Die silberne Maske
würde er ganz sicher noch offenbaren.
»Sieh zu.«
Der Schattenlord wallte vor ihm auf und ab, entfernte sich ein Stück und schwebte dann höher, sodass Akurós Sicht frei war. Auf ein Wäldchen, Grasland, ein paar Viehherden, weiter hinten einen Hof. Dazwischen ein Bach. Keine besondere Witterung, nichts Ungewöhnliches, was Akurós scharfe Augen ausmachen konnten. Der König runzelte die starken Brauen, und er spürte, wie ihn Langeweile überkam.
Und dann verharrte er ungläubig.
Als würde ein Schleier von seinen Augen gezogen, schälte sich hinter dem Hof plötzlich etwas aus der Luft heraus, als hätte es sich darin verborgen, wurde immer größer und deutlicher.
Eine riesige Kupfermauer, mindestens zwei Sprünge hoch, die sich von Horizont zu Horizont zog. Und der Krümmung nach zu urteilen, befand Akuró sich innerhalb davon.
»Was sagst du nun?«
»Ich bin sprachlos«, stieß der König hervor und spürte, wie eine gewaltige, heiße Wut in ihm hochwallte. Davon hatte er nie gewusst! Und kein anderer vor ihm!
»Dein Volk wurde vor langer Zeit hier hereingebracht und eingesperrt. Die Mauer wurde durch einen mächtigen Zauber verborgen, und Vergessen wurde den Gog/Magog aufgezwungen, sodass sie nicht mehr wussten, dass es eine Mauer gab und dass hinter der Mauer eine Welt existierte, größer, als du es dir vorstellen kannst. Denn es ist nicht nur eine Welt, sondern es sind viele Welten.«
»Warum wurden wir eingesperrt?«, fragte Akuró heiser.
Er glaubte, das Lächeln des Schattenlords spüren zu können. Ein bösartiges, giftiges Lächeln. » Weil sie Angst vor euch haben. Weil ihr, das Doppelvolk, das stärkste, unüberwindlichste und grausamste aller Völker seid. Ihr seid dazu ausersehen, die Welten zu überrennen und zu vernichten, was sich euch in den Weg stellt.«
»Und was willst du, Schattenlord?«
»Ich will euch anführen.«
»Niemand führt die Gog/Magog an, außer Akuró, ihr König!«
»Möchtest du König für immer sein?«
Akuró hechelte misstrauisch. »Was soll das bedeuten? Kläre mich auf!«
»So höre mir zu. Es gibt einen Palast, nicht weit von hier, und dort fließt die Quelle der Unsterblichkeit. Sie schenkt das ewige Leben nicht für immer, sondern jeden Tag aufs Neue. Aber wenn du von ihr trinkst, und das jeden Tag, wirst du ewig leben und König sein, und niemand wird stärker sein als du. Und dein Volk wird die Welten überrennen, aber nicht vollends zerstören, denn ich werde anschließend über sie herrschen. Und ihr werdet darauf achten, dass sich niemals wieder jemand gegen mich erhebt. Wir werden zu den Menschen gehen und den Elfen, wir werden Asgard erobern und die Geisterwelt. Es gibt viel zu tun für euch.«
Der König starrte auf die Kupfermauer, die wie ein Trugbild wirkte, doch das Gegenteil war der Fall. Lug und Trug waren es gewesen, so lange Zeit, und nun erst offenbarte sich die Wahrheit. Nichtsdestotrotz waren sie hinter der Mauer ihrer Bestimmung gefolgt. Sie besaßen die größten und besten Schmieden und Waffen, sehr viele Waffen. Sie waren Krieger. Das hatten sie nie verlernt, das hatte kein Zauber auslöschen können. Sie waren Gefangene gewesen, ja, aber sie waren immer noch die Gog/Magog.
»Doch dazu hätten wir uns dir zu unterwerfen«, stellte er fest.
»Es kann nur einen Herrscher geben, der Schattenlord ist. Ja, ihr habt meinem Befehl zu gehorchen. Dafür biete ich euch die Freiheit der Welten, grenzenlose Weite, wohin ihr auch blickt. Keine Mauern mehr. Und für dich das Wasser des Lebens, sodass du auf immer König bist deines Volkes, unangefochten, unüberwindlich.«
Akuró lachte auf, und es schallte weit über das Land. »Hast du einen ersten Auftrag für uns, oh Schattenlord?«
»Gegen Morgenröte zu ziehen, denn dort befindet sich die Quelle für dich und etwas Bedeutsames für mich. Haben wir dieses Ziel erreicht und ich habe gefunden, wonach ich schon so lange suche, steht unserem großen Eroberungskrieg nichts im Wege.«
»Krieg«, knurrte Akuró und leckte sich über die Lefzen. »Kriiiiiiiiieeeeg ...« Er stöhnte auf vor Lust, das war erregender und sinnlicher als jede Paarung. Er spürte, wie tief in seinem Inneren etwas erwachte, und wusste, er war an seiner Bestimmung angekommen, hatte den Sinn seiner Existenz gefunden.
Er musste sich dazu einem Herrn beugen, aber was machte das schon aus? An einem größeren Thron war Akuró nicht interessiert, ihm genügte es, sein Volk zu führen. Und was das betraf, würde der
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