Die Silberschmiedin (2. Teil)
Eva, bist von Mattstedt abhängiger als von deinem zukünftigen Ehemann. Es wird die Zeit kommen, in der du mir für meine Vorsorge dankbar sein wirst.»
David ergriff nun das Wort: «Euer Geld ist mir gleichgültig, Sibylla. Die Wahrheit ist ohnehin unbezahlbar.»
«Adam ist Gott sei Dank hier», beharrte Sibylla. «Er wird dafür sorgen, dass kein Schaden entsteht.»
David beachtete Sibylla nicht und lachte nur: «Das Haus ist groß genug. Wir haben die Zwillinge, Geschwister und die Angestellten bei uns. Das ist gut so. So ist das allgemeine Augenmerk nicht nur auf uns gerichtet.»
«Wie meinst du das?», fragte Eva und war überrascht, wie gelassen David Sibyllas Opposition aufnahm.
«Wir können unsere Liebe leben, wie wir es wollen. Hast du noch nicht bemerkt, dass die meisten Menschen um uns herum ohnehin nur mit sich selbst beschäftigt sind?»
David hatte scheinbar nur zu Eva gesprochen, doch war klar, dass seine Worte an die Mutter gerichtet waren.
Wenige Tage später wurde die Hochzeit im großen Stil gefeiert. Es war ein Fest ohnegleichen. Sibylla hatte es an nichts fehlen lassen. Bereits eine Woche vorher hatte sie zwei weitere Köchinnen aus dem besten Gasthaus der Stadt kommen lassen. Die Lechnerin hatte ihre Magd zur Hilfe geschickt, und die Zwillinge halfen unter Bärbes Aufsicht, jeden Winkel des Hauses zum Glänzen zu bringen.
Jetzt war das ganze Haus mit weißen Bändern und Blumenkübeln geschmückt, die einen zarten Duft verströmten.
Die Tafeln bogen sich unter den köstlichsten und ausgefallensten Speisen. Es gab Wildbret aus den Auen, Fische aus der Elster und als Krönung der Tafel einen gebratenen und mit Blattgold belegten Schwan. Getrocknete Früchte aus der neuen Welt wurden aufgetragen, dicke Soßen aus seltenen Gewürzen dazu gereicht, und nicht einmal ein dreistöckiger Kuchen aus dem überaus kostbaren Marzipan fehlte.
Der Wein floss in Strömen, das beste Geschirr und das feinste Leinen waren aufgedeckt, die für diesen Tag bestellten Dienstmädchen trugen weiße Schürzen und schwitzten schon, bevor das Fest begonnen hatte. Die mächtigsten Männer und Frauen der Stadt kamen. Ein Zeremonienmeister kündigte jeden Gast mit Namen an.
Sogar Jakob Fugger war gekommen, doch jeder wusste, dass er nicht allein wegen seines Patenkindes auf dieser Hochzeit tanzte. Zwar galt es als überaus unhöflich, auf einem solchen Fest über Geschäfte zu sprechen, dennoch verfolgten alle Augen neugierig den Augsburger Kaufmann. Mit wem sprach Fugger? Wie oft tanzte er mit wessen Frau? Wem lachte er zu, wem legte er gar freundschaftlich die Hand auf die Schulter? Und das Wichtigste: Was schenkte er dem Brautpaar? Der Tisch, auf dem die Gaben gestapelt wurden, bog sich beinahe. Meister Faber hatte einen Satz silberne Tafelbecher gefertigt, der Drucker Kunz Kachelofen kam mit einer Bibel, Ute brachte einen Satz Tischwäsche mit, Mattstedt hatte mehrere Fässer Wein aus der Toskana geschickt, die Begine Hildegard einen Kissenbezug. Die reichen Familien wie die Hummelshains schenkten schön besticktes Leinenzeug, der Stadtmedicus eine Karte von der neuen Welt, und der Stadtschreiber legte zwei nagelneue Kladden aus bestem Papier auf den Gabentisch. Jakob Fugger aber übergab dem Paar einen Bettüberwurf aus kostbarem Brokat, der mit echten Perlen bestickt war. Die Frauen brachen in Rufe der Bewunderung aus, als sie das Prachtstück sahen, und auch Eva strich immer wieder hingerissen über den kostbaren Stoff.
Sie war restlos glücklich, obwohl sie noch am Morgen eine Auseinandersetzung mit ihrer Mutter gehabt hatte.
Sibylla hatte ihr ein mit silbernen Fäden durchzogenes Kleid aus weißem Mailänder Samt mitgebracht. Goldene Bordüren und unzählige Glassteine waren darauf gestickt, sodass das Kleid wie ein Sternenhimmel funkelte. Doch Eva hatte es nicht angezogen.
Stolz war sie in ein weißes Kleid aus einfachem Tuch geschlüpft, das ganz ohne Zierrat auskam und die Formen ihres Körpers verbarg.
«Willst du wie eine Begine auf deiner Hochzeit aussehen?», hatte die Mutter ungläubig gefragt.
Eva hatte genickt und das Prachtstück aus Mailänder Samt nicht einmal berührt.
«Ja», sagte sie schlicht. «Das möchte ich.»
Sie schüttelte stumm den Kopf, als ihr die Mutter das Kleid auf den ausgestreckten Händen hinhielt und einen bittenden Ausdruck im Gesicht hatte.
«Nein, Mutter», wiederholte sie. «Ich weiß, dass du nur mein Bestes willst, aber du verstehst darunter etwas
Weitere Kostenlose Bücher