Die silberne Maske
Elf zu sein. Sie warf sich herum und rannte davon, zu den versteckten Fluchtwegen am Eulengehege.
Hinter ihr schrie Cordt dem Troll zu: »Rette das Lu-lu! Rette das ...«
Plötzlich brach er ab.
Nethan hatte ihn von hinten gepackt und schnitt ihm die Kehle durch. Das Blut spritzte nur so, deshalb sprangen die Wächter hastig zur Seite. Sie wollten ihre Uniformen schützen, die Cordt genäht hatte. Es würde ja jetzt keine neuen mehr geben, also musste man besonders gut aufpassen.
Gemeinsam mit Nethan packten sie den alten Mann, zerrten ihn an den Füßen zum Straßenrand und warfen ihn in die Tiefe.
Für den Troll war das alles zu schnell gegangen. Er verstand nicht, warum die Wächter seinen Herrn erst untergehakt hatten und er im nächsten Moment am Boden lag. Slubby wusste nur, dass er das Lu-lu retten musste. Er schlurfte an den Wagen und langte mit seiner haarigen Pfote hinein.
Lu-lu schrie, als er es an einem Bein in die Höhe hielt.
»Och«, machte der Troll und sah sich um. Der Herr hatte retten gesagt - aber was hieß das eigentlich? Slubby beschloss, erst einmal wegzugehen. Aber wohin? Das Tor war zu, und auf der Straße nach Hause standen die Wächter und drohten mit ihren Waffen. Warum nur? Er hatte ihnen doch gar nichts getan.
Lu-lu hörte nicht auf zu weinen, und es tat ihm so leid. Slubby legte sich das kleine Ding in den Arm, streichelte mit dem Finger seine tränennassen Bäckchen. Es schnappte nach ihm und begann zu nuckeln, allerdings nur kurz.
Etwas stach ihn ins Bein.
»Och!« Erstaunt blickte er an sich hinunter. Da war ein dünner Stock! Slubby zog ihn heraus und sah sich um. Wo war der hergekommen?
Der schwarz gekleidete Mann, der kein Wächter war, hielt einen Bogen in der Hand. Slubbys Herr hatte auch so einen. Er benutzte ihn für die Jagd. Aber hier am Tor gab es gar nichts zu jagen.
Wieder stach ihn ein Stock. Slubby mochte das nicht. So drehte er sich um und begann, die Kraterwand hochzuklettern. Es war nicht weit bis zum Grat, und wenn er erst oben war, konnte er vielleicht herausfinden, was retten hieß.
Das Klettern machte ihm keine Mühe, selbst mit Lu-lu im Arm. Große Trolle hatten große Füße, und mit denen fand sich immer ein Halt. Es wäre nur gut, wenn die Stöcke aufhören würden, ihn zu stechen. Allmählich tat es weh. Slubby hätte gerne nach hinten gegriffen, um seinen Rücken zu streicheln und weil da etwas hinunterlief. Aber er hatte nur eine Hand frei, und die brauchte er zum Festhalten.
Als er den Grat erreichte, war ihm schwindlig, und er fühlte sich so müde. Dabei hatte Slubby den ganzen Morgen geschlafen! Er durfte nicht ausruhen, denn sein Herr hatte ihm einen Befehl erteilt. Rette das Lu-lu!
Er schaute auf seinen Arm und erschrak, weil da plötzlich zwei Lu-Lus waren. Aber wenn er blinzelte, wurden sie wieder zu einem.
Der Wind zauste sein Fell, als der Troll sich schwankend erhob und mit müden Augen über den Vulkanrand blickte. Draußen war Freiheit - endlose Freiheit, bis an den Horizont. Keine Barrikaden, keine Feuer. Keine Angst. Nur schönes grünes Gras; ein Regenbogen über dem rauschenden Fluss, an dessen Ufer die Gerberei stand. Vielleicht sollte er dorthin gehen. Vielleicht wartete sein Herr schon auf ihn. Draußen, in der Freiheit.
Slubby machte einen Schritt nach vorn. Er wusste nicht, dass sein Rücken mit Pfeilen gespickt war, die der Faitache auf ihn abgeschossen hatte. Dass mit dem vielen Blut das Leben aus ihm rann. Dass er längst verloren war.
Er merkte nur, dass er es nicht mehr schaffen würde, an der Außenseite des Vulkans hinunterzuklettern. Er musste das Lu-lu retten! Und so setzte sich Slubby hin, nahm das kleine Elfenkind fest in seine Arme, krümmte seinen Körper wie eine schützende Pelzkugel darüber.
Und ließ sich fallen.
»Was war das?« Laycham brachte seinen Hengst zum Stehen, schaute mit zusammengekniffenen Augen in die Ferne. Dorthin, wo der Mateysköll aus dem Flachland aufragte und ein ganzes Elfenvolk im Sterben lag.
Der Prinz schüttelte den Kopf und ritt wieder an. Er hatte geglaubt, etwas fallen zu sehen. Doch der Vulkan war weit entfernt und sein Rand an einigen Stellen mit Feuern bestückt. Vermutlich war es nur eine optische Täuschung gewesen.
Laycham drehte sich nach Zoe um, die hinter ihm saß und ihre Hände mittlerweile wie selbstverständlich auf seine Hüften legte.
»Noch kannst du es dir überlegen - Gesandte!«, sagte er. »Wir werden ein Waldstück passieren auf dem Weg nach
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