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Die Silberdistel (German Edition)

Die Silberdistel (German Edition)

Titel: Die Silberdistel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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seiner Packerei inne. Seine Augen leuchteten wild in der dämmrigen Kammer. »Es ist aus, Jerg! Vorbei! Die Aufstände sind vorbei. Herzog Ulrich kommt morgen nach Kirchheim und hat es auf uns abgesehen!«
    Jergs Miene verriet seine Ratlosigkeit, und Stefan erkannte, daß er weiter ausholen mußte. In knappen, präzisen Sätzen schilderte er ihm die Geschehnisse der letzten Wochen, angefangen bei Ulrichs Betrug, von dem die Aufständischen jedoch frühzeitig Wind bekommen hatten, worauf sie zu Tausenden nach Stuttgart marschiert waren, um dort ihren eigenen Bauernlandtag abzuhalten. Danach berichtete er vom Verrat der Städte an den Bauern, der sich in dem Tübinger Vertrag in trauriger Form widerspiegelte.
    »Diese feigen Hunde! Ich habe von Anfang an geahnt, daß die Städte den Schwanz einziehen, sobald Ulrich mit der Peitsche knallt!« Jergs Empörung wandelte sich in blanken Haß.
    Doch Stefan unterbrach ihn grob. Sie hatten keine Zeit zu verlieren. Er erzählte Jerg von Dettlers Besuch, der am frühen Abend stattgefunden hatte.
    »Der Dettler – hier? So red doch! Was wollte der von uns?« An den Redner aus Schorndorf hatte Jerg schon lange nicht mehr gedacht!
    »Warnen wollt’ er uns! Seit Wochenbeginn zieht der Herzog durchs ganze Land und richtet überall ein wüstes Blutvergießen an! Auf uns hat er es abgesehen! In jeder Stadt sucht er nach Mitgliedern des Armen Konrad, und wenn er welche findet, läßt er sie aufhängen oder sperrt sie ein. Dettler konnte sich in letzter Minute noch retten. Morgen soll’s in Kirchheim ein weiteres Blutgericht geben!«
    »Dieses Schwein! Vom Pferd hätt’ ich ihn damals auf der Jagd ziehen und totschlagen sollen! In unserem Herzog steckt doch der Leibhaftige selbst!« Jerg stutzte plötzlich. »Woher weiß Ulrich eigentlich, wer beim Armen Konrad dabei ist und wer nicht? Wir tragen doch keine Schilder um den Hals!«
    »Du glaubst gar nicht, wie redselig der Anblick eines Scharfrichters die Menschen macht! Laut Dettler gibt es mittlerweile mehr Verräter als ehrliche Seelen beim Armen Konrad! Schau dich doch an! Durch irgendein Verräterschwein bist du sogar schon im Turm gelandet! Willst du, daß morgen in Kirchheim noch viel Schlimmeres passiert? Wir müssen flüchten! Dettler wartet in der Katharinenhöhle in der Nähe der Burgruine. Bevor es morgen Tag wird, will er in Richtung Schweiz aufbrechen. Dort sollen sich schon einige von uns befinden. Pregitzer hat’s geschafft und der Geißpeter auch!«
    »Flüchten? Ich kann doch nicht einfach meine Familie imStich lassen. Die wissen doch von nichts!« Hilflos sank Jerg auf einem Stapel Holz zusammen. »Und Bantelhans? Müssen wir den nicht auch warnen?«
    Stefan spuckte auf den Boden. »Bantelhans! Komm mir nicht mit dem! Unser sauberer Hauptmann hat sich schon vor drei Tagen aus dem Staub gemacht. Hat sich scheinbar unter den Röcken seines Busenfreundes Schwygkher im Uracher Amt verkrochen!«
    Wenn Jerg noch eine weitere Überzeugung gebraucht hätte, um zu erkennen, wie ernst die Lage wirklich war, so hatte er sie mit diesen Worten bekommen. Mit einem letzten Funken Hoffnung hakte er nach: »Gibt es wirklich keinen anderen Weg als die Flucht?«
    Stefans Stimme war nun etwas milder, als er verneint: »Du bist noch gefährdeter als ich, denn dich kennen sie fast überall auf der Alb, während ich nur hier in der Gegend Männer angeworben habe. Bleibst du hier, gefährdest du auch das Leben deiner Familie. So können sie immer noch sagen, sie hätten nichts gewußt, was ja auch stimmt. Dann bleibt uns die Hoffnung, daß sie in Ruhe gelassen werden. Außerdem: Wir bleiben nur so lange weg, bis Gras über die ganze Sache gewachsen ist.« Er schwang sich sein Bündel über den Rücken. »Also, was ist? Kommst du mit, oder willst du morgen einen Kopf kürzer werden?«
    »Da bist du ja endlich! Hast dich wohl zufällig daran erinnert, daß du eine Familie hast? Oder kommst du nur, weil dein Bauch knurrt?«
    Jerg hatte die Haustür noch nicht hinter sich geschlossen, als ihn Lene, die ein Huhn auf dem Schoß hatte und dieses heftig rupfte, schon mit Vorhaltungen überfiel. Auf ihrer verschwitzten Haut klebten überall Federn, und der ganze Raum roch nach geronnenem Blut und dem Schweiß, der ihr in Strömen den Körper hinunterlief.
    »Lene, wenn du mir nicht sofort sagst, wo Marga und Cornelius sind, dann dreh’ ich dir den Hals rum, daß es dirnicht besser ergeht wie dem Huhn da!« Jerg packte Lene grob an den Schultern

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