Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)
Dafür müsste er sich und seine Nacherben dazu verpflichten, dem Volk Moses seine Burg zu öffnen, wann immer es Schutz und Schirm braucht. Und natürlich uns ein Vorkaufsrecht einräumen, alle rechtlichen Schritte eingehen, die uns entweder den Besitz oder den Nießbrauch an Riedern gültig zusichern.«
»Warum kauft ihr das Gut nicht einfach selber?«, fragte Sara.
Elkan Liebmann schürzte die Lippen. »Natürlich könnten wir das auch tun. Ich könnte die Herrschaft Riedern über die Schuldbriefe einfordern. Aber das wäre nur eine kurzfristige Lösung. Es war noch nie Herkommen, dass Juden ein ganzes Territorium mitsamt Burg auf Dauer in Besitz nehmen. Der Fürstbischof als Lehnsherr von Riedern würde das nicht lange dulden; er will einen christlichen Lehnsmann, der seinen Verpflichtungen nachkommen kann, also einen Ritter, der ihm Heerdienst leistet, ihn auf Fahrten begleitet, ihn schützt und ihm auch bei Hofe nützlich sein kann. Ich müsste Riedern also auf absehbare Zeit weiterverkaufen.«
»Und überhaupt«, ergänzte Rabbi Süßlein, »es ist die Frage, ob Riederns Hintersassen, zu denen ja auch welche vom Adel gehören, die Befehle eines Juden auch nur einen Tag lang befolgen würden. Dazu kommt noch, dass ein Jude ja kein Land bewirtschaften darf – auch nicht als Grundherr. Und außerdem: Eine Burg, die in jüdischem Besitz ist, könnte manchen Leuten ein Dorn im Auge sein. Deshalb würden wir lieber den anderen Weg wählen. Wir geben ihm das Geld, Ezzo von Riedern kauft sein Erbe zurück und verpflichtet sich und seine Nacherben, uns seine Burg als offenes Haus zu gewähren.«
»Wir haben lange nachgedacht, Sara«, warf Rabbi Süßlein ein. »Es ist ein Wagnis. Wir wissen nicht, ob wir deinem Ezzo wirklich trauen können. Aber er will Riedern, und wir wollen eine Zitadelle in der Gefahr. Du selbst weißt, was bei einer Judenhatz geschehen kann. Glaubst du, er würde bei einem solchen Handel mitmachen?«
Sara überlegte. »Ich weiß es nicht, Rabbi. Ich weiß nicht, ob so etwas gegen die Ehre eines Ritters geht oder nicht.« Sie erhob sich und ging eine Zeitlang unruhig im Zimmer umher, bevor sie schließlich vor Rabbi Süßlein stehenblieb. »Aber ich weiß eines: Die Gemeinde braucht dieses Geld nicht aufzubringen. Ich habe genug. Das Erbe meines Mannes ist mir eine Last, ich brauche es nicht und wollte es nie haben. Nur für meine Schwester habe ich es überhaupt angenommen. Es wäre mir ein Glück, könnte ich damit für die Würzburger Judenschaft Gutes bewirken.«
Rabbi Süßkind und Levi Colner nickten. »Der Ewige und dein Volk werden es dir danken«, sagte der Rabbi feierlich.
In diesem Augenblick trat Ezzo durch die Hintertür. Sara sprang auf und führte ihn an den Tisch. »Liebster«, sagte sie, »wir müssen mit dir reden.«
Kurz vor Mitternacht hatte sich Ezzo immer noch nicht dazu durchgerungen, dem Plan zuzustimmen. Sie hatten alles Für und Wider erörtert, alle Gründe durchleuchtet, alle Möglichkeiten durchgespielt, und dennoch war es schwer für ihn, zuzustimmen. »Sara«, bat er schließlich, »ich möchte gern mir dir allein reden.«
Sie traten hinaus in den Garten. Es war eine kalte Nacht, der Himmel klar und mondhell, übersät mit Sternen. Er legte den Arm um sie. »Mit fremdem Geld – auch noch dem deinen – mein Erbe zu bezahlen, das geht mir gegen jedes Ehrgefühl«, sagte er leise. »Ich weiß nicht, ob ich danach noch Achtung vor mir selber haben könnte.«
Sie lehnte den Kopf an seine Brust. »Das kann ich verstehen. Aber schau, ich tue es nicht nur für dich, sondern für mein Volk, das so viel gelitten hat und eine Zuflucht braucht. Es ist das Beste für alle, für dich und für mich. Riedern wäre sonst für dich verloren. Es fiele früher oder später in fremde Hände. Das hätte dein Vater nicht gewollt.«
Er dachte an seinen toten Vater und seufzte. »Wohl wahr. Er würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er wüsste, dass sein Bruder Riedern verpfändet hat. Trotzdem … «
»Du nimmst das Geld ja auch nicht für dich«, meinte Sara. »Du hilfst damit Menschen, die Schutz dringend nötig haben. Ich habe eine Judenhatz erlebt, Ezzo. Da sterben Frauen und Kinder.«
Er zog ihr fürsorglich das Umschlagtuch enger um die Schultern. »Ich stünde auf ewig in deiner Schuld«, erwiderte er.
Sie lächelte. »Du hast mir einmal das Leben gerettet, Ezzo. Oh, sag jetzt nichts, ich weiß es von Ciaran. Du hast Hiltprand davon abgehalten, mir etwas anzutun. Wenn
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