Die Silberne Festung
oder gezögert, wäre sein Vorhaben für Rhomerdunow auf der Stelle erledigt gewesen… Aber Goworow, dessen stahlblaue Augen seinen Blick unerschrocken erwiderten, wirkte, sprach und handelte wie ein Mann, der sich für seine Überzeugungen rückhaltlos einsetzt…
»Hören Sie, Goworow, wir müssen dafür sorgen, daß die Entwicklung der Sichel-Rakete, die Bewaffnung der Elektron-Flugzeuge und die Aufstellung eines Raumkampfverbands in allen Einzelheiten dokumentiert sind. Diese Programme müssen als wiederaufgenommene Projekte der Luft- und Raumverteidigungskräfte gelten, nicht als illegale Geheimprojekte eines Aufrührers!«
Goworow, der sich ganz auf das Wort wir konzentrierte, wäre beinahe in unmilitärischen Jubel ausgebrochen. Ein stellvertretender Verteidigungsminister hatte sich soeben mit seinem Plan identifiziert! Dann bestand also noch Hoffnung…
»Die Einzelheiten besprechen wir später, Alexander Stepanowitsch.«
Goworow nickte wortlos. Ein Stabssergeant kam heran und baute sich vor Rhomerdunow auf, um ihm zu melden, daß seine Maschine bereitstand. Goworow griff nach der Aktentasche des Marschalls und begleitete seinen Vorgesetzten bis an die Passagiertreppe der Antonow An-72.
»Genosse Marschall?« fragte Goworow, nachdem er die Aktentasche einem Besatzungsmitglied übergeben hatte. »Was die laufenden Vorbereitungen betrifft…?«
»Die sollen weitergehen. Unauffällig. Ich setze mich so bald wie möglich wieder mit Ihnen in Verbindung. Seien Sie darauf vorbereitet, die Kollegija und mich ausführlich zu informieren.« Er machte eine Pause, um zwei mitfliegende Offiziere vorbeizulassen. »Und seien Sie ebenso darauf vorbereitet, das Projekt abzubrechen. Notfalls blitzschnell.«
Goworow legte grüßend die rechte Hand an den Schirm seiner Mütze.
Rhomerdunow stieg die wenigen Stufen hinauf und verschwand im Inneren der Maschine.
Armstrong-Raumstation
»Fertig!«
Kevin Baker und Ann Page schwebten vor dem Hauptbildschirm in Bakers Labor und starrten erwartungsvoll die Anzeige BETRIEBSBEREIT auf dem Monitor an. Baker wollte sich dem Mikrofon der Computerkonsole nähern, stoppte dann jedoch und gab Ann ein Zeichen.
»Bitte sehr, Ann.«
Sie beugte sich übers Mikrofon. »Überprüfung Systemdaten.« Ihr Befehl wurde in Schreibmaschinenschrift auf dem Monitor wiederholt und sofort mit der Mitteilung »KLAR ZUR ÜBERPRÜFUNG SYSTEMDATEN«
quittiert.
»Ablauf«, befahl Ann.
Der Bildschirm zeigte sofort eine graphische Darstellung der 64 Ordner, in denen über 16.000 Dateien zusammengefaßt waren. »SOLL DAS TESTERGEBNIS ABGEDRUCKT WERDEN?« fragte der Computer.
»Ja«, antwortete Ann.
»STARTBEREIT«, meldete der Computer jetzt.
»Start«, befahl Ann, und der Bildschirm füllte sich mit Zeilen, die Angaben über die Dateien enthielten, die der Computer jetzt überprüfte.
»Kaum zu glauben, daß du das in nur acht Stunden geschafft hast«, sagte Ann zu Baker. »Ich hätte das nicht mal in acht Wochen hingekriegt.«
»Es kommt nur darauf an, die vorhandenen Geräte zweckmäßig einzusetzen«, stellte Baker fest. Und auf dreißig Jahre Erfahrung mit Computern! dachte er. Damit muß man ab und zu ein Kaninchen aus dem Hut zaubern können. Ann mag das Genie sein, aber ein guter Programmierer ist nicht leicht zu ersetzen…
Während die Datenspeicher nacheinander überprüft wurden, wechselten die Zeilen auf dem Bildschirm langsam. Kevin sah auf seine Uhr. »Achtzig Sekunden pro Ordner. Bei vierundsechzig Ordnern sind das gut eineinhalb Stunden – weit länger, als ich erwartet hatte.«
»Wenn ich mir überlege, daß die Überprüfung eines Ordners normalerweise gut fünf Minuten dauern würde, ist das sehr gut!«
»Okay, wie du meinst. Hast du irgendwas entdeckt, während ich den Computer programmiert habe? Irgendwas, das wir bisher übersehen haben?«
»Das hätte ich dir doch sofort gesagt! Nein, die übrigen Komponenten scheinen tadellos zu funktionieren. Wahrscheinlich hast du recht: Der Fehler liegt im…«
Plötzlich hallte ein schrilles Hupsignal durch die Raumstation. Nach dem dritten Ton meldete eine Computerstimme: »Raketenstart entdeckt. Raketenstart entdeckt.«
Ann löste sich von dem Klettband unter ihren Schuhsohlen, stieß sich ab, zischte in den Verbindungstunnel zum Kommandomodul hinaus. Zu ihrer Überraschung herrschte in der Zentrale keine sonderliche Aufregung.
Oberst Walker blickte Sergeant Jefferson über die Schulter; alle anderen konzentrierten sich auf
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