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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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nicht nur in den Schamhaaren, sondern schon in den Wimpern und Augenbrauen saßen. Zumindest dagegen konnte ich etwas tun, ich verschrieb Salben, Sitzbäder und Aufgüsse, die das Ungeziefer eine Zeitlang abtöteten oder vertrieben. Der Apotheker im Malhaus am Obermarkt kam gar nicht mehr nach mit dem Mischen von Arzneien und dem Anrühren von Heilsalben. Er grüßte mich bald mit allergrößter Ehrfurcht, obwohl ich doch eine Fahrende war, und er schickte mir viele Kunden.

    Am meisten aber freute ich mich darüber, dass die Freundschaft mit Ezzo sich in Konstanz wieder eingefunden hatte. Hatte er Ciaran und mich zu Anfang noch gemieden, so fand er sich inzwischen immer öfter wieder an unserer Seite, saß bei der Morgensuppe neben mir wie früher und begleitete uns abends wieder wie selbstverständlich in die Schänken und Tavernen. Die frühere Schwermut schien von ihm abgefallen. Er scherzte und lachte, sang mit uns, machte mit Ciaran nachts die Straßen unsicher. Jung sah er aus, zeigte wieder dieses lausbübische Grinsen, dass ich an ihm so gemocht hatte. Es war fast wie früher, bis auf die Tatsache, dass er es peinlich vermied, mich zu berühren oder zu nah bei mir zu sitzen. Und manchmal hatte ich das Gefühl, dass ihn irgendetwas bedrückte, etwas, das gar nichts mit Ciaran und mir zu tun hatte.
    Eines Abends, als Ciaran wieder einmal mit Meli bei einem vornehmen Bankett zur Unterhaltung geladen war, aßen wir alle zusammen unter der gewachsten Zeltbahn, die zwischen den Wagen aufgespannt war. Janka hatte ein Zicklein auf dem Markt ergattert, was gar nicht so einfach war, denn bei so vielen Tausend Gästen in der Stadt waren die Lebensmittel knapp. Der Rat hatte sogar Höchstpreise festgelegt, damit kein Wucher stattfinden konnte, für Brot, Wein, Fisch und Fleisch, aber auch für Pferdefutter und Brennholz, sogar für Schlafstellen und Liebesdienste – inzwischen waren, so hieß es, achthundert Huren in der Stadt. Also genossen wir unseren frischen Braten – solche Herrenspeise gab es nicht alle Tage. Außerdem hatte Schnuck, der mit seinen Seiltänzereien und dem Feuerschlucken gute Geschäfte machte, einiges Geschleck aus dem Welschland erstanden – krachhartes Honigzeug mit Mandeln und süße Zuckerhippen. Ezzo saß neben mir auf einem Heuballen und erzählte von dem seltsamen Tier, dass er am Nachmittag gesehen hatte. »Es hatte Finger und Zehen, Arme und Beine und ein Gesicht fast wie ein Mensch! Und es hat gelacht, auf Ehre und Gewissen!«, begeisterte er sich. »Schwärzel war so verblüfft, dass er beinahe die Kette mit dem Bären losgelassen hätte. Ich fasste mir ein Herz und ging auf das haarige Vieh zu, und, was glaubst du, es nahm meine Hand und kletterte an mir hoch, bis es auf meiner Hüfte saß wie ein Kind!« Mit Genuss biss er in ein knuspriges Rippenstück, von dem das Fett troff. »Dann allerdings begannen ein paar Leute zu raunen, das sei gewiss der Teufel, der sei nach Konstanz gekommen, um den Papst zu holen. Da hat der Besitzer des Tiers, ein alter Seemann, erklärt, das sei ein Affe, und in Afrika gäbe es davon so viele wie hierzulande Hunde und Katzen. Ein dicker Kerl schrie, das könne er seiner Großmutter erzählen, das Vieh sei ein böser schwarzer Dämon, das wüsste er genau. Daraufhin meinte ein anderer: ›Das kann nicht sein, Nickel, denn ein Dämon, der sieht genauso aus wie deine Alte!‹ Alles brüllte vor Lachen, sogar der haarige Affe lachte mit!«
    Ich kicherte. Der Wein, den Jacko an diesem Abend besorgt hatte, war stark, und ich hatte schon ein bisschen zu viel davon getrunken. Ich fühlte mich übermütig, leicht und beschwingt, und so wagte ich es irgendwann, Ezzo auf das anzusprechen, was wir seit langem zu bereden vermieden hatten. »Du warst lang nicht mehr so fröhlich«, sagte ich und trank ihm zu. »Sag, bist du gar verliebt?«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Oh, nur so … «
    Er drohte mir mit dem Finger. »Ihr Frauen habt wirklich eine besondere Gabe, Menschen zu durchschauen«, meinte er und schenkte mir nach. Ich fragte leichthin: »Ist es am Ende diejenige, deren Ring du trägst?«
    Er nickte, und ein Schatten huschte über sein Gesicht. »Ich hab sie hier wiedergetroffen.«
    »Das freut mich für dich.« Warum nur spürte ich plötzlich einen Stich, da, wo das Herz war?
    Er nahm einen großen Schluck Wein, und ich tat es ihm nach. »Schon. Aber es ist nicht ganz so einfach … « Mit gerunzelter Stirn blickte er

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