Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
brummt und sich streckt. Rafik blickt böse aus seinem Kokon und springt sofort auf, als er mich erkennt. In seiner Schärpe steckt ein Dolch. Warum schläft man als ehrlicher Mann mit einem Messer im Gürtel?
»Was willst du?«
»Das, was man mir gestohlen hat.«
»Was sollte ich wohl mit deinen Eiern machen, Lustknabe?«, fragt er, an die Zuschauer gerichtet.
Einige pfeifen oder schnalzen mit der Zunge, einer lacht laut. Er ist ein Schatten, trotzdem erkenne ich den Klang seiner Stimme wieder. Hamza, der Konvertit. Ich beiße die Zähne zusammen, um nicht auf die Beleidigung zu reagieren. »Du bist in mein Zimmer gekommen und hast meine Tasche gestohlen, und darin sind Dinge, die mir Zidana mitgegeben hat.«
Er kneift die Augen zusammen. »Willst du behaupten, ich sei ein Dieb?«
»Du bist ein Dieb. Man hat dich gesehen.«
»Und welcher Lügner behauptet so was?«
»Jemand, dessen Wort ich vertraue.«
Er beugt sich vor und wirft die Decke ab. »Wie du siehst, ist hier nichts.« Dann wendet er sich erneut an die Anwesenden und macht eine obszöne Geste. »Er hat davon geträumt, dass ich ihm einen Besuch abgestattet hätte!«
Das Gelächter wird lauter. Hamza schlendert quer durch den Raum auf mich zu, seine Bewegungen sind trügerisch träge wie die einer Katze. »Ich glaube, du solltest dich lieber dafür entschuldigen, dass du unsere Nachtruhe störst und unseren Freund Samir als Dieb beschimpfst.«
Ich blicke abschätzig auf ihn herab und wende mich dann erneut Rafik zu. »Du hast dich wohl verletzt.« Er hat sich ein Tuch um die rechte Hand gewickelt. »Ich bin sicher, dass sich darunter die Bisswunde versteckt, die mein Affe dir beigebracht hat.«
Rafik kräuselt die Lippen. »Das hier? Das habe ich mir neulich bei der Fantasia geholt, als du uns alle nach Strich und Faden blamiert hast.«
»Gestern hattest du noch keinen Verband um die Hand. Wenn es kein Biss ist, dann zeig mir die Wunde.«
»Es ist der saubere Schnitt einer Lanze«, sagt Hamza. »Ich selbst habe ihm die Hand verbunden.« Seine eigene Hand ruht auf dem Knauf seines Dolches, und er sorgt dafür, dass ich es sehe.
Nichts zu machen, sage ich mir. Ohne ein weiteres Wort mache ich auf dem Absatz kehrt und gehe eilig davon. Wenn sie mir nachstellen, sind es zwei bewaffnete Männer gegen einen, der immer noch in seinen Abendkleidern steckt, in einem dunklen Gang im Flügel der Dienerschaft in einem fremden Palast. Wahrscheinlich wäre es klüger gewesen, ich wäre direkt zu ben Hadou gegangen und hätte ihn gebeten, mit seiner Autorität den Schlafsaal durchsuchen zu lassen, doch er hat mir immer noch nicht wegen des Debakels im Park verziehen. Zudem wäre es problematisch, ihm die Existenz von so viel Geld und Alys’ Schriftrolle zu erklären. Mein Herz schlägt schnell, während ich zurück in meine Kammer laufe, doch niemand folgt mir.
Obwohl ich die Tür verriegele, indem ich einen Stuhl zwischen sie und den Kleiderschrank klemme, tue ich die ganze Nacht kein Auge zu.
VIERUNDDREISSIG
25. Januar 1682
A m nächsten Tag schickt die Herzogin von Portsmouth einen Lakaien, um uns zum Tee in ihre Gemächer einzuladen. Ben Hadou seufzt. »Es wäre unhöflich abzusagen, nachdem sie letzte Nacht so großzügig war, doch ich habe dem König bereits versprochen, eine weitere Vorstellung unserer Reitkunst zu geben.«
»Sicherlich wird die Einladung zum Tee nicht den ganzen Tag in Anspruch nehmen.«
Ich kehre in mein Zimmer zurück, um mich umzuziehen, zeige Momo, wie er die Tür mit dem Stuhl verbarrikadiert, und gebe ihm meinen Dolch, worüber er sich sehr freut. Er fuchtelt damit in der Luft herum und täuscht Angriffe vor, bis ich ihn am Handgelenk packe. »Das ist ernst, Mohammed. Rafik ist ein gefährlicher Mann, und er will uns Böses. Du darfst die Tür nicht öffnen, und wenn er versucht, sich mit Gewalt Eintritt zu verschaffen, stichst du mit dem Messer zu und läufst weg, hast du verstanden? Und mach dabei so viel Lärm wie möglich.«
Er lacht. »Amadou und ich werden ihn schon verjagen. Wir beide sind große Krieger, stimmt’s, Amadou?« Der kleine Affe bleckt die Zähne und grunzt. Eine unheilige Allianz.
Ich habe die Rechnung ohne die unendlich langsamen Rituale am englischen Königshof gemacht. Zuerst lässt man uns fast eine Stunde warten, während die Herzogin aufsteht, obwohl es bereits nach elf ist, und als man uns endlich hineinführt, ist sie noch nicht einmal angekleidet. Drei Hofdamen kämmen ihr hellbraunes
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