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Die Sirenen von Kalypso

Die Sirenen von Kalypso

Titel: Die Sirenen von Kalypso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Werning
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Gebundene Propheten wurden in die Tiefengewölbe der Zentralfeste geführt. Ihre Augen wurden groß, als sie den Spürer erblickten, und über so manche Lippen kamen die erschrockenen Worte: »Ein Kirchensakrileg.« Der Patriarch achtete nicht darauf. Er lauschte dem Echo der gemeinsamen Gedankenstimme. Und er beobachtete, wie die Haut des Spürers weiter dunkelte. Der Auflösungsprozeß.
    »Wie lange noch?« fragte er, als er begriff, daß der Tod des Spezialhybriden nicht zu vermeiden war.
    »Wir wissen es nicht. Einige Minuten vielleicht. Möglicherweise aber auch noch viele Tage. Wir wissen es einfach nicht.«
    Karamanash nickte langsam. »Gut, die Verbindung besteht noch?«
    »Sie ist wieder stabiler geworden, Hoher Herr.«
    »Schickt die Sucher aus. Wir dürfen jetzt nicht das Risiko eingehen, die Spur Tajima Nimrods zu verlieren. Jetzt nicht mehr.«
    »Wie Sie befehlen, Hoher Herr.« Köpfe wurden ehrerbietig geneigt.
    Karamanash Ohtani drehte sich um und verließ die Tiefengewölbe. Die Zeit war jetzt zu einem entscheidenden Faktor geworden.
     
    Drei Tage hatte der Novize benötigt, um das Ödland im Mittelwesten zu durchqueren. Er hatte keine Ruhepause eingelegt und nur innegehalten, um einen Schluck Wasser zu sich zu nehmen. Er hatte sich die Prinzipien der Asketischen Kirche vergegenwärtigt und so die Hitze des Höllenfeuers und die Kälte der Zwischennächte gut überstanden. Am vierten Tag lag das Ödland hinter ihm, und er betrat die Pilzplantagen der Ohtanis. Süßlicher Duft schlug ihm entgegen. Er hob die Hand, wenn ihm die Arbeiter der Plantagen respektvoll zuwinkten. Sie überprüften die Schnitte an den dicken Pilzstämmen und sammelten den Nektar aus den Auffangbehältern. In einem komplizierten Gärprozeß wurde aus diesem Nektar Leseitiswein. Ein Nebenprodukt war ein tiefenwirkendes Halluzinogen, das an Soldaten verteilt wurde, die sich in Schlachten besonders hervorgetan hatten. Der Novize schritt über die Wege aus Schimmerkies. Die weiten Bauten der Zentraldomäne der Ohtanis ragten vor ihm auf: eine Feste aus Düstermarmor, dicke, uneinnehmbare Mauern, umgeben von einem mehrfach gestaffelten Gürtel aus Bannschwellen und Magischen Abweisern. Immer wieder kam der Novize an Gebundenen Propheten vorbei, die ihn sofort als Mitglied der Asketischen Kirche erkannten und ihm Durchlaß gewährten. Die Magischen Schwellen waren stark, wie er feststellen mußte, und ihm kamen plötzlich Zweifel, ob er seine erste Außenaufgabe wirklich erfolgreich abschließen konnte. In Begleitung eines Starkpropheten gelangte er schließlich in den Inneren Bereich der Zentralfeste. Söhne und Töchter des Patriarchen Karamanash Ohtani eilten ihm entgegen und baten um seinen Segen. Er gewährte ihn, und viele Augen leuchteten glücklich auf. Bald darauf wurde der Mönch in einen herrlich ausgestatteten Raum geführt. Karamanash Ohtani selbst saß hinter einem breiten, mit Schwarzrubinen und Samtsaphiren verziertem Tisch.
    »Ich grüße dich, Hoher Herr«, sagte der Patriarch und deutete auf einen Stuhl, der besonders einfach gehalten war. Mit einem Nicken bedankte sich der Mönch für diese freundliche Geste.
    Der Novize sah sich um. Dies war eine neue Welt. Eine Welt aus Luxus und unnötigen Spielereien. Eine Welt aus Dingen, die den Geist lähmten und den Körper erschlaffen ließen. Eine Welt, deren Faktoren Erkenntnis erschwerten. Er nickte sich in Gedanken zu. Die Regeln der Asketischen Kirche trafen zu. Hier war der Beweis.
    »Ich bin gekommen«, sagte der Novize schließlich, »um Weise Worte zu bringen.«
    Der Patriarch neigte den Kopf.
    »Ich danke dir dafür, Hoher Herr.«
    »Und ich bin auch gekommen, um einer Kriegsbeschwerde der Wyantfamilie nachzugehen.«
    Die Augen Karamanashs verengten sich. »Was für einer Beschwerde?«
    War es Angst? War es Mißtrauen? Oder eine unbestimmte Befürchtung? Der Novize setzte seine Mentale Stimme ein und berührte damit die Gedanken des Patriarchen. Beinah sofort stemmte sich ihm eine Barriere entgegen, deren Dichtigkeit sich verstärkte, wenn er weiter vorzudringen versuchte. Er begriff. Der Patriarch wurde durch einen persönlichen Gebundenen Propheten abgeschirmt. Nun gut. Damit hatte er gerechnet.
    »Es wurde behauptet, in deiner Feste, Patriarch, befänden sich mehrere Starkpropheten, die nur mit der einen Aufgabe versehen sind, von der Kirche geliefertes Kriegsmaterial mit besonderen Magischen Beschwörungen eine gesteigerte Kampfqualität zu

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