Die Sirenen von Kalypso
richtigen Richtung wehte, kroch durch die Tunnel dicht am Boden und wich den Bannschwellensymbolen aus, die auch ihm gefährlich werden konnten. Tajima Nimrod folgte ihm. Nicht ganz so lautlos. Glücklicherweise lebte der Wind jetzt auf, und das Rauschen der Kornfelder überdeckte die verräterischen Geräusche.
»Ja«, kam die Flüsterantwort. »Ich habe es gesehen. Ein Hybride. Kein Soldat wie wir. Wahrscheinlich ein extra gezüchteter Giftbringer. Höchst gefährlich. Hast du jemals gegen einen gekämpft?«
Tajima nickte in der Halbdämmerung der Zwischennacht. Der fünfte Mond kletterte über den Horizont. Es wurde heller. Sie mußten sich beeilen. In wenigen Minuten würden auch der sechste und der siebte Mond aufgehen. Dann war es zu hell, um sich unbemerkt an den Saboteur heranschleichen zu können. Ahiron wußte das und beeilte sich dementsprechend.
»Sie sind gefährlich.«
Unnötig, das zu sagen. Ein kalter Schauer rann Tajimas Rücken herab, als er sich an den einen Kampf gegen einen Giftbringer erinnerte …
Und wieder sah er den Schatten. Diesmal war er nur noch wenige Meter entfernt. Für ein oder zwei Sekunden war er deutlich sichtbar im Licht der Monde. Ahiron nahm die günstige Gelegenheit wahr, sprang auf und stürzte sich auf den Hybriden. Tajima stieß seinen Kampfruf aus und sprang ebenfalls auf die Beine. Rings um ihn herum lösten sich Ähren in ekelhaft stinkenden Staub auf. Schnelle Fäule. Eine heimtückische Getreidekrankheit. Zumal, wenn es sich um eine Abart handelte, gegen die die herkömmlichen Magischen Worte nicht wirkten.
Als Tajima an die Seite seines Intimfreundes stürzte, begriff er, daß sie einen Fehler gemacht hatten.
Der nächtliche Gegner war nicht nur ein Erntesaboteur und Giftbringer, er war auch des ter Kampfes fähig. Es erforderte eine beinah übermenschliche Beherrschung des eigenen Körpers, und eine lange Ausbildungszeit war nötig, um einen Menschen oder Hybriden zu einem ter Kämpfer zu machen. Dementsprechend teuer waren sie auch.
Ahiron schrie, als ihn ein genau abgezirkelter Schlag am Nacken traf. Knochen brachen, Nerven wurden unterbrochen. Ohne Waffe hatte ein Soldat keine Chance gegen einen ter Kämpfer. Tajima plazierte drei harte Fausthiebe, doch der Hybride drehte sich immer wieder genau im richtigen Augenblick zur Seite und nahm den Schlägen so die Wucht.
Er wich zur Seite aus, als eine Hand vor seinem Gesicht anwuchs und sich dann in eine Faust verwandelte, die seine Schläfe streifte. Feuer rann durch seine Gedanken und legte einen Schirm aus blendender Helligkeit vor seine Augen. Er taumelte umher, und seine Hände suchten nach dem Gegner.
Als er wieder sehen konnte, war der Giftbringer längst verschwunden: ein Schatten, der mit den Schemen der Halbdämmerung verschmolzen war.
Ahiron Susla lag auf dem Boden. Weiß gelber Schaum bedeckte seine Lippen. Die Stirn war heiß. Er starb. Tajima kniete sich nieder.
»Ich hole einen Heiler«, preßte er hervor.
»N-nein«, gab Ahiron undeutlich von sich. »Sinnlos. Ich … weiß, daß es zu Ende ist, mein … Bruder.«
»Das darfst du nicht sagen.« Etwas Kaltes rann durch Tajimas Adern. Ahiron war der einzige, der ihm zuhörte und wenigstens ab und zu verstand. Er war der einzige, mit dem er sprechen und dem er sich offenbaren konnte.
»Aus.« Ahirons Stimme war nur noch ein kaum verständliches Flüstern. »Er hat mich mit einer Giftdrüse berührt. Selbst … ein Heiler ist dagegen … machtlos … das weißt du …«
»Vielleicht …« Tajima schluckte. Irgendwie erschien ihm dies alles unwirklich. »Vielleicht … kannst du wiedergeboren werden …«
»Ich bin … zu alt …«
Der Kopf kam einige Zentimeter in die Höhe. Ahirons Blick brach.
Tajima Nimrod stimmte den Kummergesang der Soldaten an und umklammerte den erschlafften Körper Ahirons. Nur unbewußt registrierte er, daß andere Soldaten herbeieilten und ihn in sein Quartier zurückbrachten. Tränen rannen an seinen Wangen herab. Sie wuschen die Trauer über den Verlust des einzigen Freundes aus ihm heraus. Aber sie hinterließen eine Leere, die ausgefüllt werden mußte.
4.
Kommt Moderntechnologie, kommen Elend und Zerfall der alten Werte.
Allgemeinweisheit auf Leseitis
Der Glaube ist das Wichtigste. Glaube und Selbstvertrauen auf die eigene Kraft und Stärke. Die, die sind, sind allgegenwärtig. Lobet ihre Existenz; bringt ihnen dann und wann Beweise eurer Zuneigung dar. Sie werden es euch danken und euch
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