Die Silberne Festung
Flugzeugträgers. Clancy sprach von den Aegis-Kreuzern Ticonderoga, Shiloh, Valley Forge und Hue City, die den Schutz der Nimitz garantieren sollten, während der große Verband im Arabischen Meer langsam nach Osten lief.
Obwohl die Ticonderoga und ihre Schwesterschiffe bereits über ein Jahrzehnt alt waren, gehörten sie noch immer zu den modernsten Schiffen der Welt. Sie konnten den Himmel mit den vier großen Antennen ihrer phasengekoppelten Radargeräte in allen Richtungen Hunderte von Kilometern weit absuchen, Dutzende von Schiffen elektronisch miteinander verbinden und Hunderte von anfliegenden Zielen gleichzeitig mit Kanonen, Flugzeugen oder Lenkwaffen bekämpfen. Jeder Aegis-Kreuzer hatte gegen Nuklearangriffe geschützte hochmoderne Elektronik für fast eine halbe Milliarde Dollar an Bord. Trotzdem waren sie hier im Arabischen Meer wegen der sie umgebenden feindlichen Übermacht fast hilflos.
Clancy zeigte auf die 1,5 mal 1,5 Meter große Flüssigkristallanzeige mitten im CIC der Nimitz. »Dort oben brauche ich weitere Augen, Kapitän«, stellte er fest und deutete auf die Mitte des Arabischen Meeres. »Hochfliegende feindliche Flugzeuge kann die Ticonderoga erst in dreihundert Seemeilen Entfernung orten, bei Überwasserschiffen und Tieffliegern sind’s ungefähr zweihundert Seemeilen, und schnelle, extrem tief anfliegende Flugzeuge oder Lenkwaffen werden möglicherweise erst aus achtzig Seemeilen geortet.«
Kapitän Edgewater nickte zustimmend.
»Aber das genügt einfach nicht!« fuhr Clancy fort. »Wenn der Gegner Abwurflenkwaffen hat, die mit Mach fünf fliegen, und seine überschallschnellen Bomber mit Mach zwei in fünfzehn Meter Höhe mit zwanzig Tonnen Bomben anfliegen können, sind die Ticonderoga und ihre Schwesterschiffe überfordert. Mit Mach eins anfliegende Abwurflenkwaffen AS-6 müßten binnen fünf Minuten abgeschossen werden. Sowjetische Backfire- oder Blackjack-Bomber, die im Tiefstflug auf größte Entfernung geortet würden, wären sekundenschnell heran, so daß wir kaum Zeit für eine Reaktion hätten.«
»Dazu müßten sie erst unsere Abwehr durchbrechen, Admiral«, wandte der Kapitän ein. »Auf unseren Schiffen stehen fast fünfhundert Fla-Raketen bereit, und wir können in rascher Folge fünfzig Abfangjäger starten, die…«
»Aber wir müssen uns nach allen Richtungen gleichzeitig verteidigen«, unterbrach Clancy ihn mit einer weitausholenden Handbewegung. »Wir haben es mit sowjetischen Schiffen aus dem Roten Meer und dem Jemen, mit sowjetischen Flugzeugen und Marschflugkörpern aus dem Iran und der Kampfgruppe Archangelsk im Süden und Osten zu tun.« Er schüttelte irritiert den Kopf. »Die Hauptwaffe eines Flugzeugträgers besteht darin, nicht in eine ausweglose taktische Lage zu geraten. Und wir sind genau dort, wo man nicht sein sollte: auf allen Seiten von Bösewichtern eingekreist… Zum Schutz der Kampfgruppe brauchen wir einen zuverlässig überwachten Bereich mit mindestens fünfhundert Seemeilen Durchmesser.
Den haben wir im Augenblick nicht. Um hier mit heiler Haut rauszukommen, brauchen wir unbedingt wirkungsvolle Unterstützung.«
»Das Beste, was wir hier draußen kriegen können«, sagte Edgewater, »sind unsere eigenen Aufklärer und Frühwarnflugzeuge EF-18 und E-2C Hawkeye.«
»Die als erste angegriffen werden, sobald die Schießerei losgeht. Und wir haben nicht genug Maschinen, um jede E-2C durch einen Begleitjäger schützen zu lassen.«
»Vielleicht versuchen wir’s noch mal mit unseren HIMLORD-Drohnen…«
Clancy schüttelte den Kopf. »Die Dinger sind ihr Gewicht in Gold wert, aber im Einsatz gegen mit Fla-Raketen bestückte Schiffe sind sie zu unbeweglich. Vor zwei Tagen haben wir vier Drohnen losgeschickt – und die Sowjets haben ein Scheibenschießen darauf veranstaltet.« Er machte eine Pause, betrachtete nachdenklich den Bildschirm und fragte dann: »Wie steht’s mit Diego Garcia? Kann die Luftwaffe uns nicht aushelfen?«
»Für die AWACS-Flugzeuge E-3C der Luftwaffe gilt das gleiche«, antwortete Edgewater. »Die russischen Su-27 würden sie sofort beschießen.
Das Oberkommando will nicht riskieren, sie ohne Jagdschutz so weit westlich einzusetzen.«
» Die wollen mir was von Risiken erzählen?« Clancy lächelte sarkastisch. »Ich stecke bis zum Hals in Risiken!« Er betrachtete wieder den riesigen Aegis-Bildschirm SPY-2. »Wissen Sie, was wir brauchen, Joe?«
Joe wußte es genau: Sie mußten ihre Augen im Weltraum
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