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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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in religiösen Fragen um Rat wendet. Und doch habe ich die shahada gesprochen und mich dem Islam unterworfen …
    »Ich möchte nicht das Wesen Eures Glaubens verändern, Alys. Ich bitte Euch nur, die äußere Form zu akzeptieren, die man Euch anbietet. Sprecht die Worte und rettet Euch selbst. Sie werden nicht eher von Euch ablassen, als bis Ihr komplett gebrochen seid, und zwar in jeder schrecklichen Hinsicht. Ich spreche aus eigener Erfahrung.«
    »Ihr macht auf mich keineswegs einen gebrochenen Eindruck. Andererseits weiß ich nicht, wer Ihr wart, bevor Ihr hierhergeschickt wurdet, ein Höfling, der versuchen soll, mich zu bekehren. Erzählt mir von Eurer Erfahrung. Ich möchte wissen, was Euch zu einem Menschen gemacht hat, der so etwas tun würde.« Sie legt den Kopf in den Nacken und wirft mir einen langen, herausfordernden Blick zu.
    »Wir sind nicht hier, um über mich zu sprechen.«
    Sie verschränkt die Arme vor der Brust. »Dann sprechen wir eben über gar nichts, und Ihr werdet Euren Auftrag nicht erfüllen. Zweifellos wäre ich nicht die Einzige, die dafür leiden muss.«
    Mit dieser Annahme hat sie natürlich recht. Wenn es mir nicht gelingt, sie zu überzeugen, werde ich unweigerlich Faroukh übergeben. Ich schlucke. Muss es wirklich so weit kommen? Dass meine Maske entfernt wird und sich mein wahres Gesicht zeigt? Ich sehe sie an, sehe die Entschlossenheit, den Willen und den Stolz, die diese zerbrechliche Frau zusammenhalten, und weiß, dass ich ihr alle Wahrheit schulde, die ich ihr nur geben kann.
    »Ich wurde in einem Senufo-Dorf geboren. Weit weg von hier, jenseits der Berge und der großen Wüste. Mein Vater war Anführer eines kleinen Stammes. Ich hatte zwei Brüder und drei Schwestern, aber ich war der Älteste und der Liebling meiner Mutter. Für meinen Vater allerdings war ich eine Enttäuschung: Er hätte gern einen Sohn wie meinen Cousin Ayew gehabt, einen Krieger und Jäger, doch ich beschäftigte mich lieber mit Musik und Tanz. Ich wünschte, ich hätte der Kunst der Lanze und des Schwertes mehr Aufmerksamkeit geschenkt, vielleicht hätte ich dann meiner Mutter und meinem jüngsten Bruder das Leben retten können. Doch als unsere Feinde kamen und unser Dorf plünderten, war ich im Wald und baute mir eine Trommel. Als mir dämmerte, was sich ereignet hatte, war es schon zu spät. Ich wurde gefangen genommen und an Sklavenhändler verkauft, aber ich hatte mehr Glück, als ich verdiente. Mein erster Herr war ein anständiger Mann, ein Arzt. Er behandelte mich eher wie einen Freund als wie einen Leibeigenen oder Diener. Er brachte mir Lesen und Schreiben bei, unterwies mich in Medizin und Anatomie; er kaufte mir Instrumente und bestärkte mich in meiner Liebe zur Musik. Er nahm mich auf seine Reisen quer durch Europa mit und kleidete mich gut. Ich hielt mich für einen feinen Herrn. Mein Cousin Ayew hätte gesagt, dass ich ganz schön eingebildet war.«
    Bei diesen Worten huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. »Ein Sklave, der sich als Gentleman aufspielte?«
    »So ungefähr.«
    »Hört sich nicht so an, als wäre er ein Master gewesen, der Euch geschlagen hätte, damit Ihr seine Religion annehmt.«
    »Das war gar nicht nötig. Er selbst war zum Islam übergetreten, da er ihn für eine tolerantere und mitfühlendere Religion hielt als das Christentum. Ich beschloss, dem Beispiel meines Herrn zu folgen, seinetwegen, doch eines Tages fing ich an, diesen Glauben um seiner selbst willen zu lieben.«
    Sie strafft die Lippen. »Ihr wurdet also gut behandelt, ausgebildet und verwöhnt, bis Ihr Eurem eigenen Glauben abgeschworen habt. Das überzeugt mich nicht davon, dass Ihr Experte in Sachen Leiden seid.«
    Das war nur fair. »Was danach kam, habe ich noch nie einem lebenden Menschen erzählt. Es tut« – ich schließe die Augen –, »es tut weh, sich auch nur daran zu erinnern.«
    Sie sagt nichts, sieht mich nur an. Erwartungsvoll, entschlossen, nicht bereit, sich ablenken zu lassen.
    Ich hole Luft. »Mein Herr verstarb … unerwartet. Erneut wurde ich verkauft, doch mein neuer Master war von einem anderen Schlag. Er hatte einen Plan, in dem ich eine kleine Rolle spielte. Und ein kleiner Teil von mir wurde diesem Plan geopfert. Muss ich deutlicher werden?«
    »Ihr müsst.«
    »Als sie mich in die Hütte am Stadtrand führten, glaubte ich, dass sie mich töten wollten, und fing an, mich zu wehren. Und als ich begriff, was sie vorhatten, wünschte ich, sie hätten es getan. Ich war

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