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Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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es sich handeln, mochte nicht älter als vierzig sein, wirkte jedoch in dem lachsfarbenen Kostüm und den hohen Pumps wie fünfzig. Der Typ, der bereits zum Frühstück goldene Gürtel trug. In der rechten Hand hielt sie eine hellbraune Handtasche aus Krokodilleder.
    »Prego?«, fragte sie verwundert und übertrieben laut. Myriam roch den Alkohol, und jetzt verstand sie erst den Grund für die geröteten Wangen. Mit einem Seitenblick auf Ron erkannte Myriam, dass ihm derselbe Gedanke durch den Kopf schoss.
    »Frau Sanden?«, fragte er und zog seinen Dienstausweis hervor. »Wir ermitteln im Fall Milan Hus.«
    Augenblicklich wandte sich ihr Interesse ausschließlich ihm zu. Myriam begriff: Frau Sanden war der Typ, für den andere Frauen unsichtbar blieben, und so sah Simons Mutter einfach durch sie hindurch.
    »Ich bin am Gehen«, erwiderte die Frau mit heiserer Stimme, verlangsamt durch den Alkohol, als schleppe sie sich mühsam durch die fremde deutsche Grammatik.
    »Wir werden Sie nicht lange aufhalten«, erklärte Ron.
    »Ich weiß nicht …«
    »Können Sie uns sagen, wo Simon und David sich aufhalten?«
    »Die Jungen? Vermutlich oben in ihrem Zimmer. Ich gebe Frau Kramer Bescheid.« Hilfe suchend warf sie einen Blick über die Schulter.
    »Vielleicht würden Sie uns zunächst einige Fragen beantworten«, sagte Ron geduldig.
    Frau Sanden dachte offenbar nicht daran, sie hereinzubitten, und vielleicht wollte Ron sie nicht noch nervöser machen, jedenfalls wich er einen Schritt zurück: »Sie haben David aufgenommen, nachdem das mit seinem Vater passiert ist. Das war sehr großzügig von Ihnen.«
    Sie lächelte geschmeichelt. »Schreckliche Sache, und er ist ja auch ein netter Junge.« Sie machte eine kurze Pause und sah erneut Ron an. »Ich mache mir allerdings Sorgen, ob David einen guten Einfluss auf Simon hat. Der Tod seines Vaters...« Sie mied das Wort Selbstmord. »… schrecklich!«
    »Wie hat er es verkraftet?«, fragte Ron, während Myriam sich im Flur umsah. Geld spielte in diesem Haus keine Rolle.
    »Mein Gott, Jungen in diesem Alter, wer versteht, was in ihnen vorgeht? Aber es gibt eine Psychologin an der Schule, die sich um solche Dinge kümmert.«
    »Und was ist Ihr Eindruck?«
    Sie erschrak, als wäre sie nicht gewohnt, nach ihrer Meinung gefragt zu werden. Unsicherheit flackerte in ihrem Blick auf. »Ich weiß nicht.«
    »Und hat Ihr Sohn das schreckliche Erlebnis überwunden?«
    »Was?« Frau Sanden begriff nicht, wovon Ron sprach.
    »Ich meine die tote Tänzerin«, erklärte Ron ungeduldig.
    »Ach das?« Sie blickte Ron aus leeren Augen an, nein, sie starrte einfach an ihm vorbei hinaus auf den Vorgarten. »Bene. Gut.«
    Myriam verkrampfte sich unwillkürlich und versuchte vergeblich, die Aggression, die in ihr hochstieg, zu unterdrücken. »Haben Sie nicht mit Simon darüber gesprochen?«, fragte sie barsch.
    Erneut richtete Frau Sanden den Blick um Unterstützung bittend auf Ron, der jedoch schwieg, sodass sie nach einem kurzen Moment nervös stammelte: »Gesprochen? Ich? No.«
    Weder Ron noch Myriam antworteten. Die Vorstellung, dass diese Mutter den Sohn in so einer Situation alleingelassen hatte, machte sie sprachlos. Frau Sanden schien das tiefe Befremden zu spüren, denn zunehmend aufgeregter fuhr sie fort: »Aber sein Vater. Er hat ihm ein Beruhigungsmittel gegeben. Wir leben getrennt. Wenn Simon älter ist, kehre ich nach Bologna zurück.«
    Ron räusperte sich, holte die Zigaretten aus der Tasche und hielt ihr die Packung entgegen.
    »Oh«, die Frau lachte kurz auf und nahm das Angebot an. »Entschuldigen Sie. Ich bekomme nie Besuch von der Polizei. Das macht mich nervös.«
    Die Zigarette zwischen gestrecktem Zeigefinger und Mittelfinger haltend, reckte sie ihren Kopf nach vorne, als Ron ihr das Feuerzeug entgegenhielt, bis sie gegen dessen Hand stieß.
    »Könnten wir mit den beiden sprechen?«, fragte er. Frau Sanden wandte sich um und rief nun in herrischem Tonfall: »Frau Kramer?«
    Es dauerte nur wenige Sekunden, und eine Frau, allem Anschein nach die Haushälterin, erschien in der Tür. Ihre grauen Haare waren sorgfältig nach oben frisiert, und sie trug eine weiße Schürze.
    »Die Herrschaften sind von der Polizei …«, erklärte Frau Sanden. »Sie wollen die Jungen sprechen.«
    »Sie sind noch in der Schule, Signora.«
    »Oh«, stieß Simons Mutter hervor.
    Frau Kramer kam näher. Ihr Blick fiel missbilligend auf die Zigarette in der Hand ihrer Arbeitgeberin. Dann wandte sie

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