Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)
schließlich wurde eine Zugabe gefordert. Das übernahm Ciaran, der zur Harfe ein höfisches Liebeslied des alten Meisters Walther von der Vogelweide sang:
»Nehmt, Herrin, diesen Kranz,
so sprach ich zu der wunderschönen Magd,
so ziert Ihr diesen Tanz
mit schönen Blumen, die ihr herrlich tragt.
Hätt ich viel Edelsteine,
die müssten auf Eur Haupt!
Bei meiner Treu, ich meine
es ehrlich, bitte glaubt.«
Danach, es war schon spät und die Lichter niedergebrannt, gingen alle zufrieden auseinander. Nur Ezzo hatte sich in einer dunklen Wandnische verborgen. Als die Dienerschaft aus dem Saal war, trat er auf den Grafen von Drachenfels zu. »Auf ein Wort, Liebden.«
Der Graf runzelte die Stirn. »Euer Geld bekommt ihr morgen, Mann. Heut Abend will ich nicht mehr behelligt werden«, brummte er.
»Verzeiht, Liebden, darum geht es nicht.« Ezzo zog den Siegelring hervor und hielt ihn dem Grafen hin. »Ich komme im Auftrag Ihrer Majestät, der Königin.«
Der Graf riss die Augen auf und besah sich den Ring genau. Kein Zweifel, es war das Wappen der Königin. Dann musterte er Ezzo noch einmal von oben bis unten. »Euer Name?«, fragte er schließlich.
Ezzo machte eine höfische Verbeugung. »Ritter Ezzo von Riedern, Graf.«
»Setzt Euch, Herr Ritter, und sagt mir Euer Begehr.«
Eine Stunde später hatte Ezzo ein weiteres Mal seinen Auftrag erfüllt. Der Graf von Drachenfels hatte Barbaras Schreiben gelesen und erklärt, er habe grundsätzlich nichts dagegen, die Königin zu unterstützen. Die Zusage war ihm leicht von den Lippen gegangen, hatte er doch bei der Königswahl von 1410, die Sigismund zunächst verloren hatte, auf Seiten Jobsts von Mähren gestanden, was nicht gerade zu einem guten Verhältnis zwischen ihm und dem König beigetragen hatte. Vielleicht, wer konnte das schon wissen, mochte ein Band zwischen ihm und der Königin einmal von großem Nutzen sein. Zufrieden schlug er Ezzo auf die Schulter. »Hab ich doch gleich gesehen, dass in Euren Adern edles Blut fließt, mein Freund. Ein Ritter am Königshof, so etwas lässt sich nicht verleugnen, was? Sagt, wie steht’s mit Eurer Kriegskunst? Turniert Ihr gern?«
Ezzos Augen blitzten. »Das möcht ich meinen, Liebden.«
»Dann bleibt mit Euren Leuten noch ein paar Tage auf Drachenfels. Ich habe für Jakobi zum Gestech geladen. Nichts Großes, aber man muss sich schließlich die Zeit vertreiben, solang kein Krieg in Sicht ist, oder? Es kommen ein paar ganz anständige Kämpfer, Ihr würdet nicht enttäuscht werden.«
Ezzo überlegte. »Ich müsste ohne Namen auftreten … «
Der Graf lachte. »Das wäre nicht das erste Mal. So mancher hat schon mit verhängtem Wappen gekämpft, das wisst Ihr selbst.«
Die Einladung war nur zu verlockend! »Ich werde meine Freunde fragen, ob wir so lange bleiben können«, sagte er.
Jetzt, am frühen Morgen des Turniertages, spürte er sein Blut heißer durch die Adern rinnen. Ein Tjost, das war das Höchste, die Krone der ritterlichen Kriegskunst! Auch der Schimmel schien zu wissen, was bevorstand; er stampfte und rollte mit den Augen, so dass sein Herr ihm beim Satteln nach altbewährter Methode einen halben Eimer Bier zu saufen gab, um ihn ruhiger zu machen.
Die Wachtruppe der Burg hatte am Vortag im Zwinger eine Art kleiner Tribüne gebastelt, vor der auf dem Kampfplatz Sand und Sägespäne aufgeschüttet worden waren. Der Graf hatte eine ganze Anzahl adeliger Familien aus der Umgebung eingeladen, und so saßen an die hundert Zuschauer bereit, als Ezzo einritt.
Das erste Gestech würde er mit einem jungen Herrn von Heinsberg bestreiten, kaum achtzehn Jahre alt und frisch zum Ritter geschlagen. Der Knabe war, wie Ezzo schmunzelnd feststellte, unter Harnisch, Bein- und Armschienen gut gepolstert, damit er sich beim Aufprall nicht verletzte. Anfänger!
Sara stand vorne beim Gatter und schützte die Augen mit der Hand vor den hellen Strahlen der Septembersonne. Sie hatte sich von der allgemeinen Aufregung anstecken lassen und beobachtete nun, wie Ezzo und sein Gegner Aufstellung nahmen. Die Gräfin von Drachenfels erhob sich von ihrem Platz und gab das Zeichen zum Beginn. Schon sprengten die Rösser mit wuchtigen Galoppsprüngen aufeinander zu. Sara hörte das Donnern der Hufe, sah, wie Erdklumpen und Grasfladen aufwirbelten. Nie waren ihr Pferde so riesig und so bedohlich erschienen, geballte Bündel an Wucht und Kraft, die kaum gebändigt werden konnten. Ezzo und der junge Heinsberg hatten die Lanzen
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