Die silberne Göttin
er zu seinem Platz zurückging.
"Haben Sie auch den angrenzenden Salon gesehen? Ich möchte, dass Sie ihn ebenfalls benutzen, und zwar jederzeit – absolut jederzeit." Wieder blickte er ihr in die Augen.
Sie lächelte ihn an. "Danke, Rob."
Langsam und zögernd streckte sie die Hand aus und berührte seine Hand mit dem Finger – leicht und zart wie die Berührung eines Schmetterlings.
Rob war zufrieden. Auch wenn es lange dauern würde, diese Schlacht würde er gewinnen.
Im Laufe des Tages kamen die Gäste an. Und immer mehr Wolken türmten sich auf. Der letzte Gast kam, als es zu schneien begann. Das Ereignis entlockte den Jüngeren, die man nach oben scheuchte, laute Freudenschreie: Weiße Weihnachten!
Robs Tante, Lady Dalston, entpuppte sich als ein runder, vergnügter Kobold von Frau. Sie überwachte die Vorbereitungen mit der Leichtigkeit jahrzehntelanger Erfahrung als Gastgeberin. Zum Dinner war der Salon angefüllt mit den Erwachsenen, die an dem Fest teilnahmen.
Iantha zögerte ihr Erscheinen hinaus, so lange sie konnte, doch schließlich erschien Mama in ihrem Zimmer und bestand darauf, dass an ihrem Aussehen nun wirklich keine Veränderungen mehr nötig wären. Während sie sich dem Salon näherte, schloss Iantha die Augen und atmete tief ein, gerade so, als würde sie sich auf einen Sprung in kaltes Wasser vorbereiten. Doch das wäre einfacher gewesen.
"Ah, da sind Sie ja", erklang Robs tiefe Stimme neben ihr. Iantha erschrak und öffnete die Augen. Er bot ihr den Arm, und diesmal nahm sie ausnahmsweise sein Angebot dankbar an. Er klopfte ihr beruhigend die Hand. "Kommen Sie, Sie werden es schon schaffen. Sie haben noch nicht all die Komplimente gehört, die man Ihren Bildern gemacht hat."
Als er sie in den Salon geleitete, schien es Iantha, als würden einen Herzschlag lang alle Gespräche verstummen. Doch vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Sie war nun einmal sehr empfindlich, was die Reaktionen anderer auf ihre … Situation betraf. Aber sie konnte sehen, dass ihre Bilder und sie selbst am Arm von Lord Duncan bei den Gästen Neugier erweckten.
Viele der Gäste waren Nachbarn, die Iantha schon ihr Leben lang kannte. Die meisten waren freundlich ihr gegenüber – abgesehen von gelegentlichen mitleidigen Blicken. Doch einige kamen aus London, und die kannte sie nicht. Rob änderte das sofort. Auf einen rotgesichtigen, stämmigen Mann mit lichter werdendem weißem Haar zugehend, sagte er zu Iantha gewandt: "Miss Kethley, darf ich Ihnen meinen Teilhaber Mr. Welwyn vorstellen? Mr. Welwyn repräsentiert das Unternehmen, bei dem ich ein Konto habe und in das ich investiere."
"Wie geht es Ihnen?" Iantha konnte sich nicht dazu überwinden, ihm die Hand zu reichen.
Doch das war offensichtlich auch nicht notwendig. Mr. Welwyn verbeugte sich. "Zu Ihren Diensten, Miss Kethley. Es ist mir eine Ehre, Sie kennen zu lernen."
Er blickte sich im Raum um. "Haben Sie vielleicht meinen Assistenten, Stephen Wycomb, gesehen? Der Kerl muss sich hier irgendwo herumtreiben."
"Ich hatte noch nicht das Vergnügen." Obwohl sie völlig verkrampft war, brachte Iantha ein Lächeln zu Stande.
"Vielleicht finden wir ihn." Rob nickte seinem Bankier zu und führte Iantha an ihm vorbei zu einer Gruppe jüngerer Leute. Einige waren Nachbarn. "Ich denke, Sie kennen diese jungen Damen bereits."
Iantha nickte. "Natürlich. Guten Abend, Miss Carlisle, Miss Clifton. Hallo , Meg. Schön, Sie alle zu sehen."
Die Töchter von Kethleys Nachbarn erwiderten den Gruß, und ihre Gesichter drückten teils Freundlichkeit, teils Neugier oder Unsicherheit aus. Nur Meg Farlam streckte die Hand aus. Iantha ergriff sie kurz, lächelte und wandte sich dem jungen Mann zu, der ihr nun vorgestellt wurde. "Miss Kethley, erlauben Sie, dass ich Ihnen meinen Cousin vorstelle, Samuel Broughton. Er ist auch mein Agent. Und kennen Sie Horace Raunds? Er geht seinem Vater, Lord Alton, im Ministerium des Innern zur Hand."
Der angesprochene junge blonde Diplomat verbeugte sich mit einem warmen Lächeln auf dem sympathischen Gesicht. Iantha dachte bei sich, dass trotz dieses Lächelns eine gewisse Traurigkeit in seinen Augen lag. Sie nickte, der Nacken schmerzte ihr bereits, und lächelte wiederum.
"Und dieser hier ist auch ein Heimkehrer." Rob deutete auf einen Gentleman mit braunem Haar. Der Ausdruck von Lebensüberdruss milderte etwas das Stechende, das seinen blauen Augen anhaftete. Er sah um einiges älter als Raunds aus. "Lord Sebergham
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