Die Silberne Festung
hätten –, aber es kam zu keiner Explosion, und die Laderaumtemperatur sank aus der Gefahrenzone.
Saint-Michaels Finger glitten über die Knöpfe am Steuerknüppel, während er ständig zwischen Vorwärts- und Rollschuh wechselte. Da es einfacher und treibstoffsparender war, bei einer Drehrichtung zu bleiben, näherte die America sich der Andockschleuse buchstäblich in einer Korkenzieherbewegung. Um großen Wrackteilen auszuweichen, mußten sie unterwegs Zusammenstöße mit kleineren Trümmern riskieren. Von der Raumstation abbrechende oder durch Explosionen fortgeschleuderte Teile »fielen« nicht immer weg oder verschwanden im Weltraum, sondern schienen die Station auf gefährlichen eigenen Bahnen zu umkreisen.
Nach fast einer halben Stunde schwebte die America, deren Steuercomputer ihre Position jetzt automatisch hielten, nur noch drei Meter vom Andockmodul der Station entfernt. Aber diese drei Meter waren eben drei Meter zuviel. »Näher können wir nicht heran, General«, stellte Hampton fest. »Die Position wird so genau gehalten, wie es unser System zuläßt.«
Nun meldete Horvath sich. »Ich gehe ins Andockmodul hinüber und…«
»Nein, ich gehe«, entschied Saint-Michael.
»Davon möchte ich Ihnen abraten, General«, sagte Hampton. »Ihr Dysbarismus…«
»Früher oder später muß ich doch hinüber, Jon, weil ich die Station am besten kenne. Ich habe seit dem Start Sauerstoff geatmet, folglich dürfte mir nichts passieren. Jetzt sind Sie für die America verantwortlich.« Saint-Michael wartete, bis Hampton die manuelle Steuerung auf seine Seite umgestellt hatte; dann löste er seine Gurte und schwebte nach hinten in Richtung Luftschleuse.
Ann streckte eine Hand aus, als wolle sie ihn aufhalten. »Falls du dich…
komm zurück, wenn’s gefährlich wird, ja?«
Er nickte, ohne sich aufhalten zu lassen.
Saint-Michael brauchte zehn Minuten, um seinen Raumanzug anzuziehen und das tornisterförmige MMU umzuschnallen. Ann, die ihren Raumanzug anziehen würde, sobald er die Luftschleuse verlassen hatte, beobachtete durch das in die Luke eingelassene kleine Fenster, wie er den Druck aus der Luftschleuse abzulassen begann. Aber er hatte den Druckschalter eben erst von fünf auf null gestellt, als er ihn rasch wieder auf fünf zurückdrehte.
»Jason?«
Er hob beruhigend die rechte Hand, schien dabei aber den Kopf zu schütteln, um wieder klar sehen zu können.
»Setz die Kammer wieder unter Druck!« forderte Ann ihn auf.
»Mir fehlt nichts.« Saint-Michael richtete sich langsam auf, als sei er nach einem Sturz wieder auf die Beine gekommen. »Es ist schon wieder vorbei…« Er griff erneut nach dem Druckschalter.
»Nein!« widersprach Schultz, der inzwischen an die Luftschleuse getreten war. »Sie dürfen dort nicht raus, General!«
»Mir fehlt nichts«, wiederholte Saint-Michael. Nachdem er noch einen Augenblick gewartet hatte, drehte er den Druckschalter in die Nullstellung zurück. Eine Minute später signalisierte er Ann mit hochgerecktem Daumen, daß alles in Ordnung war, und öffnete die obere Schleusenluke. Sobald Saint-Michael sie von außen verriegelt hatte, setzte Ann die Kammer wieder unter Druck.
»Schlechte Nachrichten«, meldete Saint-Michael über Funk. »Der Verbindungstunnel ist unbenutzbar – das ganze Andockmodul scheint demnächst von der Station abbrechen zu wollen… Vorerst müssen alle Raumanzüge tragen. Seid vorsichtig, wenn ihr aus der Schleuse kommt – hier draußen geht’s wild zu. Soviel ich sehen kann, ist die America nicht ernstlich beschädigt. Ann, ich löse jetzt die Verankerungen der PAM-Booster.
Ich befördere einen, du nimmst den anderen.«
»Verstanden. Ich bin in einer Minute draußen.«
Mit kleinen Stößen aus den Lagekontrolldüsen seines MMUs schwebte Saint-Michael die America entlang zum offenen Laderaum. Dabei galt seine Aufmerksamkeit immer wieder den Schäden an der Raumstation.
Die schwersten schienen sich am Kiel – besonders an den SBR-Antennen – zu befinden.
»Die Russen haben die SBR-Schaltkästen ordentlich demoliert«, berichtete Saint-Michael. »Wahrscheinlich müssen wir alle zusammenflicken, aber das läßt sich aus dieser Entfernung nicht beurteilen. Einer könnte allerdings unbeschädigt geblieben sein.«
Er schwebte zwischen die PAM-Booster hinunter und machte sich daran, die Metallstifte herauszuziehen, mit denen die Ladung an den Haltepunkten gesichert war.
»Beide PAMs sind frei.«
»Verstanden, General«, antwortete
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