Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
Vom Netzwerk:
sein Geschäft verrichten kann. Ein bisschen hat man ihm schon beigebracht, was meine Aufgabe erleichtert.
    Ismail ist entzückt – er schätzt Tiere ohnehin höher ein als Menschen –, und die Haremsdamen füttern ihn mit Nüssen und Datteln. Er begleitet mich auf Schritt und Tritt. Ich lehre ihn kleine Tricks und Eigenheiten, die Ismail zum Lachen bringen, besonders wenn er meine Rolle des Vorkosters übernimmt und ich in die des Sultans schlüpfe, ein gefährliches Experiment, doch er nimmt es mit Humor. Ich habe den Affen Amadou getauft, kleiner Liebling.
    Bislang sind Amadou und ich noch am Leben.

FÜNFZEHN
    Radjab 1088 AH
    D er Sommer kommt wie eine Welle, in deren schwüler Hitze wir alle ersticken. Die Frauen des Harems liegen spärlich bekleidet herum und dösen. Da, wo die Seide Haut berührt, wird sie fleckig. Die Bauarbeiten gehen im gleichen Tempo weiter wie zuvor. Die Arbeiter sterben wie die Fliegen; sie sind solche Temperaturen nicht gewohnt, schwitzen, schuften, werden von den Aufsehern angebrüllt und ausgepeitscht, und sie bekommen kaum etwas zu essen oder zu trinken. Die unterirdischen Verliese, in denen die Sklaven gehalten werden, stinken zum Himmel, denn das Wasser ist knapp: Um diese armseligen Quartiere zu säubern, reicht es nicht. Die Löwen aus der Menagerie versuchen, einen Tunnel zum nächsten Verlies zu graben. Wer hätte gedacht, dass Löwen dazu im Stande sind? Nachdem der Sultan ihnen ein paar Unglücksraben ins Gehege hat werfen lassen, als Strafe und zu seiner Unterhaltung, müssen sie einen ungeheuren Appetit auf Menschenfleisch entwickelt haben. Das Loch – besser gesagt, der Gang – ist länger als zwei ausgewachsene Löwen. Sie schaffen es, einen Mann hineinzuzerren, einen Franzosen. Er kann gerade noch »Mon Dieu, m’aidez!« schreien, dann reißt ein Löwe ihm das Bein ab, und er verliert das Bewusstsein, bevor die anderen Sklaven die Angreifer mit Steinen, bloßen Fäusten und vermutlich auch mit ihrem steinharten Brot zurückschlagen. Niemand wagt es, durch den Gang, der ins Gehege der Löwen führt, zu flüchten. Stattdessen schreien die Gefangenen nach den Wächtern, die ihn mit so viel Mörtel und Schotter zuschütten, dass keine Verbindung mehr besteht. Die Umzäunung der Menagerie wird verstärkt. Der Sultan amüsiert sich mächtig über den Vorfall.
    Die Korsaren bringen ständig Nachschub an Gefangenen, Männer und auch Frauen, doch keine kann Ismails Aufmerksamkeit erwecken. Offenbar hat Alys alle Gelüste nach europäischen Frauen befriedigt: Die weiblichen Gefangenen werden an seine bukhari verteilt. Er lässt Alys öfter zu sich rufen als je zuvor, doch immer noch scheint es kein greifbares Resultat ihrer Treffen zu geben. Sie klagt über die Hitze, die wirklich extrem ist. Sie sei diese Temperaturen nicht gewohnt, sagt sie, die meiste Zeit fühle sie sich schwach und träge. Tagsüber schläft sie; sie ist lustlos und langweilt sich. Das Einzige, was sie zum Leben erweckt, ist Amadou, der mich in seiner perfekten Imitation meiner Kleidung überallhin begleitet. Sie kost ihn, und wenn sie seinen Kapriolen zusieht, wird ihr Blick weich.
    Eines Tages gehe ich in den souq und kaufe ihr ein eigenes Äffchen. Es ist ein geniales Geschenk. Sie nennt es Herkules, obwohl es so ein Winzling ist. Eine Südliche Grünmeerkatze, klein und weich wie ein Baby, die sie überallhin mitschleppt. Es bricht mir das Herz, wenn ich sehe, wie sie es an sich drückt, ihm das Köpfchen streichelt oder sich von seinen kleinen Krallen an den Fingern packen lässt. Dann muss ich schnell woandershin schauen. Doch das Äffchen ist nicht nur zum Bemuttern da: Nach wie vor fürchte ich Zidanas Hass auf ihre Rivalin. Ich schärfe Alys ein, Herkules immer erst etwas von ihrem Essen kosten zu lassen und eine Weile zu warten, um zu sehen, ob sich an seinem Verhalten etwas ändert, bevor sie selbst davon isst. Aber ich fürchte ebenso die Güte ihres Herzens. Ich traue ihr zu, dass eher sie das Essen vorkostet, um sicher zu sein, dass dem Äffchen kein Leid widerfährt.
    Es dauert nicht lange, und Affen sind die neueste Mode im Harem. Jetzt will jede einen. Die Räume sind erfüllt von ihrem Schnattern, Kreischen und dem Gestank ihrer Fäkalien. Ich habe mich bei den Dienern, die ihren Dreck wegmachen, oder den Haremswächtern, die Tag und Nacht ihren Lärm ertragen müssen, nicht gerade beliebt gemacht. Jetzt, da die Frauen nicht mehr untereinander streiten und zetern, haben die Affen das

Weitere Kostenlose Bücher