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Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Titel: Die Sisters Brothers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick deWitt
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derart durch mein eigenes Hotel laufen.« Ich goss ihm ein tüchtiges Glas Branntwein ein, und er leerte es in zwei Zügen. Charlie ging ins Wasserklosett und kam mit etlichen Handtüchern zurück, einer Schüssel Wasser und einem Handspiegel. All das wurde vor Mayfield auf den kleinen Tisch gelegt, und wir sahen, wie er sich an seine Reinigung machte. Er zeigte dabei nicht die geringste Gefühlsregung, und ich empfand eine gewisse Bewunderung für diesen Mann. Er stand kurz davor, sein Gold und sein gesamtes Vermögen zu verlieren, und war doch so ruhig, als wolle er sich lediglich rasieren. Ich fragte mich, was er jetzt wohl dachte, und fragte ihn dann selber. Worauf er sagte, er schmiede bereits neue Pläne. Und als ich ihn fragte, was für Pläne, da legte er den Spiegel mit dem Gesicht nach unten nieder und sagte: »Das hängt ganz davon ab, wie viel ihr mir von meinem Geld lasst.«
    »Warum sollten wir dir etwas lassen?«, sagte Charlie mit erhobenen Brauen. Er war gerade dabei, die Schubladen des Schreibtischs zu durchwühlen. »Ich dachte, wir hätten ausgemacht, dass dir nichts mehr bleibt.«
    Mayfield verschlug es die Sprache. »Nichts? Soll das heißen, gar nichts?«
    Charlie blickte mich an: »War das nicht der Plan?«
    Worauf ich sagte: »Meines Wissens war der Plan, ihn zu töten. Aber da wir dieses Detail bereits geändert haben, könnten wir über den anderen Punkt zumindest reden. Ich gebe zu, es ist schon ein bisschen hart, ihn völlig mittellos seinem Schicksal zu überlassen.«
    Charlies Augen verdunkelten sich. Darüber musste er erst nachdenken. Mayfield sagte: »Du hast gefragt, was ich denke. Ich will es dir sagen. Ich denke, wenn ein Mann, ein Mann wie ich, von Männern, wie ihr welche seid, ein solcher Schlag versetzt wurde, dann bleiben ihm im Grunde nur zwei Möglichkeiten. Entweder er geht von nun an mit vergiftetem Herzen durch die Welt, entschlossen, damit jeden anderen zu vergiften, dem er begegnet. Oder aber er beginnt mit leerem Herzen noch einmal von vorn und achtet sehr darauf, es nur mit Dingen zu füllen, die ihm zur Ehre gereichen. Auf dass seine bekümmerte Seele neue Nahrung finde, aus der Positives wachsen kann.«
    »Hat er das gerade erfunden?«, fragte Charlie.
    »Ich habe mich für den zweiten Weg entschieden«, sagte Mayfield. »Ich bin ein Mensch, der sich wieder etwas aufbaut, und allein darauf muss ich mich jetzt konzentrieren. Auf die Weise werde ich wieder wissen, wer ich bin – oder einmal war, denn ich fürchte, das bequeme Leben hier hat mich träge gemacht. Dass ihr mich überhaupt besiegen konntet, ist der Beweis dafür.«
    »Er rührt keinen Finger und tut seine Feigheit auch noch als Faulheit ab«, sagte Charlie.
    Und ich setzte hinzu: »Da liegen fünf Tote herum, und er will uns weismachen, der Sieg über die Macht des Reichen sei ein Leichtes gewesen.«
    »Klarer Fall von gestörter Selbstwahrnehmung«, sagte Charlie.
    Worauf Mayfield sagte: »Ich will offen reden: Meine Hoffnung ist, ihr stattet mich mit genügend Mitteln aus, um eure Heimatstadt Oregon City zu erreichen. Denn dorthin will ich mich begeben, um Tod und Untergang über den Strolch mit der krummen Klinge zu bringen, James Robinson.«
    Kaum dass er geendet hatte, kam meinem Bruder und mir derselbe böse Gedanke.
    »Kann es eigentlich noch besser werden?«, fragte Charlie.
    »Oder noch tragischer?«, sagte ich.
    »Wie, nach alledem, was ihr mir angetan habt, wollt ihr diesen Verbrecher auch noch beschützen?«, empörte sich Mayfield. »Es ist nur recht und billig, dass ihr mich wenigstens in meiner Rache unterstützt. Ihr habt mir alles genommen, was ich erworben habe, aber ihr könnt es teilweise wiedergutmachen, wenn ich einen kleinen Rest behalten darf.«
    Diese Selbstgerechtigkeit besiegelte sein Schicksal, und wir kamen überein, dass Mayfield hundert Dollar erhalten sollte, gerade genug bis nach Oregon City, wo seine Reise zu Ende wäre und wo er von Robinsons Tod erführe. In diesem Moment würde er wissen, dass wir es von Anfang an gewusst hatten, und könnte sich in schwärzester Bitternis unsere Schadenfreude ausmalen. Er bekam den Betrag in punziertem Golde, das direkt aus seinem Safe im Keller stammte. Als Mayfield in das offene Maul seines Geldschranks starrte, sagte er: »Es war die einzige Zeit meines Lebens, in der mir das Glück hold war. Hier, schaut doch: Gold, Bargeld und Wertpapiere, mehr, als sich die meisten Menschen vorstellen können.« Er nickte ernst, doch seine

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