Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)
Glückwünsche und Geschenke entgegen.
Als uns die Gäste verlassen hatten, gingen wir zusammen in unsere Schlafkammer. Natürlich wusste ich, was nun kommen würde, meine Mutter hatte mich am Tag vor der Hochzeit zur Seite genommen und lange mit mir darüber gesprochen. Ich war aufgeregt, aber auch neugierig, und ja, ich freute mich auf diese Nacht, denn schließlich liebte ich meinen Mann von ganzem Herzen und er mich. Er nahm mir als Erstes die Haube ab und machte einen liebevollen Scherz über meine neue Haartracht, dann zogen wir uns ein bisschen verlegen voreinander aus und legten uns zu Bett. Was dann geschah, war für mich neu und wunderschön. Ich überließ mich Salo gern, und was er tat, verriet deutlich, dass er nicht ganz ohne Erfahrung war. So wurden wir Mann und Frau, und ich entdeckte dabei meinen Körper und meine Lust. Doch irgendetwas stimmte nicht. Ich spürte, wie Salo sich angestrengt bemühte, doch nach einiger Zeit erschlaffte er und zog sich aus mir zurück, ohne seinen Samen in mich gepflanzt zu haben. Diese Vereinigung würde keine Frucht tragen. »Es tut mir so leid«, murmelte er und bettete seinen Kopf an meine Brust. Tröstend strich ich ihm über die Stirn – sie war heiß wie Feuer. Ja, er glühte. Wieso hatte ich das nicht bemerkt? Deshalb war er den ganzen Tag so bleich gewesen, hatte kaum etwas gesagt und fast nichts gegessen. Und er hatte beim Tanzen ein paar Mal geschwankt.
»Du bist krank«, sagte ich erschrocken zu ihm.
»Aber wo«, widersprach er schwach, »es ist nichts.«
»Doch, es ist was. Du fieberst.« Ich setzte mich auf und sah ihn im Schein der Kerze prüfend an. Auf seiner Stirn glänzten winzige Schweißperlen, aber er lächelte und versuchte, mich zu beruhigen. »Dieses kleine Fieber hatte ich in Spanien schon etliche Male, kein Grund zur Beunruhigung, Liebste. Es geht von selbst wieder.«
Ich glaubte ihm. Müde, wie wir nach dem langen Tag waren, schliefen wir engumschlungen ein.
Am nächsten Morgen war das Fieber tatsächlich verflogen. Salo war davon überzeugt, dass er nun, da er wieder zu Hause war, bald ganz gesund sein würde. Und so wurden die nächsten Wochen die glücklichste Zeit unseres Lebens. Die Welt um uns herum schien weit weg, wir gingen nicht aus und luden niemanden ein, waren uns selbst genug. Jeden Tag begannen wir mit einem dankbaren Gebet, und ich verrichtete glücklich die Arbeiten, die einer verheirateten Frau anstanden. Mit Feuereifer kochte ich die besten Speisen für meinen Mann und platzte vor Stolz, dass es ihm schmeckte. »Ich werde noch so dick wie ein Elefant«, lachte er – ausgerechnet er, der kein Quäntchen Fett auf den Rippen hatte! Ach, manchmal konnten wir kaum voneinander lassen. Wir liebten uns überall im ganzen Haus, und was die erste Nacht nicht gehalten hatte, das schenkte mir Salo nun mit Lust und Leidenschaft. Manchmal standen wir erst mittags auf oder gingen schon vor dem Abendmahl zu Bett. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass Mann und Frau so miteinander umgehen konnten und sich so viel Freude geben konnten.
Und dann träumten wir gemeinsam von der Zukunft. »Wie viele Kinder willst du?«, fragte ich ihn, und er antwortete: »Ein ganzes Haus voll bis unters Dach, und die Mädchen nennen wir alle nach dir!« Es gab keinen besseren Ehemann auf der Welt! »Du wirst einmal ein berühmter Rabbi sein«, erklärte ich ihm einmal voller Stolz, »und aus aller Welt werden Studenten in deine Jeschiwah kommen.«
»Für die du als meine Frau sorgen wirst«, erwiderte er. »Sie werden mit unseren Söhnen und Töchtern spielen, gemeinsam mit uns leben.«
»Und vom Ruhm und der Weisheit des Rabbi Salomon ben Hirsch künden.« Ich wusste es einfach. Und ich freute mich schon auf diese große Familie, deren mütterlicher Mittelpunkt ich einmal sein würde. »Aber ich möchte dann auch an euren Lehrstunden teilhaben«, bat ich – ein vermessenes Ansinnen, das war mir bewusst. Doch er küsste mich sanft und sagte: »Wer bin ich, dir einen Wunsch abzuschlagen, mein Goldstern. Ich war schließlich immer stolz auf deine Klugheit.«
Manchmal spazierten wir zum Fluss, legten uns ins Gras und sahen in den Himmel. Wir entdeckten Gesichter in den vorbeiziehenden Wolken, Bäume, Hunde, Schafe und allerlei Gestalten, ließen die Sonne unsere Haut wärmen, erzählten uns unsere innersten Geheimnisse. Es gab da eine Stelle, geschützt durch hohe Büsche, die niemand einsehen konnte, und dort liebten wir uns im hellen
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