Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
Vom Netzwerk:
ich inbrünstig, und nickte den Eltern zu.
    Jemand brachte mir eine Schüssel Wasser zum Waschen, ich muss entsetzlich ausgesehen haben, alles voller Blut. Dann schob mich die alte Magd mit einem Packen neuer Kleider ins Nebenzimmer, wo ich mich umzog. Als ich zurückkam, hatte der Sohn des Sternwirts schon eine bessere Gesichtsfarbe, und seine Lider flatterten ganz leicht. Als ich mit der Handfläche ein paar Mal auf seine Wange schlug, öffnete er die Augen und sah mich mit erstauntem Blick an. Dann schlief er sofort wieder ein. Ich wartete noch ein Weilchen, ob es aus der Wunde nachblutete, aber nichts kam mehr, gottlob. »Ich lasse die Wunde offen«, sagte ich zu den Eltern, »damit sich das Blut nicht wieder stauen kann. Morgen früh komme ich wieder und nähe zu. Sollte es Eurem Sohn wieder schlechter gehen, wisst Ihr, wo Ihr mich findet.«
    Dann ging ich heim. Ich war völlig erschöpft, aber zufrieden und glücklich.
    Gleich nach Sonnenaufgang am nächsten Morgen eilte ich ins Wirtshaus zum Stern. Der Junge schlief immer noch, aber er atmete gut und das Herz schlug so kräftig, wie es angesichts des starken Blutverlusts zu erwarten war. Ich verschloss die Wunde und legte einen Verband an, wobei der Wirtssohn aufwachte. Als er mit noch schwacher Stimme verkündete, er habe Durst und Hunger, wusste ich, dass er wieder gesund werden würde. Die dankbaren Eltern umarmten mich unter Tränen und drückten mir einen Beutel mit Münzen in die Hand.
    Auf dem Rückweg ins Lager fiel mir Hiltprand ein, und ich spürte ein unangenehmes Kribbeln im Magen. Ich hatte ihm ins Handwerk gepfuscht, das würde er mir nicht verzeihen. Was konnte ich tun, um seinen Zorn zu besänftigen? Nachdenklich ging ich zu meinem Zelt – und blieb verblüfft stehen. Da warteten schon etliche Leute, zumeist Frauen, die bei meinem Anblick tuschelten und gestikulierten. Dann trat die erste auf mich zu, eine ältere Frau in vornehmer Bürgertracht. »Ihr seid die Medica, die den Sternwirt-Heiner vom Tod gerettet hat, nicht wahr?«
    Es hatte sich also über Nacht schon herumgesprochen. Ich nickte. Die Frau deutete auf die Leute, die mit ihr gewartet hatten. »Wir möchten alle Eure Kunst in Anspruch nehmen, wenn’s Euch beliebt.«
    Ich war sprachlos. Noch einmal dachte ich an Hiltprand, daran, ob ich die Leute nicht besser zu ihm schicken sollte. Aber dann siegte die Ärztin in mir. Diese Menschen wollten Hilfe – wie konnte ich sie da einem Kurpfuscher in die Hände geben? Nein, ich würde sie nicht enttäuschen. »Kommt mit ins Zelt«, bedeutete ich der Frau, die mich angesprochen hatte. »Und dann einer nach dem anderen.«

    »Das war so nicht abgemacht!« Hiltprand brüllte den Satz fast, sein Gesicht war rot vor Wut. Er sah aus, als wolle er jeden Augenblick auf mich losgehen. Es war Mittag, kurz vor Beginn der ersten Vorstellung, und die ganze Truppe stand um uns herum. Ich versuchte mich zu verteidigen. »Du warst betrunken gestern Abend«, sagte ich so ruhig wie möglich. »Jemand musste helfen, sonst wäre der Junge gestorben.«
    »Und jetzt, he? Den ganzen Morgen hast du meine Patienten behandelt. Kein Mensch ist zu mir gekommen!« Hiltprand trat ganz nah an mich heran, ich roch seinen schlechten Atem. »Das hast du geplant, du Hexe. Hast nur darauf gewartet, bis du mich ausspielen kannst.« Er drohte mir mit der Faust. »Aber das lass ich mir nicht gefallen! Du hörst sofort damit auf, oder … «
    Ezzo versuchte zu schlichten. »Beruhige dich, Hiltprand. Sie hat gestern nur getan, was nötig war. Du bist schließlich selber schuld, wenn du dich besäufst. Sei froh, dass sie geholfen hat, sonst wärst du vielleicht in Schwierigkeiten gekommen.«
    »Misch du dich nicht ein«, fauchte Hiltprand. »Das hier geht dich nichts an. Ich bin hier der Arzt, und ich will, dass dieses Weibsbild sich nicht in meine Angelegenheiten mischt.«
    Ich sah hilfesuchend zu Janka und Pirlo hinüber. Jedes Wort, das ich sagte, würde Hiltprand nur noch wütender machen. Schließlich schritt Pirlo ein.
    »Hör zu, Hiltprand«, sagte er. »Ganz offensichtlich versteht Sanna ihr Handwerk. Sie hat gestern Abend einen halben Gulden verdient, das ist Geld, von dem wir alle etwas haben. Es wäre dumm, wenn wir ihre Fähigkeiten nicht für die Truppe nutzen würden. Warum könnt ihr denn nicht gemeinsam … «
    Hiltprands Fluch schnitt Pirlo das Wort ab. »Verdammt will ich sein! Das Weibstück nimmt mir nicht die Butter vom Brot, das schwör ich! Ich will, dass

Weitere Kostenlose Bücher