Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
König Karl genäht«, sage ich. »Und ich habe versprochen, es ihm persönlich zu übergeben, falls ich die Gelegenheit dazu erhalten sollte.«
»Nun, der König sagte, er würde vorbeischauen. Ich sorge dafür, dass Ihr die Gelegenheit bekommt.«
»Es wäre mir lieber, wenn das unter vier Augen geschehen könnte.«
»Ich will doch schwer hoffen, dass Ihr nichts Übles gegen meinen Charlie im Schilde führt!«
Ich versichere ihr, dass dem nicht so ist, und wünsche mir, ich hätte nichts erzählt.
Kurz darauf erhebt sich ben Hadou und bedankt sich bei unserer Gastgeberin für die freundliche Einladung. Er wünscht ihr Gottes Segen für ihren kleinen Sohn und bedankt sich auch in unserem Namen für das vorzügliche Mahl. Und dann brechen wir auf. Im Vorzimmer fährt mich der Gesandte wütend an: »Was hast du dir dabei gedacht, dich so schamlos mit der Mätresse des Königs zu unterhalten?«
»Schamlos? Ich habe nichts Unrechtes getan«, platze ich heraus und denke zerknirscht an die beiden vergangenen Stunden.
»Ich habe gesehen, wie sie dir Wein ins Glas geschenkt hat, und du hast daraus getrunken!«
Ach, der Wein. Ich hatte gehofft, er hätte es nicht bemerkt. »Ich habe protestiert und gesagt, dass ich keinen Alkohol trinke, doch sie hat darauf bestanden, und ich wollte keine Szene machen.«
»Du bist eine Schande für den Islam und deinen Herrscher!«
»Eine Schande, tatsächlich?«, dröhnt eine Stimme, und als wir uns umdrehen, steht Seine Majestät, der König von England, vor uns und starrt uns an, mit verrutschter Perücke und schweißglänzendem Gesicht.
Ben Hadou verbeugt sich tief. »Bitte vielmals um Verzeihung, Sire.«
»Weshalb? Was habt Ihr verbrochen?« König Karl klopft ihm auf die Schulter und wendet sich mir zu. »Euer Gesandter scheint nicht besonders zufrieden zu sein mit Euch, Sir. Ihr habt wohl mit den Damen geflirtet, wie? Nun, ich kann es Euch nicht verdenken! Ich hörte von Eurer kleinen Eskapade im Hyde Park. Ihr müsst die Vorstellung wiederholen – dieses Mal vielleicht ohne den Zwischenfall mit der Hose –, denn ich sehe mir mit größtem Vergnügen gute Reiter an.«
Al-Attar versichert ihm, dass es uns eine Ehre sein wird, unsere Reitkunst ein weiteres Mal vorführen zu dürfen, dann dreht er sich um und will dem König erneut in den Speisesaal der Herzogin folgen, doch der wünscht uns fröhlich Gute Nacht. »Diese späten Stunden sind nur etwas für Lebemänner und Falschspieler, und ich bin sicher, dass Ihr weder das eine noch das andere seid.« Damit sind wir entlassen.
Als ich in mein Zimmer zurückkehre, finde ich Momo auf dem Baldachin des Bettes, sein Gesicht ist ganz bleich. »Ein Mann war im Zimmer«, berichtet er zitternd.
»Wie sah er aus?« Angst überschwemmt mich.
Seine Beschreibung passt genau auf Rafik, bis hin zu den runden babouches .
»Hat er dich gesehen?«
Momo schüttelt den Kopf. »Ich bin hier hinaufgeklettert. Amadou hat ihm in die Hand gebissen, und der Mann sagte viele böse Worte und trat nach ihm, aber weil Amadou so viel Lärm machte, sah er sich nur eine Weile um und verschwand wieder.«
»Wie ist er denn reingekommen? Die Tür war doch verschlossen.«
»Er hatte einen Schlüssel.«
Rafik muss sich mit den Dienern angefreundet und sich einen Zweitschlüssel verschafft haben. Der Originalschlüssel steckt in meiner Schärpe. Die Erleichterung darüber, dass Momo unversehrt geblieben ist und von meinem Feind nicht entdeckt wurde, wird durch die Angst geschmälert, dass Rafik zurückkehren wird, sobald ich den Jungen das nächste Mal allein lasse. Und dann fällt mir noch etwas ein. Meine Tasche …
Ich suche überall, doch sie ist natürlich weg. Mitsamt dem Geld, das mir die Herrscherin anvertraute, um das Elixier zu kaufen, und Alys’ bestickter Schriftrolle im Futter. Es hilft nichts, ich muss Rafik zur Rede stellen. Das Geld, na ja, daran kann ich nichts ändern, aber die Schriftrolle … Ich nehme zwei Stufen auf einmal, während ich die Treppe hinauflaufe, die zum Dachboden führt, wo der Rest der Abordnung untergebracht ist, und trete in den Schlafsaal, ohne anzuklopfen. Sie haben die ungewohnt hohen Holzbetten ans Ende des Raums geschoben und liegen, abgesehen von dreien, die leise Karten spielen, in ihre Decken und Burnusse gehüllt wie riesige Raupenpuppen auf dem Boden. Eine flackernde Kerze wirft groteske Schatten an die Wand.
»Samir Rafik!«
Meine Stimme hallt durch den niedrigen Raum, bis einer der Schlafenden
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