Die Silberne Festung
Maschinen erreicht. Nehmen wir einmal an, die amerikanische Raumstation sei zerstört. Welche Mittel stehen uns dann zur Verfügung, um diese Tatsache auszunützen?«
Er stand auf und machte einen Rundgang um den dreieckigen Tisch.
»Eines steht fest: Ich denke nicht daran, Atomwaffen einzusetzen, um uns die Herrschaft über die Golfregion zu sichern. Ich habe nicht die Absicht, als erster sowjetischer Oberkommandierender den Einsatz von Atomwaffen anzuordnen – vor allem nicht gegen einen zahlenmäßig unterlegenen Feind. Schlagen Sie mir also Alternativen vor, Genossen!«
»Unser Ziel muß es sein, die Nimitz und ihre Geleitschiffe zu versenken oder wenigstens außer Gefecht zu setzen, Genosse Generalsekretär«, begann Marschall Iljanowski, der Oberbefehlshaber des Heeres. »Meiner Ansicht nach verspricht ein massiver Angriff mit Marschflugkörpern – aber nicht mit Abwurflenkwaffen – am ehesten Erfolg. Die Flugprofile unserer ASM-4 und ASM-6 sind für die Lenkwaffenkreuzer der Kampfgruppe Nimitz allzu berechenbar, und modernere Ausführungen wie die ASM-15 tragen nukleare Gefechtsköpfe.«
»Womit können wir denn sonst angreifen?« fragte der Generalsekretär irritiert.
»Zum Beispiel mit dem von der Marine auf älteren Jagd-U-Booten eingesetzten Marschflugkörper SSN-24, dessen Weiterentwicklung als GLM-25 bezeichnet wird. Diese Lenkwaffe ist schallschnell, fliegt mit Trägheitsnavigation und durch Geländevergleich ins Ziel und steuert feindliche Radargeräte selbständig an. Sie trägt einen elfhundert Kilogramm schweren herkömmlichen Gefechtskopf oder einen Atomsprengkopf mit fünfhundert Kilotonnen Sprengwirkung über dreitausend Kilometer Entfernung mit hoher Treffsicherheit ins Ziel. Bisher stehen etwa hundert dieser Marschflugkörper zur Verfügung – davon die meisten im Südlichen Militärbezirk. Aus Taschkent und den nordafghanischen Bergen könnte der amerikanische Verband im Arabischen Meer angegriffen werden.«
»Aber die Geleitschiffe der Nimitz haben schon bewiesen, daß sie sich gegen Lenkwaffenangriffe schützen können«, warf Tschertscherowin ein.
»Nicht gegen die GLM-25!« beteuerte Iljanowski rasch. »Im Gegensatz zu den Abwurflenkwaffen ASM-4 und ASM-6 fliegt dieser Marschflugkörper sein Ziel nicht in großer Höhe an, sondern ist so programmiert, daß er Gefahrengebiete im Tiefflug durchquert und die letzten hundert Kilometer mit Überschallgeschwindigkeit zurücklegt. Bis die Nimitz oder ihre Geleitschiffe ihn erfassen, ist es für Abwehrmaßnahmen zu spät.«
»Aber der Zeitaufwand für die Planung eines Lenkwaffenangriffs…«
»Die Marschflugkörper lassen sich in ein paar Stunden umprogrammieren«, stellte Iljanowski fest. »Seit dem Anlaufen des Unternehmens Feder befinden sie sich in vermessenen Positionen und sind auf Ziele im Iran und in Afghanistan gerichtet. Sie können lange vor dem Ende von Goworows Angriff auf die Armstrong-Raumstation startbereit sein.«
Die anderen äußerten sich nicht dazu. »Hat noch jemand Bedenken?«
fragte der Generalsekretär. Als niemand sich meldete, entschied er: »Gut, damit ist der Angriff beschlossen.« Er wandte sich an Iljanowski. »Wie viele Lenkwaffen können wir gegen die amerikanische Flotte einsetzen?«
Iljanowski überlegte stirnrunzelnd. »Meines Wissens sind fünfundsiebzig dieser Marschflugkörper im Südlichen Militärbezirk stationiert worden. Wartungsbedingt ist immer mit etwa einem Drittel Ausfällen zu rechnen, aber ich glaube, daß wir mindestens fünfzig Lenkwaffen GLM-25 gegen die Kampfgruppe Nimitz aufbieten können.«
»Fünfzig Marschflugkörper gegen zwanzig Schiffe… Können wir die Nimitz mit einer bestimmten Anzahl angreifen?«
»So treffsicher ist die GLM-25 leider nicht, Genosse Generalsekretär. In einer bestimmten Entfernung vom vorgegebenen Zielpunkt wird ihr Radar eingeschaltet, und die Lenkwaffe steuert automatisch den größten Radarreflektor im Ortungsbereich an. Aber da der amerikanische Verband im Arabischen Meer weit auseinandergezogen operiert, ist es eher wahrscheinlich, daß jede Lenkwaffe sich ein eigenes Ziel sucht, anstatt gemeinsam mit den anderen nur ein Schiff anzugreifen. Ich bin sicher, daß unser Angriff, verheerende Folgen für die Amerikaner haben wird.«
Der Generalsekretär wirkte zufrieden. »Lassen Sie sofort alle Vorbereitungen für einen GLM-25-Angriff mit herkömmlichen Gefechtsköpfen treffen. Unmittelbar vor dem Abschuß möchte ich über die voraussichtlichen
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