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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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ebenfalls.

    Sara legte Mantel und Schleier ab, schlüpfte aus ihren Schuhen und stellte sie zusammen mit ihrem Korb in die Ecke. Sie ging in die Doktorsstube und öffnete die Fensterläden. Einen Augenblick stand sie einfach nur da, dann tat sie einen Juchzer, breitete die Arme aus und tanzte durch die Stube. Ezzo war wieder da! Sie drehte sich mit geschlossenen Lidern im Kreis, den Kopf weit im Nacken, immer schneller, bis ein Paar starke Arme sie auffingen. Erschrocken öffnete sie die Augen.
    »Ezzo!« Ihre Wangen färbten sich blutrot, weil er sie so ertappt hatte.
    Und dann war jede Zurückhaltung vergessen. Wie ausgehungert fielen sie übereinander her mit Händen und Lippen, küssten, streichelten, spürten, wild und atemlos, lachend und seufzend.
    »Ich bin hinten herumgeritten und über die Gartenmauer geklettert«, flüsterte er zwischen zwei stürmischen Küssen und begann, ihr Mieder aufzunesteln. »Sonst hätt ich’s nicht ausgehalten.«
    »Zum Glück hab ich vergessen, die Küchentür abzusperren«, lachte sie zurück, ganz schwindlig vor lauter Liebe. Ihr Haar begann sich zu lösen und fiel in wirren Locken über ihre Schultern. Er ging in die Knie vor ihr, seine Finger wanderten unter ihr Hemd, über ihren Rücken, legten sich um ihre Brüste. Sie spürte das Flattern von tausend winzigen Flügeln, dort, wo er sein Gesicht hinpresste, wo er sie mit seinen Händen und Lippen berührte. Er riss sich Hemd und Hose vom Leib, verlor fast das Gleichgewicht dabei und zog sie lachend mit sich hinunter, auf die frischen Binsen. Wie warm und angenehm trocken seine Haut war und wie gut er roch: nach Leder und ein bisschen nach Heu, ein Duft, den sie gierig und genießerisch einsog, als seien es Besamimkräuter am Schabbat. Mit einer nie gekannten Leidenschaft erforschte sie seinen Körper, gab sich seinen Zärtlichkeiten hin, ließ sich von seiner Lust anstecken.
    Und als sie später nebeneinander lagen, atemlos, heißen Schweiß auf der Haut, erschöpft und glücklich, da wusste Sara: Der Himmel hatte seinen Segen zu dieser Liebe gegeben. Sie legte ihren Kopf auf Ezzos nackte Brust, verschränkte ihre Finger in seine und lächelte still vor sich hin.
    Es rumpelte an der Tür, und sie fuhren hoch.
    »Sari!« Erschrecken und ungläubiges Staunen standen in Jochis rundem, pausbäckigen Gesicht. Sie packte den Besen, der neben ihr in der Ecke lehnte, hob ihn drohend und ging damit auf Ezzo zu. Der streckte abwehrend die Hände vor.
    Sara sprang auf, hüllte sich notdürftig in ihr Kleid und nahm Jochi die hölzerne Waffe sanft ab. »Musst keine Angst haben«, sagte sie. Dann legte sie den Arm um Jochis Schultern und wandte sich an Ezzo.
    »Schau«, sagte sie, »das ist meine Schwester Jochebed.« Und: »Jochi, das ist Ezzo, den ich lieb habe, so wie unsere Eltern sich lieb gehabt haben. Du musst recht brav und freundlich zu ihm sein.«
    Jochi stellte sich vor Ezzo, der immer noch am Boden lag, und starrte ihn eine ganze Weile mit unverblümter Neugier an. Dann sagte sie laut und deutlich: »Schalom. Du bist nackich.«
    Sara biss sich auf die Lippen, um nicht laut aufzulachen.

    Spätnachts stahl Ezzo sich in aller Heimlichkeit aus dem Doktorhaus und ritt zu Janka, Pirlo und Finus in den »Ochsen«. Sein Weg führte ihn am Rabbinerhaus vorbei, dem einzigen Haus im Judenviertel, in dem noch schwaches Licht hinter den Fenstern zu sehen war. Drinnen steckten Rabbi Süßlein und Levi Colner seit Stunden die Köpfe zusammen. Gemeinsam mit anderen Vertretern des Gemeinderats besprachen sie Dinge, die für alle Würzburger Juden von entscheidender Wichtigkeit sein sollten …

Würzburg, Oktober 1417
    Go kam der erste Schabbat nach Jom Kippur, dem großen Versöhnungstag der Menschen mit Gott. Sara saß neben Jochi am Tisch; das Essen war vorbei, die Kerzen heruntergebrannt. Sie reichte ihrer Schwester die Besamimbüchse, und Jochi schnupperte begeistert daran; sie liebte den Duft der Gewürzmischung so sehr, dass sie das in Form einer Nuss aus Lindenholz geschnitzte Gefäß meist erst unter Ausübung sanfter Gewalt wieder hergab. Gemeinsam sangen sie das Lied Hamawdil und das des Propheten Elias, dann tunkte Sara die brennenden Dochte der Kerzen in den Weinbecher, und die Schwestern wünschten sich Schawua tow, eine gute Woche. Der Schabbat, der Tag außerhalb der Zeit, war vorbei.
    Wie jeden Abend brachte Sara ihre Schwester gleich nach dem Essen ins Bett. Jochi war eine rechte Schlafmütze, sie schlief immer tief und

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