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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Notar es einrichten können, dass Ezzo schon eine Woche nach seiner Ankunft in Mainz in die Residenz gerufen wurde. Nach endlosem Warten hatte der Lakai seinen Namen gerufen, und er war durch die doppelflügelige Tür getreten, die ihm der Bedienstete höflich aufhielt.

    Drinnen saß Johannes II., Kurfürst und Fürstbischof zu Mainz, hinter einem mächtigen Schreibtisch aus Wurzelholz und diktierte. Schräg hinter ihm stand ein Schreiber mit vor Eifer geröteten Wangen an seinem Pult und ließ die Feder übers Papier fliegen. Krank sah er aus, der Fürstbischof, seine Gesichtsfarbe fahl, die Wangen eingefallen. Ein dünner Haarkranz mit grauen Löckchen zog sich von Ohr zu Ohr, und ein Spitzbart, der den Namen kaum verdiente, hing ihm ziemlich traurig vom Kinn. Er mochte vielleicht sechzig Jahre alt sein, und als er sich fahrig mit der Hand über den kahlen Schädel strich, bemerkte Ezzo, wie stark er zitterte.
    Johann II. diktierte seinen Brief zu Ende, bevor er den Kopf hob und Ezzo heranwinkte. Er runzelte die Brauen und drehte sich zu seinem Schreiber um. Der reichte seinem Herrn ein Schriftstück, das dieser kurz überflog.
    »Ezzo von Riedern also«, wandte sich der Erzbischof schließlich mit brüchiger Stimme an seinen Besucher. »Soso. Euren Vater – Gott hab ihn selig – hab ich gekannt, ein anständiger Mann, immer zuverlässig, immer zur Stelle, wenn’s nötig war.« Er hustete und wedelte dabei mit der Hand vor dem Gesicht, als wolle er seine Krankheit verscheuchen. Dann winkte er Ezzo näher und musterte ihn blinzelnd. »Hm, eine Ähnlichkeit ist schon da, möcht ich meinen, die Nase wohl, das blonde Haar, und die Haltung.«
    Ezzo lächelte. »Danke, Eminenz. Es freut mich, wenn Ihr meinen Vater geschätzt habt … « Weiter kam er nicht, der Fürstbischof fiel ihm ins Wort. »Kommen wir zur Sache, mein Sohn, denn ich habe nicht viel Zeit. Eure Geburt könnt Ihr, so schreibt mir mein Notar, mit einem Eintrag ins Kirchenbuch und durch Zeugen nachweisen. Gut. Und nun bezichtigt Ihr also Euren Onkel, unrechtmäßig im Besitz der Herrschaft Riedern zu sein.«
    »So ist es, Eminenz. Mein Vater hat ein Testament verfasst, in dem ich als Erbe eingesetzt bin … «
    »Ja, ja, aber dieses Testament lässt sich nicht finden, ich weiß. Herrjesus, immer diese leidigen Erbschaftsangelegenheiten.« Der Fürstbischof seufzte laut, bevor er weitersprach. »Na, es sei«, meinte er dann. »Euer Onkel Friedrich hat, wie soll ich sagen, leider so gar nichts von seinem verstorbenen Bruder. Will heißen, er kann weder wirtschaften noch ist er sonst zu etwas Rechtem zu gebrauchen. Verschwendet sein ganzes Hirnschmalz, wenn er denn eins hat, auf teure Rösser und silberne Harnische. Es heißt, er sei bis über beide Ohren verschuldet.« Der Bischof machte ein Gesicht, als habe er in eine Zitrone gebissen. »Ich mag es nicht«, brummte er, »wenn meine Lehnsleute ihr Hab und Gut versaubeuteln. Ich mag es ganz und gar nicht, denn letztendlich fällt das auf mich und das Fürstbistum zurück.« Er runzelte die Stirn, während er weitersprach. »Nun, weil er sich in Geldnöten befand, hat Friedrich von Riedern vor einiger Zeit darum gebeten, ihn als Amtmann von Lauda einzusetzen. Ich selber war zu der Zeit in Konstanz, und mein Stellvertreter hat seinem Ansuchen entsprochen. Seitdem sitzt Euer Onkel die meiste Zeit auf der Burg Lauda, und das Fürstbistum zahlt ihm Geld dafür, das er das Amt genauso schlecht verwaltet wie vorher seine Eigengüter. Nun sagt, Ezzo von Riedern, traut Ihr Euch da mehr zu?«
    Johann II. wartete Ezzos Antwort gar nicht erst ab, sondern gab dem jungen Mann am Pult ein Zeichen. »Schreibt als Notiz für die Kanzlei: Wir Johann etc. etc. befinden, dass unser freundlicher, ehrenfester Ritter Ezzo von Riedern, etc. etc. zum Beweis seiner Erbschaft den letzten Willen seines Vaters vorzulegen hat oder aber er hat fünf von den Zeugen zu erbringen, die selbigem Testament ihr Siegel angehangen haben. Gegeben undsoweiter undsoweiter. Und dann geht und schickt mir den Quacksalber herein.« Er hustete wieder, lehnte sich in seinem Sessel zurück und schloss erschöpft die Augen.

    Damit war die Audienz zu Ende gewesen. Jetzt, auf dem Weg nach Riedern, fasste Ezzo neuen Mut. Er hatte zwar kein Testament auftreiben können, aber zumindest einen Teilsieg errungen. Der Erzbischof hatte ihn als Sohn des Ritters von Riedern anerkannt, das war wichtig. Er war bereit, ihn als Erben zu akzeptieren, noch wichtiger.

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