Die Silberdistel (German Edition)
alle noch der Wilderei angeklagt!«
Das hätte ihm gerade noch gefehlt! Ihm war plötzlich gar nicht mehr wohl in seiner Haut. Nicht, daß er besonders ängstlich war! Aber in diesem Augenblick hatte er das Gefühl, sein Leben bestünde aus einer Fallgrube nach der anderen, diees zu umgehen galt! Wütend sah er, daß Asa hämisch grinste.
»Beruhige dich, lieber Jerg! Daß du nicht im Walde gewildert hast, sondern auf ganz anderen Gefilden, kann auch ein Blinder sehen.«
Spöttisch blickte sie auf den jungen Mann hinab, der immer noch über den Schweinekörper gebeugt war. Da kniete er nun wie ein dummer Ochs über dem Schwein!
»Das Schwein ist das Geschenk eines großzügigen Besuchers! Da brauchst du nicht so verwundert zu glotzen! Oder hast du etwa geglaubt, du wärst der einzige, dem die Hure ihre Gunst schenkt?« Asa schien sich köstlich zu amüsieren. Männer! Konnten nicht die einfachsten Zusammenhänge erkennen!
»Verfluchte Hexe, halt dein Schandmaul! Was geht dich das überhaupt an!« Jerg hätte vor Wut platzen können. »Daß du mich hier gesehen hast, geht niemanden was an! Hast du mich verstanden?« Im flackernden Schein der Öllampe konnte Jerg Asas Gesicht kaum erkennen, doch war ihr anzuhören, was sie von seiner Drohung hielt.
»Du willst mir drohen?« Asa stieß ein verächtliches Lachen aus, gerade so, als ob dieser Umstand unvorstellbar wäre. »Paß lieber auf, daß ich den Spieß nicht umdrehe!«
Mit diesen Worten riß sie Jerg die Ölfunzel aus der Hand und verschwand in ihrer Hütte.
Die Nacht war so dunkel, daß Jerg Mühe hatte, seinen Weg zu finden. Doch er wäre lieber auf allen vieren nach Hause gekrochen, als daß er Sureya oder Asa um eine Fackel für den Heimweg gebeten hätte. Wer konnte es sich leisten, ein halbes Wildschwein dafür zu geben, daß Sureya ihre Beine breit machte? Ihm lief es eiskalt den Rücken hinunter. Das konnte doch nur ein Adelmann oder einer von der Obrigkeit gewesen sein! Hastig schaute er sich um. Er hatte das Gefühl, aus jeder Ecke belauert und beobachtet zu werden. Vielleicht war der Kerl, der das Schwein vor die Tür gelegt hat, nochin der Nähe? Plötzlich überfiel ihn ein schrecklicher Gedanke! Hatte er sie vielleicht belauscht, während er Narr seinen Mund nicht halten konnte? Satz für Satz ließ er sich seine Worte zu Sureya noch einmal durch den Kopf gehen. Was hatte er da von einer guten Sache, die er unternehmen wolle, geplappert? Als er endlich sein Zuhause erblickte, hätte er vor Erleichterung heulen können. Es war ihm weder jemand gefolgt noch war er überfallen worden – Gott sei Dank!
Hätte Jerg gewußt, wie nahe er mit seiner Furcht, beobachtet und verfolgt zu werden, der Wahrheit kam, wäre es ihm wahrscheinlich nicht so leicht gefallen, den Zwischenfall einfach zu verdrängen …
Was für ein Großmaul! Asa war verärgert. An Schlaf war nach diesem zweiten Zusammentreffen mit Jerg nun nicht mehr zu denken, dazu war sie viel zu aufgebracht. Statt dessen ließ sie sich an ihrem Tisch nieder. Was konnte sein Weib nur an ihm finden? Und was für ein Zufall! Erst gestern war Marga, die sie bisher nur flüchtig gekannt hatte, bei ihr gewesen. Sicher, es kamen viele junge Mädchen, um ihre Hilfe in allerlei Dingen in Anspruch zu nehmen. Aber Marga Braun hatte sie bisher noch nicht aufgesucht, und so war Asa einigermaßen gespannt gewesen, was Marga herführte. Dann dauerte es allerdings eine halbe Ewigkeit, bis Marga hilflos stammelnd nach einem Mittel gefragt hatte, das sie empfängnisbereit machen sollte. Der ach so männliche Jerg! Schafft es nicht, seinem Weib ein Kind zu machen! Hah, wenn der wüßte, was sie seit heute von ihm wußte, wäre er vorhin wahrscheinlich nicht mehr großkotzig gewesen! Trotzdem, für sein Weib tat’s ihr leid …
Asa spürte, daß in der jungen Frau mehr steckte, als man auf den ersten Blick vermutete. Der unaufmerksame Beobachter mochte nur Margas schöne Hülle sehen. Asas Menschenkenntnis sagte ihr jedoch, daß diese schöne Hülle auf einem Fels der Stärke gebaut war. An dessen Grundfesten mochte bisher noch niemand gerüttelt haben, aber wehedem, der dies irgendwann einmal versuchte! Der würde sich an Margas Zähigkeit sehr schnell die Zähne ausbeißen! Plötzlich bedauerte sie es, nicht mehr Kontakt zu den anderen Dorfbewohnern zu haben. Hätte sie sonst eine Frau wie Marga besser gekannt, sie vielleicht sogar eine Freundin nennen können?
12.
»Ich weiß nicht, was du vorhast, Jerg,
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