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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Rücken immer zugeflüstert hatten: »Hat der Hannes zuviel Wein, dann laß ihn besser allein.« Welche Ironie des Schicksals, daß Hannes’ Trinkerei ihn letztendlich selbst das Leben kostete, nachdem er in betrunkenem Zustand seinen Mitmenschen jahrelang Angst und Schrecken eingejagt hatte! Obwohl er dem Urteil der anderen Hauptleute insgeheim recht gab, war Jerg bedrückt. So jedenfalls hatte er sich den Feldzug der Bauern nicht vorgestellt.
    Eines war den Hauptleuten jedoch gelungen: Hannes Rauners gewaltsamer Tod stellte für die ungeduldig und dadurch unbeherrschbar gewordenen Männer in der Tat eine Abschreckung dar. Es herrschte gedrückte Stille im Lager.
    Die Hauptmänner nutzten diese Verschnaufspause für erneute Beratungen. Das dringlichste Problem war ihre ungenügende Ausrüstung: Ein Heer von über sechtausend Mann und lediglich ganze dreizehn Karrenbüchsen, gezogen von ein paar Gäulen, die ihre besten Tage längst hinter sich hatten – wie sollten sie da auch nur eine Schlacht gewinnen? Die Handvoll Büchsen, Speere und Spieße, die ihnenzur Verfügung standen, halfen auch nicht weiter. Waffen mußten her, egal von wo und wie! Es war Jerg, der die zündende Idee hatte. Warum nicht einige der umliegenden Burgen stürmen? Dort gäbe es sicherlich Kanonen und Waffen genug! Nachdem man sich mit ein paar ortskundigen Bauern aus nah und fern beratschlagt hatte, stand es fest: Am nächsten Tag würde man nicht nur die nahegelegene Burg Teck, sondern noch drei andere Burgen der Alb stürmen und dabei hoffentlich viele Kanonen ergattern.
    Wieder einmal war es Matern Feuerbacher, der zur Mäßigung aufrief. »Von den Herren der Teck sind keine Schandtaten bekannt, weder forderten sie unmäßige Fronen noch übermäßige Abgaben. Daher soll die Burg verschont werden. Lediglich deren Kanonen werden wir uns einverleiben.« Eindringlich sprach er auf seine Mitstreiter ein. Doch erneut wurden seine Worte überhört. Wenige Tage später brannte die Burg Teck lichterloh.
    Da brach ein Streit zwischen den Hauptleuten aus, der alle bisherigen an Heftigkeit übertraf. Wieder einmal drohte Feuerbacher – wütend über Wunderers Feuerlust – damit, einfach wegzugehen und die Sache an den Nagel zu hängen. Womöglich hätte er seine Drohung sogar wahrgemacht. Doch dann erreichte sie die Nachricht, daß der Bauernjörg sich zielstrebig näherte. Angesichts dieser Tatsache mußten die Pläne, nach Tübingen zu ziehen, um den Erzherzog aufzusuchen, nochmals überdacht werden. Schließlich wollten sie nicht als Feiglinge dastehen, die vor dem württembergischen Heer Reißaus nahmen! Man beschloß, in der Nähe von Stuttgart zu bleiben und die Entwicklung der Dinge erst einmal abzuwarten. So ging es am nächsten Tag nach Nürtingen, wo die Bauernhauptleute es sich im gut bestückten Weinkeller des Stadtvogtes Sebastian Keller schmecken ließen. Auch für den Rest der Bauern war gut gesorgt: Nürtingen war eine reiche Stadt, deren Vorräte ohne weiteres für ein doppelt so großes Heer ausgereicht hätten. Nach ausgiebigemZechen und gestärkt von reicher Speise machten sie sich erneut auf den Weg nach Stuttgart. Geduldig trotteten die Männer ihren Anführern nach, ohne einen wirklichen Sinn in ihrem Tun zu erkennen. Für sie war eine Straße wie die andere, eine Stadt wie die nächste. Enttäuscht legten sie sich des Nachts auf ihren kalten und unbequemen Lagern nieder. Die Schlachten, die sie so tapfer kämpfen wollten, blieben aus. Inzwischen schlossen sich bei weitem nicht mehr so viele Bauern ihrem Zug an wie noch vor ein paar Wochen. Heute mußten sie in den Dörfern regelrecht darum betteln, daß sich weitere Männer zu ihnen gesellen mochten. Und trotz der neu eingeführten Feldordnung gab es täglich mehr Bauern, die müde und enttäuscht in ihre Heimatdörfer zurückliefen, ohne daß die Hauptleute etwas dagegen tun konnten.
    In Degerloch wurde die Eintönigkeit ihres Zuges endlich einmal unterbrochen, als Jäcklein Rohrbach mit fast eintausendvierhundert Mann zu ihnen stieß. Leidenschaftlich berichteten dessen Männer von der Plünderung des Klosters Maulbronn. Rohrbach, so meinten sie, sei aus dem rechten Holz geschnitzt, nicht wie die Führer der anderen Bauernhaufen, die wie Memmen von einem Ort zum anderen schlichen, ohne wirklich Rache zu üben.
    Begeistert stellten die Hauptleute fest, daß ihr Heer mit Rohrbachs Männern nun weit über zehntausend Köpfe betrug. Nun sei man stark genug, dem Truchseß und

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