Die silberne Göttin
wunderbare Idee, Lord Duncan." Mama unterbrach Ianthas Einwand. "Wirklich, Iantha, Liebes, dein Talent sollte zur Schau gestellt werden, gerade bei dieser Gelegenheit. Es ist ja nicht so, als würdest du auf Gesellschaften singen oder Harfe spielen, wie es einige andere junge Damen tun."
"Dem Himmel sei Dank dafür." Lord Rosley lächelte süßsauer, aber nach einem strafenden Blick seiner Gattin beieilte er sich hinzuzufügen: "Ianthas Bilder sind nichts, wofür wir uns schämen müssten."
"Nun, ich danke Ihnen für dieses hohe Lob, Papa", erwiderte Iantha trocken.
"Also darf ich einige haben?" fragte ihr Verlobter, und seine Augen funkelten verräterisch.
"Gut denn, wenn Sie sie unbedingt haben wollen."
"Ich will." Seine Lordschaft lächelte. "Sie werden mich doch nicht enttäuschen, nicht wahr?"
Sein Lächeln hatte eine eigenartige Wirkung auf Iantha. Auch wenn sie sich noch so sehr bemühte, sie konnte ihm sein eigenmächtiges Verhalten nicht länger übel nehmen. Schließlich war er bei allem sehr liebenswürdig.
"Nein. Wenn ich sage, dass ich etwas tun werde, können Sie sicher sein, dass ich es auch tue."
Mit einem schelmischen Ausdruck in den Augen küsste er ihr die Hand. "Ich bin sehr glücklich, das zu hören."
Es lag ein Doppelsinn in seinen Worten, doch nicht um alles in der Welt konnte Iantha ihn erraten.
Eine Woche später, am Vorabend von Heiligabend, war das Wetter kalt und stürmisch, doch obwohl es bewölkt war, fiel kein Schnee. Am Abend zuvor war der ganze Kethley-Clan nach The Eyrie gekommen. Da es Weihnachten war, war das Fest für die ganze Familie geplant worden. Die jüngeren Familienmitglieder der Kethleys waren sehr aufgeregt, an solch einem großen Ereignis teilzunehmen.
Valerie und Nathaniel freuten sich auf einige ihrer Freunde, die zusammen mit ihren Familien ebenfalls eingeladen waren. Man hatte viel Unterhaltung eingeplant, um den Jüngsten die Zeit zu vertreiben. Thomas gab sich Mühe, unbeeindruckt zu erscheinen. Es war seine erste große Gesellschaft, an der er als Erwachsener teilnehmen durfte, und stolz tat er so, als sei er an einigen jungen Damen, von denen er wusste, dass sie auf der Gästeliste standen, überhaupt nicht interessiert.
Als Rob am Morgen den Frühstücksraum betrat, stellte er fest, dass Lord Rosley schon anwesend war. Sein zukünftiger Schwiegervater nickte ihm zu, während er Butter auf einen Scone strich. "Morgen, Duncan. Freu mich, noch einen Frühaufsteher zu sehen. Sind Sie für den Überfall bereit?"
Rob feixte. "Das bin ich. Wie jeder gute General, der sich auf einen Angriff vorbereitet. Ich habe dafür gesorgt, dass genügend Offiziere meine Pläne ausführen, ohne dass ich mich um die Details kümmern muss. Ich habe fest vor, mich zu vergnügen."
Und er hatte sich vorgenommen, genügend freie Zeit zu haben, um einen viel wichtigeren Feldzug zu starten. Jetzt war die beste Gelegenheit, damit zu beginnen, seine zukünftige Ehefrau zu verführen. Das dürfte eine lange und mühsame Aufgabe werden, und Rob fragte sich wieder einmal, warum er sie auf sich genommen hatte. Doch immer, wenn er sich diese Frage stellte, stieg das Bild eines sanften, unschuldigen jungen Mädchens vor ihm auf, das man grausam missbraucht hatte. Eines Menschen, der einen einsamen, mutigen Kampf kämpfte, um in einer Welt seinen Platz zu finden, die keinen Platz für ihn bereithielt.
Noch bevor er seinen Teller gefüllt hatte, bot sich ihm schon die erste Gelegenheit, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. In einer Wolke aus rosafarbigem Musselin schwebte Iantha in den Raum. Er beeilte sich, sie ans Buffet zu geleiten, und legte dabei zart die Hand an ihren Ellbogen. Er spürte, wie sie sich verkrampfte, als er sie berührte. Ja, es würde ein langer Weg sein.
Er drehte sie leicht zu sich um und sah fragend in ihr zu ihm aufblickendes Gesicht. Doch er zog die Hand nicht zurück. Er sah die Entschlossenheit in ihren Augen. Beim Jupiter, was war sie für ein tapferes kleines Ding! Lächelnd drückte er flüchtig ihren Arm. Sie holte tief Luft und lächelte ihn ebenfalls an, ohne zurückzuweichen. "Guten Morgen, Mylord."
Rob nickte anerkennend und ließ sie los. "Ich hoffe, Sie haben die Nacht gut verbracht."
"Oh, gewiss. Ich mag das Zimmer Ihrer Großmutter immer mehr. Mir kommt es schon so vor, als hätte ich sie gekannt." Iantha bediente sich, und er rückte ihr den Stuhl zurecht, als sie sich setzte. Ganz zart ließ er die Hand über ihre Schultern streifen, bevor
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