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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Ritter wollt Ihr also werden, ja?« Eine hohe, helle Stimme riss ihn aus seiner Traurigkeit. Suchend sah er auf, und dann war ihm, als hätte ihn der Blitz aus heiterem Himmel getroffen: Über ihm auf einer Treppe stand das schönste Mädchen, das er je gesehen hatte, eine unwirkliche, feenhafte Erscheinung ganz in Rot. Sie mochte ungefähr so alt sein wie er. Ihr Gesicht war weiß wie Schnee, sie hatte große, ausdrucksvolle Augen, ein Paar herzförmiger Lippen. Honigblondes, in der Mitte gescheiteltes Haar fiel ihr offen in zwei langen Strängen über die Brust. Ein goldener Reif mit einem riesigen Rubin zierte ihre Stirn. Sie lächelte ihn an, freundlich, fast liebevoll, und er glaubte zu träumen.
    »Äh, ja, Euer Liebden … Herrin«, stotterte er und kam sich vor wie ein Trottel. »Das möcht ich gern, aber … «
    Sie neigte den Kopf. »Nun, Ihr könnt zwar nicht in die Dienste des Königs treten«, lächelte sie verschmitzt, »aber wohl in die der Königin, wenn es Euch genehm ist. Tapfere Männer kann ich immer gebrauchen.«
    Ezzos Knie wurden weich wie Butter. Himmel, das war niemand anders als Barbara von Cilli, und jetzt wusste er auch, warum man sie als schönste Frau im ganzen Reich bezeichnete. »Majestät, ich wäre überglücklich, wenn Ihr mich als Euren niedersten Diener annehmen würdet. Ich gelobe, mit dem letzten Blutstropfen für Euch einzustehen!«
    Die Leute kicherten. Jetzt erst wurde Ezzo gewahr, dass die blutjunge Königin von einem ganzen Rattenschwanz an Hofdamen und Lakaien begleitet wurde; außerdem stand hinter ihr ein ehrfurchtgebietender Mann im pelzverbrämten Umhang, sicherlich einer von hohem Adel. Barbara lachte glockenhell auf. »Versprecht nichts, was Ihr nicht halten könnt, mein Lieber. Und meldet Euch später bei meinem Waffenmeister.« Sie reichte ihrem Begleiter die Hand und stieg ein paar Stufen höher. Dann drehte sie sich noch einmal um, ihr Blick ruhte einen Augenblick anerkennend auf dem herrlichen Falken. »Euer Geschenk nehme ich natürlich gern an, zukünftiger Ritter von Riedern! Ihr müsst wohl geahnt haben, dass Eure Königin die Beiz liebt.« Dann war sie durch eine spitzbogige Tür im ersten Stockwerk des Palas verschwunden.
    Noch bevor Ezzo sich fragen konnte, was sie gemeint hatte, war ein Diener herangetreten und band den Falken mitsamt seinem Gestänge vom Sattel los. Mit offenem Mund sah Ezzo zu, wie der Mann wortlos mit Brun davonging. Der Verlust seines Jagdfalken hätte ihn unter anderen Umständen zutiefst getroffen, aber nun fühlte er gerade einmal leises Bedauern. Ihn beschäftigte etwas viel Wichtigeres: Die strahlende, wunderschöne Königin. Ezzo von Riedern hatte sich zum ersten Mal im Leben verliebt …

    Drinnen wandte sich der Burggraf Friedrich von Nürnberg mit amüsiertem Blick an Barbara von Cilli. »Ei, Liebden, so wirbt man Getreue an, mein ich! Wie viele von der Sorte habt Ihr wohl inzwischen?«
    Die Königin warf den Kopf zurück und lachte. »Eine ganze Menge, Herr Friedrich. Aber eine Frau von Rang kann nie genug Ritter haben, glaubt Ihr nicht auch?«
    Er half ihr aus dem Mantel. »Habt Ihr bemerkt, wie der junge Held Euch angesehen hat?«
    »Ach«, lächelte sie, »zum Rittertum gehört doch der Minnedienst. In allen Ehren, notabene.«
    »Wartet nur, bis der König eifersüchtig wird.« Er drohte ihr scherzhaft.
    Sie sah ihn an. Dann hob sie die Hand an sein Gesicht, mit dem Zeigefinger zog sie ganz langsam die Form seiner Wange nach. »Hat er denn Grund dazu, mein Freund?«, fragte sie.
    Rasch drehte sie sich um und verschwand in der Frauenkemenate.

    Derweil machte sich Ezzo beschwingt auf den Weg ins Zeughaus zum Waffenmeister. Eine Stunde später war er als Einrosser Ihrer Majestät bestallt, gegen Kost und Unterkunft, ein Schwert aus der Waffenkammer, ein paar Stiefel und Hofkleidung in den Cillischen Farben. Noch niemals in seinem Leben war er so glücklich gewesen.

Kloster Clonmacnoise, zwei Monate später
    Mo Chua und Colm Cille waren Freunde, und als Mo Chua als Einsiedler in der Wildnis lebte, besaß er nichts mehr außer einem Hahn, einer Maus und einer Fliege. Er nannte sie seine drei Schätze. Der Hahn krähte für ihn zur Mitternachtsmesse. Die Maus ließ ihn nur fünf Stunden am Tag schlafen, und wann immer er gern länger geschlafen hätte, übermüdet von seinen Nachtwachen und Vigilien, leckte sie ihn am Ohr und weckte ihn so. Die Aufgabe der Fliege war es, jede Zeile in seinem Gebetbuch entlangzukrabbeln,

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