Die Silberschmiedin (2. Teil)
lächelte. «Er hat dir wehgetan, nicht wahr? Tröste dich. Die Schmerzen und das Blut kommen nur beim ersten Mal. Du wirst sehen, von jetzt an wird es von Nacht zu Nacht schöner.»
«Ich danke dir, Ute», erwiderte Eva. «Es ist gut, eine Freundin wie dich zu haben. Und nein, ich glaube nicht, dass es noch schöner werden kann.»
Sie beobachtete die Kaufleute, die in kleinen Gruppen zusammenstanden. Jeder versuchte, sich bei Jakob Fugger lieb Kind zu machen.
Der Augsburger würde sich heute für den Vorsteher seiner gerade in Leipzig gegründeten Faktorei entscheiden. Dieser Posten war nicht nur mit Geld, Macht und Einfluss verbunden, sondern sicherte den Leipzigern obendrein über den Zugriff auf das Kupfer aus Mansfeld auch noch das Kupfer aus Ungarn und die Erze aus Österreich, für die der Kaufmann aus Augsburg das Monopol besaß. Derjenige, den Fugger auserkor, würde innerhalb kurzer Zeit sein Vermögen vervielfachen können. Fugger plante, die Erträge aus den östlichen Ländern auf der Leipziger Messe zu verkaufen, und hatte sich deshalb sogar an Kaiser Maximilian I. gewandt, um für die Stadt weitere Messeprivilegien zu erwirken. Auch um den Titel «Reichsmesseplatz» bemühte er sich beim Kaiser.
«Das Stapelrecht bringt Leipzig ungeahnte Vorteile», erklärte Fugger der Hummelshainerin, die so tat, als hätte sie noch nie etwas Spannenderes gehört. «Jeder Kaufmann, jeder Handwerker, jeder Händler ist dadurch verpflichtet, seine Waren für wenigstens drei Tage hier in der Stadt zum Verkauf anzubieten, selbst wenn er nur auf der Durchreise ist. Zwar hat der Kurfürst Friedrich dieses Niederlags- und Stapelrecht bereits 1464 verfügt, doch was nützt es, wenn wichtige Rohstoffe und Waren auf anderen Handelsplätzen angeboten werden?»
Dass seine Faktorei unter einem geeigneten Vorsteher gehörig von den kaiserlichen Privilegien profitieren würde, erwähnte er nicht.
David saß Fugger gegenüber und sog jedes seiner Worte in sich auf. Noch während des Festmahls flüsterte er Eva zu: «Es wäre schön, wenn Fugger mich zu seinem Vorsteher machte.»
Eva sah ihn verwundert an. «Du bist Silberschmied, David, kein Kaufmann. Was willst du mit diesem Posten?»
«Wäre ich Leiter der Fuggerei, so lägen mir Berge von Kupfer und Silber zu Füßen. Wir wären nicht länger von Mattstedts Erträgen und denen deiner Mutter aus den erzgebirgischen Minen abhängig. Ich selbst könnte bestimmen, was in der Werkstatt verarbeitet wird. Frei wären wir, Eva. Frei von deiner Mutter und Mattstedt.»
Eva zögerte, doch dann sprach sie aus, was sie dachte: «Es geht um mehr als um die Rohstoffe für unsere kleine Schmiede. Fugger kontrolliert den gesamten Markt im Römischen Reich. Kaufmännisches Geschick ist erforderlich und gute Verbindungen ins ganze Reich.»
«Traust du mir eine solche Aufgabe nicht zu?», fragte er.
Eva lächelte ihn an. «Ich weiß so wenig von dir. Doch ich bin mir sicher, du würdest deine Sache gut machen.»
David bemerkte Evas Zögern. «Ich würde mir Mattstedt als Hilfe holen, bekäme ich die Fuggerei. Auch er würde sein Säckchen füllen können.»
Eva nickte. Ihre Mutter würde alles tun, um zu verhindern, dass David diesen Posten bekam. Aber David war ihr Mann. Es war ihre Pflicht, seiner Bitte nachzukommen.
Später tanzte sie mit Mattstedt. Der Kaufmann wusste, dass es zwischen Fugger und seinem Patenkind ein besonderes Verhältnis gab.
«Eva, wenn Fugger dich fragen würde, wem er die Faktorei geben sollte, was würdest du dann sagen?»
Eva vermied es, ihn anzublicken. Sie wusste, dass Mattstedt derjenige in Leipzig war, der sich im Metallhandel am besten auskannte, der Beziehungen in alle Länder des Römischen Reiches unterhielt, der in Flandern ebenso bekannt war wie in Burgund, in Lissabon und in London.
«Fugger wäre schlecht beraten, würde er mich fragen», erwiderte Eva ausweichend.
Doch später, als sie am Arm Fuggers die Farandola tanzte, einen Kettentanz, fragte er sie tatsächlich: «Eva, wen hieltet Ihr für den besten Vorsteher der Fuggerei?»
Eva schluckte. Sie wusste, dass sie jetzt für David sprechen müsste, doch sie tat es nicht. Sie stand in Mattstedts Schuld, hatte ihn zurückgewiesen, die Verlobung platzen lassen. Nur seiner Großzügigkeit war es zu verdanken, dass nicht auch noch ihre Freundschaft zerbrochen war.
«Andreas Mattstedt ist der Mann, der sich von allen Leipzigern als Kaufmann und im Metallwarenhandel hervorgetan hat. Es gibt
Weitere Kostenlose Bücher