Die Silberdistel (German Edition)
sollen bewaffnet mit Speer und Spieß losmarschiert sein und sich dann vor den Stadttoren zusammengerottet haben.«
Jerg war sprachlos! Das alles sollte am gestrigen Tage geschehen sein?
»Davon hat man in Taben aber nichts mitbekommen! Das ist ja … unglaublich! Was haben denn die Büttel und der Schultes von Schorndorf daraufhin getan?«
»Nun, mein Informant saß natürlich nicht mit dem Stadtrat zusammen in einer Stube … Ich kann mir jedoch recht gut vorstellen, daß es den Herren nicht besonders wohl war bei der Sache! Doch zu deren Glück befand sich auch der Vogt von Schorndorf, ein gewisser Georg von Gaisberg, in ihrerRunde. Ich kenne den Mann schon seit Jahren und muß sagen, er ist wirklich aus rechtem Holz geschnitzt. Und außerdem bei der Landbevölkerung sehr beliebt! Dieser Georg ging nun zusammen mit dem Statthalter Adelmann von Adelmannsfelden vor die Tore zu den Bauern hinaus. Dort sprachen sie mit den Aufständischen, ließen ihnen sogar aus der Stadt reichlich Wein und Brot bringen, um sie zu besänftigen.«
»Aber das hat doch nicht funktioniert, oder?« Nachdem die Bauern soviel auf sich genommen hatten, ließen sie sich doch sicher nicht mit ein paar leeren Versprechungen abspeisen! Jerg schüttelte den Kopf. Das alles war nun wirklich nicht leicht zu verdauen. Da wünschte er sich seit langem nichts mehr, als daß sich endlich etwas tun würde, und nun hatte es den Anschein, als ob etwas schon längst im Gange wäre!
»Doch, zum Schein gingen die Aufständischen darauf ein, denn so war es von den Hauptleuten geplant gewesen! Nachdem sich die Leute den Wein und die Speise haben schmecken lassen, sind alle wieder ganz ruhig in ihre Dörfer abgezogen. Denn das Ganze war eigentlich nur als Warnung für die Obrigen gedacht. Wir wollten zeigen, daß der Arme Konrad schon weitaus mehr Anhänger hat, als die Herrschaften jemals vermutet hatten.«
»Tja, die Weinbauern, die sind halt doch aus einem anderen Holz geschnitzt als wir!« In Jergs Stimme schwangen Bewunderung und ein wenig Neid mit.
»So würde ich das nicht sehen.« entgegnete ihm Bantelhans. »Es ist alles nur eine Frage des richtigen Zeitpunktes. Den Weinbauern ging es halt schon seit langem noch schlechter als allen anderen. Und so waren sie die ersten, die bereit waren, sich endlich dagegen aufzulehnen. Aber ich glaube, daß nun auch hier, wie auf der ganzen Alb, die Zeit für einen Aufstand reif ist. Die anderen Anführer des Armen Konrad sehen das genauso. Und hier kommst du ins Spiel!«
Mißtrauisch hob Jerg die Augenbrauen.
»Was habt ihr denn beraten? Ist etwa so eine Wasserprobe auch für uns geplant? Sollen wir die Gewichte in die Lauter werfen?«
Bantelhans beeilte sich, jetzt, wo er Jergs volle Aufmerksamkeit hatte, ihn über seine Pläne aufzuklären. »Es geht darum, allen Bauern auf der Alb von diesen wichtigen Neuigkeiten zu erzählen. Jeder einzelne muß angesprochen und wenn möglich für unsere Aufgabe geworben werden. Ich glaube, daß du der Richtige dafür bist. Denn du hast ein umgängliches Wesen, bist bei allen gut angesehen, und die Leute vertrauen dir. Vor allem, nachdem du so heldenhaft vor dem Herzog aufgetreten bist!«
Jerg fühlte sich zwar durch das unerwartete Lob geschmeichelt, konnte sich seine neue Aufgabe trotzdem noch nicht recht vorstellen. »Aber wie soll ich die Leute denn für unsere Sache werben? Und für was soll ich sie eigentlich werben? Was ist denn als nächstes geplant?«
Bantelhans atmete innerlich auf. Jerg hatte nicht von vornherein nein gesagt! So hatte er ihn zwar auch nicht eingeschätzt, aber man konnte ja nie wissen …
»Nun heißt es, das Eisen zu schmieden, solange das Feuer noch heiß ist! Solange wir mit der Unterstützung der Bürgerschaft rechnen können, müssen wir zeigen, wie stark der Arme Konrad ist. Und darauf hoffen, daß der Herzog zur Vernunft kommt und die Steuern und noch ein paar unsinnige Gesetze mehr wieder zurücknimmt!«
»Aber damit ist’s doch nicht getan! Es muß noch viel mehr geschehen!« In Jergs Ohren hörte sich alles wieder einmal nach viel Rederei an!
»Ich will dir etwas verraten: Wenn Ende Mai in Untertürkheim Kirbe ist, soll dort der nächste große Aufstand stattfinden, an dem alle Anführer mit ihren Fähnlein teilnehmen werden. Untertürkheim liegt ungefähr in der Mitte zwischen Esslingen und Schorndorf und nahe genug zu Stuttgart, so daß jede dieser Städte etwas davon zu spürenbekommt. Und dazu brauchen wir so viele Bauern
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