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Die Skelettbande

Die Skelettbande

Titel: Die Skelettbande
Autoren: Stefan Wolf
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anderen Hotel. Sie hatte sich ihrer Kleider entledigt und war in
einen Pyjama geschlüpft. Jetzt saß sie auf dem Doppelbett mit der weißen
Damastbettwäsche und genoss die wunderschöne Aussicht, die das Panoramafenster
ihres Hotelzimmers bot.
    Jede Lesereise war Anstrengung
pur. Das lag nicht einmal so sehr an der Reise selbst. Da gab es den üblichen
Stress, zunächst die Vorbereitungen, Terminabsprachen und endlosen
Telefongespräche, später dann die lange nervige Anreise mit Auto, Bahn oder
Flugzeug. Aber an all das war sie gewöhnt und sie wickelte die Anforderungen
ihres Jobs routiniert ab. Was ihr nach all den Jahren, in denen sie nun schon
für den erfolgreichen Autor arbeitete, immer noch bitter aufstieß, war sein
divenhaftes, überhebliches Auftreten. Ständig hatte sie unter seinen Launen zu
leiden.
    »Wenn die ganzen Idioten, die
seine Bücher kaufen, wüssten, was für ein erbärmlicher Dreckskerl er ist«,
murmelte sie vor sich hin. »Glück ist innere Zufriedenheit«, äffte sie ihn nach
und sprang vom Bett auf. »Alles Quatsch! Glück ist für ihn, wenn es in seiner
Kasse klingelt!« Sie ging zu dem großen Einbauschrank und öffnete die
Schiebetüren, die leise und sanft zur Seite rollten. Sie schob Jacketts, Röcke
und Blusen beiseite, die sorgfältig auf Kleiderbügeln aufgehängt waren, und
verschaffte sich so freien Blick auf vier große würfelförmige,
übereinandergestapelte Pakete. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. In Kürze
würde Stufe drei ihres Plans zünden. Und dann würde der finale Knall folgen...
    Sie wollte schon eines der
Pakete aus dem Schrank nehmen, als es an der Tür klopfte. Wer konnte das sein?
Den Zimmerservice hatte sie nicht bestellt. Wahrscheinlich irgendein
Journalist, der sie über Hedonis ausquetschen wollte. Sie hatte der Rezeption
doch mitgeteilt, dass man niemanden zu ihr hinauflassen sollte!
    Wütend stapfte sie zur Tür und
riss sie auf. Zu ihrer Verwunderung standen vier Jugendliche vor ihr.
    »Entschuldigen Sie die Störung,
Frau Becker. Aber wir würden Sie gerne etwas fragen im Zusammenhang mit der
Entführung von Henry Hedonis«, sagte Gaby artig und setzte ein strahlendes
Lächeln auf.
    Helga Becker schaute zutiefst
irritiert. »Was für Tricks sich diese hinterlistigen Reporter so einfallen
lassen! Jetzt schicken sie bereits Kinder an die Front, um an Informationen zu
kommen«, empörte sie sich.
    »Nein, nein, da liegen Sie
völlig falsch«, sprang Klößchen Gaby bei. »Unser Freund Karl hier...« Er zeigte
auf Karl, der ein gespielt betroffenes Gesicht machte, »...und dessen Familie
sind auch Opfer der Skelettbande geworden.«
    »Ach so?« Helga Becker zog
fragend eine Augenbraue hoch.
    »Die Skelettbande ist
vor Kurzem in ihr Haus eingebrochen. Und jetzt haben wir uns gedacht, dass Sie
uns vielleicht einen Hinweis geben könnten. Vielleicht haben Sie etwas bemerkt,
was wir übersehen haben.«
    Tim, der hinter Klößchen stand,
versuchte einen Blick ins Zimmer zu werfen. Er erblickte den offenen
Schiebeschrank, in dem die Pakete standen.
    Helga Becker bemerkte Tims
neugierige Blicke und zog die Tür etwas zu. »Ich kann euch da aber leider auch
nicht weiterhelfen, weil ich mir selbst keinen Reim auf diese schreckliche
Entführung machen kann«, log sie. »Ihr solltet euch an die Polizei wenden.« Sie
lächelte künstlich. »Ich bin auch etwas unter Zeitdruck, weil ich gleich noch
etwas erledigen muss. Aber ich hoffe, die furchtbare Geschichte klärt sich bald
auf und diese Skelettbande wird gefasst.«
    Sie wollte schon die Tür
schließen, als Karl etwas entdeckte. »Sie reisen schon ab?«, fragte er.
    Helga Becker gab sich
überrascht. »Wieso?«
    Karl zeigte auf die gepackten
Koffer, die hinter ihr neben der Tür zum Bad standen.
    »Ach ja, ich habe wichtige
Termine in anderen Städten. Vertragliche Verpflichtungen wegen des neuen
Buches.«
    »Ohne Henry Hedonis?« Karl
schaute sie fragend an.
    »Natürlich. Der Verlag möchte
die Vermarktung weiter ankurbeln. So schrecklich das klingt. Aber die
Entführung von Henry ist eine unglaubliche PR für sein neues Buch und hat die
Verkäufe in die Höhe schnellen lassen. Aber was geht euch das an?« Sie schien
genervt.
    »Müssen Sie nicht in der Stadt
bleiben, um die Polizei zu unterstützen?«
    »Nein!«, sagte sie schrill und
schlug die Tür zu.
    Tim, Karl, Klößchen und Gaby
waren sprachlos, als das Gespräch so abrupt beendet wurde. Wortlos gingen sie
zum Aufzug. Erst als sich die Tür
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