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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Bruder Mícheál. Oder Bruder Máirtin, der hat mit der schwarzen Morrigu sogar ein Kind.« Sie legte ihre Hand an Ciarans Wange. »Tóg bog é«, lächelte sie. »Mach dir keine Gedanken.«
    Er schob ihre Hand fort. »Was die anderen tun, ist deren Sache. Brid, ich will ein reines Gewissen vor Gott haben. Ich werde meine Gelübde halten. Und du, du findest einen netten Kerl aus dem Dorf, heiratest ihn und bekommst einen ganzen Haufen Kinder.«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Aber ich lieb dich doch. Ich will nur dich haben und keinen vom Dorf.«
    »Sei doch nicht traurig.« Ungeschickt strich er ihr übers Haar. »Himmel, Brid, du hast doch gewusst, dass ich Mönch werde. Dass das mit uns nichts werden kann auf Dauer. Es war wunderschön mit dir, aber jetzt ist es eben vorbei. Mir fällt’s auch schwer.«
    »Warum machst du’s dann nicht wie Bruder Máirtin?«, stieß sie hervor.
    »Weil mir ein reines Gewissen wichtiger ist als ein bisschen Liebelei. Vergiss mich einfach, Brid. Es ist besser so, glaub mir, auch für dich.« Er stand auf und ordnete verlegen sein Gewand.
    Brid begann vor lauter Wut und Trauer hemmungslos zu schluchzen. »Dann geh doch zum Teufel«, schrie sie unter Tränen. »Téigh i dtigh diabhail!«
    Er senkte den Kopf und wandte sich zum Gehen. »Gott segne dich, Brid. Slán agat.«
    Ein Klumpen Erde flog durch die Luft und traf ihn am Kopf. »Komm nie wieder«, heulte Brid. »Ich hass dich, du … du … du Mönch!«
    Mit schnellen Schritten ging Ciaran davon, die Mauer der Normannenfestung entlang, über den Erdwall, der den Wassergraben durchbrach. Erleichtert trat er durch die Klosterpforte, die sich mit leisem Knirschen hinter ihm schloss. Dann blieb er erst einmal stehen und atmete tief durch. Er wusste, er hatte das Richtige getan.

    Zehn Tage später war Beltane, der erste Mai. Im Dorf schmückten die Burschen die Hütten ihrer Liebsten mit Blumen und Bändern. Ein Pfahl wurde aufgerichtet und mit frischem Frühlingsgrün und Blüten umwunden; wie ein riesiges, obszönes Symbol ewiger Männlichkeit ragte er in den hellen Himmel. Es war ein alter heidnischer Brauch, ein Anbeten der Göttin Natur, eine Beschwörung der Fruchtbarkeit von Mensch und Tier. Alles war erlaubt an diesem Tag Beltane, es gab keine Tabus. Daran änderte auch die Nähe des Klosters nichts, obwohl der Bruderschaft von Clonmacnoise dieser Rückfall in vorchristliches Brauchtum ein Gräuel war. Was hatte man nicht alles versucht, es den Dörflern auszutreiben. Kirchliche Feierlichkeiten, Predigten, Verbote. Alles umsonst. Die Leute waren unbelehrbar, dumm, wie die Tiere.
    Ciaran hörte Fetzen von Musik aus der kleinen Siedlung herüberwehen, während er sich für die Profess einkleiden ließ. Feines Gelächter drang wie winzige, spitze Nadeln an seine Ohren, als ihm Bruder Eoghain das Haar schnitt und die kreisrunde Stelle ausrasierte, die das Zeichen des Mönchs war. Ciaran versuchte, nicht an das zu denken, was gerade im Dorf vor sich ging, er musste sich konzentrieren, um die Feierlichkeit des Rituals zu empfinden. Mit geschlossenen Augen saß er da, die Hände betend aneinandergelegt. In kurzer Zeit würde er die ewigen Gelübde ablegen, die der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams. Er war bereit, fühlte eine Vorfreude, ja eine Fröhlichkeit, die ihm fast unangemessen für die heilige Handlung schien. Nur eines fehlte noch: Als Bruder Eoghain gegangen war, löste er den Knoten des Lederbändchens, das um seinen Hals hing. Nachdenklich blickte er auf das Korallenamulett, das Einzige, was ihn noch mit der Welt draußen verband. Bis zum heutigen Tag hatte er es getragen, als Andenken an seine Eltern, die er nie gekannt hatte, und als Mahnmal an seine Herkunft, von der er nichts wusste. Sein kostbarstes Gut war dieses Bändchen mit dem roten Stein gewesen, der wie ein kleiner, aufgefächerter Ast aussah. Ab heute zählte dies alles nicht mehr. Kein weltlicher Besitz, keine weltlichen Bindungen. Und doch. Er brachte es nicht übers Herz, das Amulett wegzugeben. Sorgfältig wickelte er es in einen Stofffetzen und stopfte es ganz unten in den Strohsack, der ihm als Matratze diente.
    Später betrat er die kleinste der sieben Kirchen, den Teampall Ciaran, an dessen Stirnseite der Gründer des Klosters begraben war. Drinnen hatte sich schon die Bruderschaft versammelt; ganz vorn am Altar stand Father Padraig. Unter den feierlichen Gesängen der Mönche ging Ciaran barfüßig auf den Altar zu. Er fühlte sich

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