennen Sie Simon seit seiner Kindheit?«
»Er war vier, als ich ins.Haus kam. Warum fragen Sie mich das alles? Hat er etwas angestellt?« Ihr Gesicht wirkte plötzlich ablehnend.
»Nein, nein, es geht um David.«
Sie entspannte sich: »Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Erzählen Sie uns etwas über ihn.«
»David?« Sie runzelte die Stirn. »Ein lieber Junge. Etwas still vielleicht, aber sehr gut erzogen und ausgesprochen höflich.«
»Wie hat er den Tod seines Vaters verkraftet? Wirkt er irgendwie anders? Macht er einen unglücklichen Eindruck?«
Frau Kramer reichte Myriam den Tee, stellte eine Kaffeetasse vor Ron, und endlich standen auch Milch und Zucker auf dem Tisch. Sie nahm Platz. »Entschuldigen Sie, was haben Sie gefragt?«, wandte sie sich an Ron.
»Wie hat David den Tod seines Vaters verarbeitet?«
»Wenn Sie mich fragen, zu gefasst für sein Alter. Er ist vielleicht noch schweigsamer als sonst, obwohl, wenn ich die beiden manchmal höre, wenn sie alleine sind, reden sie sehr viel miteinander. Davids Anwesenheit ist gut für Simon.«
»Und in der Schule?«, wollte Ron wissen. »Ist irgendeinem der Lehrer etwas aufgefallen?«
Sie zuckte die Schultern. »Ich glaube nicht.Wie Simon ist auch David ein ausgezeichneter Schüler. Die beiden sind wirklich gut befreundet. Gott sei Dank.«
Sie sagte das
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