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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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und dem Verstreuen von Blütenblättern – rasch das Interesse an ihnen verliert. Zidana sorgt auch dafür, indem sie ihren Erstgeborenen, Zidan, unermüdlich in den Vordergrund schiebt. Trotz seiner Grausamkeit und Dummheit wird er von Ismail besonders vergöttert. Der Sultan trägt ihn auf den Schultern durch den Garten, verwöhnt ihn nach Strich und Faden und hat ihn bereits zu seinem Erben und Nachfolger bestimmt, obwohl seine Mutter eine Sklavin war.
    Gewiss, viele Neugeborene sterben schon in den ersten Monaten, dennoch überrascht es, dass ein Großteil der männlichen Neugeborenen von Müttern, für die der Sultan mehr als ein flüchtiges Interesse aufgebracht hat, an diversen Koliken, Bauchschmerzen oder Erbrechen verscheidet. Häufig folgen ihnen wenig später auch die Mütter ins Grab. Aus Kummer, hörte ich die Herrscherin ziemlich gleichmütig erklären, noch während die anderen Frauen weinten, klagten und sich die Kleider zerrissen. Mehr sage ich nicht.
    Als ich das Diwanbuch in meine Truhe lege, durchfährt mich erneut ein Schauder, denn die Holzschuhe fallen mir wieder ein. Aber da ist nichts. Das Grauen breitet sich immer mehr in mir aus, und ich frage mich, ob sie wohl noch da sind, wo ich sie hingelegt habe, oder ob sie inzwischen schon entdeckt worden sind.
    Ich muss nicht lange warten, um es herauszufinden. Am späten Morgen gehe ich zum neu eingeweihten Bab al-Raïs, um es zu inspizieren und Ismail Bericht zu erstatten, dass seine Befehle korrekt ausgeführt wurden. Wie nicht anders zu erwarten, wurde der Kopf des armen Wolfs auf dem Tor aufgespießt und zeigt der Welt nun eine angemessen wilde Grimasse. Auf dem Weg zurück zum inneren Kern der Anlage werde ich von zwei Männern angehalten. Sie tragen die farbigen Schärpen, die sie als Beamte des qadi kennzeichnen, und sind in Begleitung von zwei Palastwachen mit den Waffen, die sie abgeben mussten, bevor ihnen Zugang zum Palast gewährt wurde. Niemand außer den königlichen Wachen darf innerhalb der Palastanlage Waffen tragen – eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme in einem Reich, von dem Ismail selbst einmal sagte, es sei »ein Korb voller Ratten«, die jederzeit rebellieren und in die Hand, die sie füttert, beißen können.
    »Bist du der Höfling Nus-Nus?«
    Hassan steht hinter ihnen und zieht viel sagend die Schultern hoch. »Tut mir leid.«
    »Der bin ich.«
    »Wir möchten dich in einer bestimmten Angelegenheit befragen. Im souq wurde ein Mann auf höchst grausame Weise ermordet.«
    Ich versuche, schockiert auszusehen. Ich versuche, unschuldig auszusehen. Ich bin unschuldig, Himmel noch mal, warum fühle ich mich so schuldig?
    »Wo warst du vorgestern zwischen elf und zwei Uhr?«
    Ich sehe dem Mann in die Augen. »Ich habe für Seine Majestät Besorgungen im Basar gemacht.« Dann erzähle ich von meinem Besuch bei dem koptischen Buchhändler.
    Der zweite Beamte kommt einen Schritt auf mich zu. Er gefällt mir nicht. Er ist jung, wohlgenährt und scheint ziemlich eingebildet zu sein, dem sorgfältig gestutzten Bart nach zu schließen. Ich habe den Verdacht, dass er sogar die Brauen gezupft hat. »Wir haben den Buchhändler bereits befragt, deshalb wissen wir, dass du nach Mittag bei ihm warst. Wann bist du zum Palast zurückgekehrt?« Seine Frage scheint anzudeuten, dass er die Antwort bereits kennt.
    »Kurz vor der täglichen Runde des Herrschers«, räume ich ein.
    »Und das wäre?«
    »Gegen zwei.«
    »Dann gibt es eine relativ große Lücke, die noch nicht geklärt ist. Hast du zufällig den Stand von Hamid ibn M’barek Kabour besucht, während du im souq warst?«
    Die Maske sitzt fest auf meinem Gesicht. »Dieser Name ist mir nicht geläufig.«
    »Wir wissen, dass du da warst. Man hat gesehen, wie du den Stand betreten hast, und zwar um« – er wirft einen Blick auf die Tafel mit seinen Notizen – »kurz nach elf, ›in einem Burnus, der reich mit Gold geschmückt war‹.«
    Mein Herz schlägt auf einmal wie verrückt. »Ach, Sidi Kabour, entschuldige. Ich war nie so vertraut mit ihm, dass ich seinen Vornamen kannte. Und dieser arme Mann ist tot, sagst du, ermordet? Das sind wirklich schreckliche Neuigkeiten. Wo soll der Herrscher nun das Räucherwerk herbekommen? Er kann nicht leben ohne sein Agarholz und seinen Weihrauch, aber er weigert sich, es irgendwo anders zu kaufen. Ich weiß nicht, was Ismail dazu sagen wird. Sicher wird er sich maßlos aufregen. Gibt es eine Witwe, der er ein Geschenk zukommen lassen kann?« Ich

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